Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letzte Ausfahrt Neckartal

Letzte Ausfahrt Neckartal

Titel: Letzte Ausfahrt Neckartal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
Vom Netzwerk:
Mit der Zeit wurden der Tonfall und die Mienen der Männer ernster. Melchior übersetzte, und Treidler erfuhr, dass Kowalski Softwareentwickler war und gegen ihn Strafanzeigen wegen Internetbetrugs aus verschiedenen europäischen Ländern vorlagen. Die Polizei verdächtigte ihn unter anderem, vor zwei Jahren Hunderte Kreditkartendaten gestohlen und diese anschließend zur Unterschlagung von achtzigtausend Euro verwendet zu haben. Nachweisen konnte ihm das allerdings niemand. Sein bisher größter Coup schien die Programmierung und Verbreitung eines Virus gewesen zu sein, mit dem er sich die Anmeldeinformation von Kunden deutscher und österreichischer Onlinebanken erschlichen hatte.
    Alle Vorwürfe tat Kowalski mit einem Lächeln ab, bis das Gespräch auf seine Reise nach Deutschland kam. Mit einem Mal veränderte sich seine Körpersprache. Er wirkte angespannt, und seine Stimme klang unsicher. Abermals übersetzte Melchior, und so erfuhr Treidler, dass es sich bei dem Toten um Marek Kowalskis Vetter Adam Lewandowski handelte. Gaskas Frage nach dem Zweck ihrer Fahrt nach Deutschland beantwortete er lediglich mit Urlaub. Und die Antwort auf die Frage, warum er den Mord an seinem Vetter nicht schon in Deutschland angezeigt hat, blieb er ganz schuldig.
    Die Befragung zog sich gut und gerne eine weitere halbe Stunde hin, ohne dass Treidler irgendetwas Neues über den Mord an der Rastanlage erfuhr. Gaska schien mehr Interesse an der Aufklärung der Vorwürfe wegen Internetbetrugs zu haben.
    Als der die Befragung beenden wollte, wandte sich Treidler an ihn. »Können Sie ihn nochmals nach dem Grund für seine Reise nach Deutschland fragen? Die beiden sind sicher nicht einfach so zum Spaß losgefahren.«
    »Warum wollen Sie das wissen?«, kam es in nahezu perfektem Deutsch von Kowalski. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, und der Anwalt warf ihm einen warnenden Blick zu.
    »Sie sprechen Deutsch?«, fragte Treidler.
    »Wieso sollte ich nicht Deutsch sprechen?«, gab Kowalski zurück. »Das lernt man bei uns in der Schule.«
    »Aus welchem Grund befanden Sie sich am Sonntag letzter Woche in Süddeutschland?«, fragte Treidler noch einmal.
    »Herr Kommissar Treidler«, mischte sich Gaska ein und zupfte dabei hektisch an seiner Schirmmütze. »Sie dürfen nicht direkt mit dem Befragten sprechen.«
    Der Anwalt deutete sein Einverständnis mit einer Handbewegung zu Kowalski an.
    »Urlaub. Ich wollte mit Adam am Bodensee zelten«, brummte der. »Das hab ich doch vorhin schon gesagt.«
    »Im April?«
    Kowalski zuckte mit den Achseln. »Bei uns in Polen sind wir an Kälte gewöhnt.«
    »Und dann ist Ihnen das Benzin in Ihrem Opel Kadett ausgegangen, und Sie haben die Rastanlage angefahren, um zu tanken?«
    »Genau.« Er nickte nachdrücklich.
    Treidler lehnte sich zurück. »Wir haben die Aussage des Tankwarts, dass Sie nicht getankt haben, sondern sich viele Stunden lang den Bauch mit Bier und Süßigkeiten vollgeschlagen haben.«
    Kowalski presste die Lippen aufeinander und musterte Treidler. Sein Anwalt erklärte in gebrochenem Deutsch: »Er muss Ihnen nicht antworten.«
    »Verdammt«, entfuhr es Treidler. »Das weiß ich bereits. Und es ändert nichts, wenn Sie es andauernd wiederholen.« Treidler lehnte sich wieder vor. »Sie sollten nicht vergessen, dass wir diejenigen sind, die den Mord an seinem Vetter aufklären wollen. Und dazu benötigen wir Informationen – von ihm.«
    Der Anwalt beugte sich zu Kowalski, und ein leises Gespräch auf Polnisch begann.
    »Herr Kommissar, bitte, Sie müssen die Vorschriften beachten.« Gaska schob die Schirmmütze nach hinten und fuhr sich über seine rotblonden Stoppelhaare.
    »Zum Teufel mit Ihren Vorschriften.« Treidler hatte die Faxen dicke. »Wir haben einen Mord aufzuklären. Und ich habe keine Lust, mir diesen Scheiß noch länger anzuhören.« Er wandte sich wieder an Kowalski. »Also, was war der Grund für Ihre Reise nach Deutschland? Wen wollten Sie treffen?«
    »Iceman, dieses Schwein!«, platzte Kowalski heraus. Die blonden Rastalocken tanzten wirr auf seinem Kopf. Seine jugendlichen Gesichtszüge waren entstellt vor Wut, und die Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
    »Wer ist Iceman?«
    »Jemand, den Sie nicht kennenlernen möchten. Er kann das ganze System zum Kippen bringen.«
    »Welches System?«
    »Alles und jeden«, sagte Kowalskis und wandte für einen Moment den Kopf ab.
    »Das müssen Sie mir schon näher erklären.«
    Kowalski lächelte. Er wollte gerade

Weitere Kostenlose Bücher