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Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ganz gerne mit Hellmer tun würde. Und ich hatte eigentlich vor, ein paar Worte mit dieser Psychologin zu wechseln. Sie scheint mir so ziemlich die einzige zu sein, die wirklich offen ist. Mal sehen, ob sie in ihrer Mittagspause Zeit für mich hat.«
    Julia Durant nahm den Hörer ab, wählte die Nummer von Sabine Reich.
    »Psychologische Praxis Reich.«
    »Hier Durant …«
    »Sie haben aber Glück, daß Sie mich erreichen, ich bin gerade auf dem Sprung zur Beerdigung von Bruder Rosenzweig und Bruder Schönau und hab nur mal kurz in der Praxis vorbeigeschaut. Was kann ich für Sie tun?«
    »Hätten Sie heute mittag Zeit für mich? Ich meine, nach der Beerdigung?«
    »Wofür? Eine Therapiestunde?« fragte Sabine Reich lachend.
    »Nein. Vielleicht könnten wir wieder zu dem Italiener gehen, und diesmal lade ich Sie ein. Ich muß mich einfach noch einmal mit Ihnen unterhalten.«
    »Und worüber?«
    »Das möchte ich Ihnen lieber beim Essen sagen. Wann glauben Sie denn, wird die Beerdigung zu Ende sein?«
    »Ich denke mal, so spätestens Viertel vor zwölf. Ich habe für heute alle Termine abgesagt, deshalb hätte ich Zeit für Sie. Treffen wir uns doch um halb eins beim Italiener. Ich muß jetzt aber Schluß machen, ich will nicht unbedingt zu spät kommen, wenn der Mann einer meiner Patientinnen bestattet wird. Bis nachher dann.«
    Die Kommissarin legte auf. Berger sah sie nachdenklich an.
    »Was erwarten Sie sich von diesem Essen?« fragte er.
    »Ich glaube, wenn uns jetzt überhaupt noch jemand helfen kann, dann die Reich. Vielleicht hat sie Informationen, von denen sie noch gar nicht weiß, wie wichtig sie für uns sein könnten. Ich will sie speziell zur Familie Fink befragen. Sie kennt die Rosenzweigs sehr gut, die Schönaus ebenfalls, warum sollte sie mir also nicht auch etwas über die Finks sagen können? Einen Versuch ist das allemal wert.« Es war zehn Uhr, als sie sagte: »Komm, Frank, wir sollten uns die Beerdigung nicht entgehen lassen. Aber wir fahren mit zwei Autos, ich will hinterher gleich weiter nach Höchst.«
    »Wie du meinst«, sagte er und stand auf, wandte sich an Berger: »Wir sind dann erst mal weg. Sollte in der Zwischenzeit irgendwas Besonderes sein, warten Sie lieber mit dem Anruf bis so gegen zwölf. Es wäre nicht sehr taktvoll, wenn mitten in der Trauerfeier plötzlich das Handy klingeln würde.«
    Berger erwiderte grinsend: »Keine Angst, Kollege Hellmer, ich werde Ihre Trauer nicht stören.«
    Julia Durant und Frank Hellmer liefen über den langen Flur, begegneten ein paar Kollegen von der Sitte, die sich laut schwatzend und lachend unterhielten. An der Treppe, die ins Erdgeschoß führte, blieb die Kommissarin mit einem Mal stehen. Sie lehnte sich an das Geländer, fingerte eine Zigarette aus ihrer Tasche, steckte sie in den Mund. Sie sah Hellmer mit einem Blick an, den er an ihr noch nie gesehen hatte, traurig und verletzt und irgendwie hoffnungslos.
    »Ich wollte dir noch danken«, sagte sie nach dem ersten Zug an der Gauloise, »daß du mich gedeckt hast.«
    »Ich habe dich nicht gedeckt, ich wollte nur nicht, daß das ganze Präsidium über dich herzieht. Es geht schließlich keinen etwas an, daß du mit diesem Petrol was hattest. Aber es war ein ganz schöner Schock für dich, oder?«
    »Was?« fragte sie zurück, sie schien mit ihren Gedanken weit weg zu sein.
    »Na, daß Petrol nicht verheiratet war. Du hättest dich sehen sollen, wie du plötzlich ausgesehen hast. Kreidebleich. Ich glaube, es hätte nicht viel gefehlt und du hättest angefangen zu heulen.«
    Sie seufzte, nahm einen weiteren Zug, zwei Beamte, die sie gut kannte, kamen die Treppe hoch, sie wartete, bis sie vorbei waren, bevor sie sagte: »Ich weiß nicht, ob du mich verstehen kannst, aber das eigentlich Schlimme ist nicht die Tatsache, daß er eine andere hatte, das Schlimme ist vielmehr, daß er mich von Anfang an belogen hat. Er hat mir
seine
Familie gezeigt, die gar nicht seine Familie ist. Weiß der Geier, wer die Frau und die Kinder aufdem Foto sind, aber es war nicht
seine
Frau. Er hat mir ein riesiges Lügengebilde aufgetischt, und ich bin darauf reingefallen. Er hat gesagt, er wollte sich scheiden lassen, es gäbe da aber noch ein paar Dinge, die er vorher regeln müsse. Seine Frau sei psychisch nicht sonderlich stabil, und, und, und … Er hat mich benutzt, einfach nur benutzt. Und das ist es, was so unheimlich weh tut. Ich habe wirklich geglaubt, ein Mann seines Formats und seiner Stellung wäre

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