Letale Dosis
ich habe nicht das Gefühl, als ob die Beziehung zwischen meiner Frau und mir langweilig wird. Ganz im Gegenteil.«
»Ja, ja, du und Nadine. Spät zusammengefunden, aber dann richtig, was? Was soll’s, ich hau jetzt ab. Wir sehen uns später im Präsidium. Ich glaube aber kaum, daß ich vor vier im Büro bin. Seht ihr mal zu, ob ihr noch irgendwelche verwertbaren Infos bekommt. Bis dann.«
Hellmer kam ihr nachgerannt, sagte, bevor sie einstieg: »Ach übrigens, Nadine läßt fragen, ob du heute abend nicht Lust hättest, bei uns zum Abendessen vorbeizukommen. Wie sieht’s aus? Wenn wir schon Bereitschaft haben, ich meine, wir wären wenigstens gleichzeitig am Tatort.« Er grinste.
»Gerne. Und wann?«
»So gegen sieben?«
»Halb acht wär mir lieber, ich weiß nämlich nicht, wie lange ich heute nachmittag noch brauche, und ich würde mich gern vorher etwas frisch machen.«
»Einverstanden, halb acht. Ich sag Nadine noch Bescheid, daß du kommst. Tschüs.«
Kaum saß Julia Durant im Auto, als das Handy erneut klingelte. Sie drückte auf die Empfangstaste, meldete sich.
»Hallo, Liebling, hier ist Werner. Ich wollte nur mal deine Stimme hören.«
»Werner, ich habe keine Zeit. Wir stecken mitten in diesem ziemlich verzwickten Fall und …«
»Ja, ich hab schon gehört, diese Giftmorde.«
»Woher weißt du davon? Wir haben bis jetzt der Presse gegenüber nichts von Gift verlauten lassen.«
»Ach komm, du weißt doch, ich kriege alle Informationen, die ich will. Ich erzähl das auch nicht weiter, ich wollte nur wissen, woran du gerade arbeitest, weil du keine Zeit mehr für mich hast.«
»Wir können uns heute abend nicht sehen, falls du das fragen wolltest«, sagte sie und startete den Motor.
»Das trifft sich gut, denn heute abend ist es auch für michschlecht, da muß ich nach Eltville, es gibt ein paar Probleme mit dem Haus. Aber was ist mit morgen?«
»Ich denke, freitags mußt du immer bei deinem lieben kleinen Frauchen sein, genau wie samstags und sonntags«, sagte Durant mit beißendem Sarkasmus.
»Ach Schatz, komm, du weißt genau, daß das nicht immer so ist. Morgen bin ich in Frankfurt und wahrscheinlich auch am Samstag. Laß uns was Schönes unternehmen. Das ausgefallene Essen nachholen, vielleicht ins Kino gehen …«
»Ich habe immer noch Bereitschaft, und das weißt du …«
»Okay, dann kein Kino. Aber bei mir zu Hause könnten wir’s uns gemütlich machen. Und wenn du weg mußt, dann hab ich eben Pech gehabt. Ich liebe dich doch, und ich möchte doch auch endlich aus dieser leidigen Situation raus, und …«
»Und was?«
»Ich weiß nicht, ich fühl mich einfach nur wohl, wenn ich bei dir bin.«
»Manchmal kommst du mir vor wie ein kleines Kind, weißt du das? Gar nicht wie der Chefarzt einer großen Klinik, Professor Petrol.«
»Hör zu, Julia, ich bin kein kleines Kind, aber du machst mich verrückt. Wenn ich nur an dich denke, dreht mein …«
»Dreht dein was?«
»Du weißt schon, was ich meine. Wir sind füreinander geschaffen, wir haben uns lediglich unter etwas unglücklichen Umständen kennengelernt. Aber ich hab’s dir versprochen, ich werde einen Schlußstrich ziehen. Nächste Woche gehe ich zum Anwalt, um alles Nötige in die Wege zu leiten.«
»Ich glaub’s dir erst, wenn ich es schwarz auf weiß sehe. Vorher sind das für mich nichts als Worthülsen.«
»Morgen abend?« fragte Petrol noch einmal.
»Ja, aber wir telefonieren vorher noch. Im Augenblick kann ich mich auf keine bestimmte Zeit festlegen.«
»Gut, ruf mich an, ich bin ab sechs in meiner Wohnung. Und noch was – ich liebe dich, wie ich noch keine Frau vorher geliebt habe. Und das ist keine Worthülse.«
»Schon gut. Bis morgen dann – und einen schönen Abend bei Weib und Kind.«
»Du kannst wohl deine zynische Ader nie unterdrücken, was?«
»Doch, wenn ich will. Aber ich bin halt ein Skorpion, und Skorpione haben nun mal die Angewohnheit, ab und zu ihren Stachel auszufahren. Ich kann eben nicht anders. Und jetzt tschüüüss!« Sie drückte auf Beenden und steckte das Telefon in die Halterung. Grinsend fuhr sie an die Ampel am Baseler Platz, die gerade auf Rot umsprang. Sie würde ihn schon noch in die Knie zwingen. Aber wollte sie das wirklich?
Donnerstag, 12.40 Uhr
Julia Durant hielt vor dem Haus von Laura Fink, hinter einem dunkelblauen Jaguar Sovereign. Sie stieg aus, ließ ihre Zigarettenkippe auf die Straße fallen, ging zu dem jetzt geschlossenen Gartentor und betätigte den
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