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Letzte Ausfahrt Neckartal

Letzte Ausfahrt Neckartal

Titel: Letzte Ausfahrt Neckartal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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kommuniziert.«
    »Dann halten wir das jetzt fest.« Melchior blickte kurz zu Gaska. Als von ihm kein Einwand kam, sagte sie: »Sie und Lewandowski waren am Sonntagnacht vor einer Woche auf der Rastanlage Neckartal. Ich denke, es ist an der Zeit, dass Sie uns schildern, was genau in dieser Nacht geschehen ist. Und zwar von dem Zeitpunkt, als Sie von der Autobahn abfuhren, bis zu dem Augenblick, als Sie das Gelände wieder verlassen haben.«
    Kowalski rieb sich die Augen und schien nach dem richtigen Einstieg zu suchen. »Wie gesagt, wir sollten um Mitternacht an der Rastanlage warten, bis er uns kontaktiert. Da wir nicht zu spät kommen wollten, haben wir reichlich Zeit einkalkuliert und waren schon drei oder vier Stunden früher dort.«
    »Und um euch die Zeit zu vertreiben, gab es ein paar Bier, richtig?«, fragte Treidler.
    Kowalski nickte.
    »Wie ging es weiter?«
    »Kurz nach halb zwölf musste ich dringend pinkeln. Also bin ich rüber zur Toilette.« Kowalski stockte, und Treidler wusste, dass in diesem Moment die Bilder von Sonntagnacht vor seinem geistigen Auge abliefen. »Als ich wieder rauskam, habe ich diesen Mann gesehen. So ein kleiner, schmächtiger Zwerg. Er stand neben der Fahrertür von unserem Wagen. Ich dachte zuerst, dass er nach einem Bier oder einer Zigarette bettelt. Sie müssen wissen, der Adam ist … war ziemlich stark, und normalerweise macht er kurzen Prozess mit solchen Typen. Doch dann hab ich die Waffe gesehen, mit diesem merkwürdigen langen Lauf.«
    »Merkwürdigen langen Lauf?«, fragte Gaska.
    »Ja.« Kowalski nickte vehement, und einige der Rastalocken fielen ihm wieder in die Stirn. »Der war fast so lang wie mein Unterarm hier.« Er hielt kurz seinen Arm hoch, um damit die Länge anzudeuten, und schob sich die Haare hinter das Ohr.
    »Und was geschah dann?« Treidler beugte sich nach vorne.
    »Der Typ am Auto … er hat einmal geschossen. Ich habe nur einen Blitz gesehen, aber nichts gehört.« Erneut stockte Kowalski und presste die Lippen zu einem schmalen Strich. »Dann bin ich einfach losgerannt, so schnell ich konnte.« Er vergrub sein Gesicht in den Händen und sagte ein paar Worte in Polnisch.
    »Können Sie uns den Mann genauer beschreiben?«, fragte Melchior.
    Zögernd blickte Kowalski wieder auf. Sein Gesicht glich einer Wachsmaske – bleich und starr. Er wischte sich über die Augen und versuchte das Zittern seiner Hände unter Kontrolle zu bringen. Schließlich nickte er.
    »Wie sah er aus?« Melchior beugte sich nach vorn. »Groß, klein, schlank, untersetzt? Welche Haarfarbe, welche Kleidung trug er?«
    »Eher klein.« Kowalskis Worte waren kaum zu verstehen, so brüchig war seine Stimme. »Er hat kaum über das Autodach sehen können, als er sich umgeschaut hat. Daran kann ich mich noch ganz genau erinnern. Und dick? Nein, der war nicht dick, aber auch nicht dünn. So normal eben. Aber er hatte etwas Besonderes, wenn er sich bewegte.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Kowalski zuckte mit den Achseln. »Er bewegte sich so … gładki … Wie sagt man? Glatt wie eine Katze?«
    »Geschmeidig wie eine Katze«, verbesserte Gaska.
    »Die Haare?«, fragte Melchior weiter.
    »Dunkel und kurz. Aber nicht so kurz wie er.« Kowalski deutete auf Gaska, der sich prompt über die roten Stoppelhaare fuhr.
    »Haben Sie sein Gesicht gesehen? Können Sie es vielleicht beschreiben?«, fragte Treidler.
    »Nicht besonders gut, es war dunkel und hat geregnet. Aber er war bestimmt über vierzig. Noch keine sechzig Jahre, denke ich. Er hatte so breite schwarze Koteletten.«
    »Wir haben im Komisariat Policji einen Zeichner und könnten eine Phantomzeichnung anfertigen«, schlug Gaska vor.
    »Glauben Sie, dass Sie das hinbekommen?«, fragte Melchior.
    Kowalskis Miene wirkte mit einem Mal entschlossen. »Ich werde es versuchen.«
    »Wie sind Sie eigentlich von der Rastanlage nach Kattowitz gekommen?« Melchior lehnte sich wieder zurück.
    Draußen auf dem Flur waren Schritte zu hören. Kowalski schaute für einen Moment zur Tür, dann wieder zu Melchior. »Ich bin durch den Wald gerannt, bis ich irgendwo Lichter gesehen habe. Da war so ein kleines Dorf. Von dort haben mich ein paar Typen in ihrem Auto in die nächste Stadt mitgenommen. Die Nacht habe ich auf dem Bahnhof verbracht. Mit dem ersten Zug bin ich nach Stuttgart und dann über München und Wien zurück nach Hause.«
    »Dann sind Sie schon seit einer Woche in Kattowitz?« Gaska stand eine tiefe Falte senkrecht auf der Stirn. »Wo waren

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