Letale Dosis
Sie sich kannten, wann Sie beschlossen haben, diese Firma zu gründen und so weiter.«
Köhler setzte sich auf den Stuhl neben Julia Durant, fuhr sich mit dem Zeigefinger über die Lippen. »Wir kannten uns von der Uni. Wir haben beide Betriebswirtschaft studiert, haben im selben Jahr promoviert und uns eigentlich ganz spontan dafür entschieden, nicht für andere zu arbeiten, sondern unsere eigenen Chefs zu sein.«
»Und wie kommt es, daß es
Rosenzweig & Partner
und nicht
Rosenzweig & Köhler
heißt?«
Köhler lächelte fast verschmitzt, bevor er antwortete: »Als wir die Firma gründeten, haben wir uns alle möglichen Namen überlegt, doch keiner hat uns so richtig gefallen. Natürlich war eine unserer ersten Überlegungen, sie
Rosenzweig & Köhler
zu nennen, doch mir, wohlgemerkt
mir
gefiel das nicht. Köhler ist einlangweiliger Name, den man eher mit Kohle und Schmutz in Verbindung bringt. Wir wollten aber etwas Dynamisches haben. Also nannten wir uns
Rosenzweig & Partner
. Mein Name muß nicht unbedingt im Firmenlogo stehen, ich bin zu fünfzig Prozent beteiligt, das genügt mir.«
»Und wie war das Verhältnis zwischen Ihnen und Dr. Rosenzweig?«
»Verhältnis, du meine Güte. Das hört sich so intim an. Wie gesagt, wir waren Partner, wir hatten Aufgabenteilung und -trennung, und keiner schrieb dem andern vor, was er zu tun hatte. Es war ein beinahe ideales Arbeitsverhältnis. Ich muß dazu vielleicht noch sagen, daß ich sehr viel unterwegs bin, ich schaue nur zwei- oder dreimal im Monat hier rein, während Hans etwa fünfzig Prozent seiner Zeit hier im Haus verbracht hat. Sie müssen wissen, wir haben sehr viele Kunden, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und der Schweiz, sogar in Frankreich und Italien. Und Kundenpflege ist das A und O unseres Geschäfts. Nicht umsonst zählen wir mittlerweile zu den Top Five in Europa.« Er hielt inne, den Blick zu Boden gerichtet, schlug die Beine übereinander, schüttelte kaum merklich den Kopf. »Ich frage mich nur, wie es jetzt ohne ihn weitergehen soll. Ein Mann wie er ist schwer zu ersetzen. Und das sage ich nicht nur, weil er tot ist, sondern weil er das gewisse Etwas hatte, dieses untrügliche Gespür fürs Geschäft. Im Gegensatz zu mir, der ich ein absoluter Kopfmensch bin, handelte er bisweilen einfach aus dem Bauch heraus oder, wie Sie es vielleicht nennen würden, intuitiv. Das war vielleicht auch ein Grund für unseren Erfolg.«
»Aber hatten Sie vor einigen Jahren nicht auch einmal eine Durststrecke? Wie ich gehört habe, stand die Firma kurz vor dem Konkurs.«
»Das ist nur bedingt richtig«, erwiderte Köhler lächelnd. »Ich gebe zu, wir hatten ein Loch, doch es war nicht so schlimm, wie es vielleicht von andern dargestellt wird. Um Konkurs anzumelden,hätten wir schon noch sehr viel tiefer sinken müssen, sehr, sehr viel tiefer, wenn Sie verstehen. Nein, das stand zu keiner Zeit zur Debatte.«
»Hatten Sie auch außerhalb der Firma Kontakt miteinander?«
»Selten. Schauen Sie, ich bin eingefleischter Junggeselle. Ich habe ein Haus in der Nähe von Bad Nauheim, und wenn ich einmal zu Hause bin, dann will ich auch entspannen. Außerdem hatte Dr. Rosenzweig auch noch eine recht zeitintensive ehrenamtliche Tätigkeit inne, weshalb sich unsere Beziehung fast ausschließlich auf die Firma beschränkte.«
»Eine letzte Frage noch – wie beliebt war Dr. Rosenzweig?«
Wieder lächelte Köhler, schaute Julia Durant von der Seite an, sagte: »Ich weiß nicht, ob er überhaupt beliebt war, denn er war ein absoluter Powermensch, und wenn er einmal eine Entscheidung getroffen hatte, dann mußte diese auch sofort umgesetzt werden. Das kommt natürlich bei wenig flexiblen Menschen nicht sonderlich gut an, aber er war nun einmal so, es gehörte einfach zu seinem Wesen. Und der Erfolg der Firma spricht letztendlich für sich.«
»Und Sie, mochten Sie ihn?«
»Wenn man sich fast fünfunddreißig Jahre lang kennt, stellt sich diese Frage nicht mehr. Ich wußte, wie ich ihn zu nehmen hatte, und umgekehrt war es genauso … Aber gestatten Sie mir eine Frage – wie ist er gestorben?«
Julia Durant wurde von dieser Frage überrascht, sagte: »Gibt es denn diesbezüglich keine Gerüchte?«
»Nein, deshalb würde ich es ja gern von Ihnen erfahren.«
»Alles deutet darauf hin, daß Dr. Rosenzweig ermordet wurde, deswegen wurde ja auch die Mordkommission eingeschaltet. Details kann und darf ich leider nicht bekanntgeben, während die
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