Letzte Ausfahrt Ostfriesland
sagte ich.
Beim Rückempfang klang seine ruhige Stimme zu mir: »Habe verstanden, Kapitän!«
Ich überwand das Bedürfnis nach einem kühlen Schnaps. Das konnte nur meiner Rolle schaden, falls griechische Polizei nach meinem Patent und dem Chartervertrag fragen würde.
Inga und die türkische Studentin waren das Faustpfand, mich zu erpressen. Das war mir nicht neu. Mein Vorgänger, der echte Bodo Harms, hatte versucht, über Norddeich Radio eine verschlüsselte Meldung an Interpol zu lancieren. Was der wackere Mann nicht gewusst hatte, war, dass Liebenau erpresst worden war, vielleicht nur diesem Spitzeldienst seine Anstellung auf der Sea Ghost verdankte.
Fest stand, dass einer der großen Bosse im internationalen Rauschgiftgeschäft dieser Steenblock war, der mich bereits auf Zypern liquidieren lassen wollte, hätte mein Instinkt nicht für Rettung gesorgt.
Damit hätten weder Inga noch Kaya eine Chance gehabt, lebend von Bord zu kommen.
Wie ein Blitz durchfuhr mich plötzlich ein Gedanke. Es war, als zuckte plötzlich Licht um mich, als ich aufsprang und nach der Pistole fühlte. Ich entnahm sie meiner Lederjacke und steckte sie in meine Hosentasche. Dann verschloss ich meine Kabine und sauste die Treppe abwärts.
Zermi Zusaakyl fuhr erschrocken zusammen und zog seine Walther, doch dann steckte er sie erleichtert wieder weg.
Ich donnerte mit den Fäusten gegen die Kabine der Mädchen.
Inga öffnete verwirrt und ängstlich.
»Vater, was ist?«, fragte sie außer Atem.
Ich nannte keinen Grund.
»Kaya, hör zu!«, rief ich und sah, dass sie nur im BH und Schlüpfer wie ein Figürchen aus Meißner Porzellan vor mir stand.
Sie hob den Kopf, die Blicke ihrer schwarzen Augen drangen tief in mich ein.
»Kaya, was macht dein Vater?«, fragte ich, und das Mädchen erkannte den Ernst meiner Störung.
»Er war Gastarbeiter und hat sich auf Zypern ein Geschäft gekauft. Eine Buchhandlung, denn er hat studiert.«
»Danke«, rief ich, küsste kurz Inga auf die Stirn und flüsterte ihr zu: »Ich finde einen Weg für unsere Rettung.«
Etwas ruhiger schritt ich meiner Kabine entgegen. Ich durfte jetzt nichts überhasten. Es ging um das Leben von Inga, Kaya und mein eigenes. Ich öffnete die Tür, schloss sie hinter mir wieder ab.
Mein Telefon klingelte. Es war Achmed Abu Dota, der sich nach meinen Wünschen erkundigte. Er war enttäuscht, als er von mir erfuhr, dass ich kein Abendessen wünschte.
Ich saß vor meinem Schreibtisch und hatte begriffen, dass die griechische Polizei eine Gefahr für die Ladung und das Schiff darstellte, mich aber eine andere bedrohte.
Ich goss mir Bier ein und überlegte, ob ein Besuch der Polizei mir die Chance bieten könnte, Schiff und Mannschaft gegen meine, Ingas und Kayas Freiheit auszutauschen.
Ohne Sprachkenntnisse musste das danebengehen, und außerdem konnte ich Nababik und Beppo gegenüber nicht zum Judas werden!
Während meine Gedanken fieberhaft nach Lösungen suchten, rauchte ich Zigaretten und stieß immer wieder auf die Schwachstellen. Das waren der Boss einer über Europa verzweigten Organisation und der Funker.
Kayas Vater hatten sie, wie ich vermutete, erpresst, und ohne die Aufdeckung des verschlüsselten Funkspruchs hätte er vielleicht die Sea Ghost übernommen, denn bei diesen eingespielten Seeleuten war es gleichgültig, wer schließlich die Stahlkassette öffnete.
Ich sprang auf, drückte die Taste meines Sprechgerätes. Nababik meldete sich von der Brücke.
»Kapitän, die See meint es gut mit uns. Wir machen achtzehn Knoten und noch sitzt uns kein Grieche auf der Pelle.«
»Nababik, halte mich nicht für überspannt«, brüllte ich, und mir fiel auf, dass ich ihn geduzt hatte. »Mein Leben hängt davon ab, dass Liebenau oder Steenblock schweigen!«
Ich vernahm, wie er lachte, sah sein bärtiges Gesicht vor mir und gestand ein, dass er der eigentliche Boss war.
»Kapitän, jedes weitere Wort ist zu viel.« Es knackte in der Leitung. Gierig trank ich mein Becks Bier und rauchte.
Liebenau wollte von Bord der Sea Ghost. Er hatte einen Job bei Norddeich Radio. Er sprach von Holland, während ich von Nababik und auch Beppo erfahren hatte, dass es die Prämien geben sollte, wenn wir Sant Feliu de Guixols an der spanischen Küste erreicht hatten. Von einem holländischen Hafen war keine Rede gewesen.
Steenblock war Holländer! War dieser spanische Hafen eine Art von letzter Sicherheitsreserve, Inga, Kaya und mich loszuwerden?
Kam dann ein neuer Plan an
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