Letale Dosis
daß Serientäter fast nie ihre Strategie ändern. Dennoch werde ich den Brief analysieren lassen, werde Ihnen aber auch einige Fragen stellen müssen.«
»Fragen, Fragen! Die einzige Frage, die für Sie interessant sein müßte, ist doch, wer hat meine beiden Freunde auf dem Gewissen? Was für ein kaputtes Hirn hat sich derart perfide Morde ausgedacht? Haben Sie denn schon Hinweise, ich meine verwertbare Hinweise?«
»Hören Sie, Herr Fink …«
»Dr. Fink, wenn schon!« fuhr er die Kommissarin ungehalten an.
»Gut, Dr. Fink. Wir tun im Augenblick alles in unserer Macht Stehende, brauchbare Hinweise zu sammeln, die uns zum Täter führen. Und ja, es gibt bereits erste Spuren, die allerdings anders aussehen, als Sie sich das vielleicht vorstellen«, sagte sie hart. »Und entweder beantworten Sie mir jetzt ein paar Fragen, oder ich werde mich kurz mit Ihrer Tochter unterhalten, wie ich es ohnehin vorhatte, und dann wieder gehen. Es liegt an Ihnen.«
Fink sah die Kommissarin aus zu Schlitzen verengten Augen an, lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander, sein Gesichtsausdruck wurde mit einem Mal arrogant, ein herablassendes Lächeln um die Mundwinkel, ein kurzes Aufblitzen in den Augen.
»Was wollen Sie wissen?«
»Zum Beispiel, wer es auf Sie und Ihre Freunde abgesehen haben könnte.«
Fink lachte kurz und trocken auf: »Wenn ich das wüßte, werte Dame, hätte ich längst die Polizei informiert, das können Sie mir glauben. Ich habe keine Ahnung!«
»Sie sind, wie ich annehme, auch Mitglied in der
Kirche des Elohim
. Welche Funktion üben Sie dort aus?«
»Ich bin der Regionshirte, wenn Ihnen das etwas sagt.«
»Ich bin mittlerweile über die Struktur der Kirche informiert worden. Demnach sind Sie also der … Vorgesetzte? … von Herrn Rosenzweig und Herrn Schönau?«
»So kann man das nicht nennen. Sie waren meine Berater, so etwas wie einen Vorgesetzten finden Sie im Berufsleben, nicht in einer Kirche, deren Mitglieder ihr Leben Gott geweiht haben. Wir sind alle Brüder und Schwestern, aber natürlich muß alles seine Ordnung haben, wie Sie sicherlich verstehen werden.«
Laura Fink saß die ganze Zeit über auf einem Hocker an der Theke, die den Wohnbereich von der Küche trennte, und beobachtete die Unterhaltung aus etwa fünf Metern Entfernung. Sie hatte ein Glas Wasser vor sich stehen, an dem sie ab und zu nippte.
»Dr. Fink, eine Frage muß ich Ihnen noch stellen – gibt es irgend etwas in Ihrem Leben, das jemanden veranlassen könnte, Ihnen einen solchen Brief zu schicken? Etwas aus Ihrer Vergangenheit vielleicht?«
Fink antwortete nicht sofort darauf, sondern wandte den Blick zu seiner Tochter, sagte: »Laura, wärst du bitte so lieb und würdest die Kommissarin und mich einen Augenblick allein lassen?« Die Worte kamen leise aus seinem Mund, und doch waren sie scharf wie ein Rasiermesser. Durant sah kurz zu Laura Fink, die von ihrem Hocker aufsprang und wortlos den Raum verließ. Fink beugte sich nach vorn, die Ellbogen auf den Oberschenkeln abgestützt, die Hände gefaltet, er hatte die Stirn in Falten gezogen, das Licht in seinen Augen war kalt. »Werte Frau Kommissarin, meine Vergangenheit ist so weiß wie das Leinentuch, in das der Leichnam Christi gewickelt wurde«, sagte er betont langsam. »Es gibt keine Flecken darauf. Auf was wollen Sie eigentlich hinaus?«
»Nun, Dr. Fink, sollte der Brief tatsächlich von dem Mörder Ihrer beiden Berater geschrieben worden sein, dann muß dieser Mörder ein Motiv haben …«
»Ein Motiv, daß ich nicht lache! Geisteskranke brauchen keinMotiv, um zu morden. Sie morden, weil sie krank im Kopf sind, das sollten Sie eigentlich wissen.«
»Dr. Fink, es gibt zwar Fälle in der Kriminalgeschichte, in denen sogenannte Geisteskranke Morde verübt haben. Doch ich versichere Ihnen, hier handelt es sich nicht um einen Geisteskranken. Der Täter geht in unseren Fällen sehr gezielt und planvoll vor.«
»Was interessiert mich das?! Mich interessiert, wer es auf mich abgesehen hat! Und ich verlange, daß die Polizei alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzt, um diesem grausigen Spuk endlich ein Ende zu bereiten. Sie sollten wissen, der Polizeipräsident gehört zu meinem engsten Bekanntenkreis, ebenso wie einige andere höchst einflußreiche Personen.«
»Der Polizeipräsident hat viele Bekannte«, erwiderte Julia Durant mit gelassener Kühle. »Wollen Sie mir damit vielleicht etwas Bestimmtes sagen?«
»Strengen Sie Ihren hübschen Kopf
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