Letzte Ausfahrt Ostfriesland
Spanish Fruit Corporation«, hörte ich ihn sagen.
Die Einweisung nahm kein Ende. Das Konnossement, die Besatzungsliste, Impfbescheinigungen und so weiter.
Gegen Mittag waren wir so weit, dass wir die Rollverschläge hochschoben.
»Eine Frage habe ich noch«, sagte ich, als ich meine Kabine, die sowohl mein Büro als auch meine Wohnung war, verschloss.
Nababik, der etwas größer war als ich, schaute mich gutmütig an.
»Wie hieß der Kapitän, der die Ladung im Libanon an Bord bringen ließ, die ja nach unseren Papieren überhaupt nicht existiert?«
Ich spürte seine harte Hand auf meiner Schulter.
»Bodo Harms!«, sagte er hart und sah, wie ich leicht zusammenzuckte.
Ich blieb stehen.
»Und was wurde aus ihm?«, fragte ich.
»Ich stehe auf Ihrer Seite, Kapitän«, sagte er. »Fürs Erste geht unser Kurs nach Spanien und nicht nach Zypern. Und dort herrscht kein Bürgerkrieg.«
Mir wurde wieder klar, dass dieser Mann für Prämien sein Leben aufs Spiel setzte, das ihm bestimmt so wertvoll war wie mir das eigene.
Ich hatte verstanden. Noch wollte und konnte er mich nicht in die Geheimnisse seines gefährlichen Auftrags einweihen.
Ich musste wachsam bleiben und gegebenenfalls früher schießen als ein anderer, wenn ich Inga retten wollte.
Nababik verzichtete auf das Mittagessen. Er ließ Zermi Zusaakyl, den kräftigen Türken aus Kurdistan, zu sich rufen und weihte ihn in seine Aufgabe ein.
Nababik löste Beppowitsch am Steuer ab, der mit mir in der Offiziersmesse zu Mittag aß.
Achmed Abu Dota, der Koch, hatte, so nahm ich an, mir zuliebe Sauerkraut mit Kasseler auf die Menükarte gesetzt.
Kaya bediente uns, wie mir schien, mit sorgenvoller Miene. Sie war streng darauf bedacht, vor dem Zweiten Offizier unsere Verbundenheit versteckt zu halten.
Dennoch aß ich mit großem Appetit, während mir der Zweite Offizier Beppo, wie sie ihn nannten, von seinen Kindern erzählte, dass er sich nach seiner Frau sehnte und von dem historischen Lokal, das seine Mutter hatte schließen müssen, als sein Vater verstorben war. Es war nun schlecht geführt, und er wollte es zurückkaufen. Auch er schuftete für das Geld. Auch ihm war bewusst, dass eine der streitenden Parteien ihr mit Waffen beladenes Schiff nicht nur im Libanon in die Luft gehen lassen konnte.
Sicher war auch das Strafmaß hoch, was sie erwartete, wenn ihr Schiff mit der Rauschgiftladung spanischen oder türkischen Zöllnern in die Hände fiel. Aber die Prämien waren Bestandteile des schnellen Weges zum Glück.
Als ich ihn darauf ansprach, empörte er sich mit den Gebärden der Südländer.
»Rauschgift, da mache ich nicht mit«, dabei blickten mich seine hellen Augen listig an, »meine Seele gehört der Mutter Maria.«
Kaya räumte schließlich ab. Doch nun erschien versteckt das süße Lächeln, auf das ich gewartet hatte.
Ihr kleiner Wuchs, die dunklen Augen und ihr schwarzes Haar wirkten auf mich wie eine exotische Blüte, die selbst einem Paradies die Schau stehlen konnte.
Ich ging zur Brücke und horchte den Erklärungen meines Ersten Offiziers, wenn er den Kurs festlegte oder änderte, studierte die Seekarten und beobachtete die Funktionen des Radarschirms.
Am Nachmittag brachte uns Achmed Abu Dota persönlich den Kaffee, und während wir unsere Pause mit Zigaretten würzten, kam Beppo und löste Ben Salotto am Ruder ab.
Plötzlich tat sich vor uns ein Schauspiel auf. Steenblock erschien mit meiner Tochter und Kaya. Sie setzten sich auf die Lukenbretter, um, wie es schien, Luft und Sonne, die ständig einzige Abwechslung, die ihnen blieb, zu genießen.
Wir sahen, wie er sich um die Gunst der Mädchen bemühte, während weder Inga noch Kaya großen Gefallen an ihrem Begleiter zeigten.
»Er spielt die Aufpasserrolle«, sagte ich gleichgültig, denn Inga war zu meiner Freude nicht nur clean, sondern sie erholte sich. Sie sah sehr schön aus und wirkte mit ihren langen blonden Haaren neben Kaya wie eine Schwedin.
»Das ist er nicht gewohnt, dieser Boulevardhengst«, sagte Nababik in meine Gedanken, und er fuhr fort: »Mit seinen Millionen aus dem dreckigen Geschäft ist er gewohnt, zu kaufen, wozu er Lust verspürt. Nun muss er kleine Brötchen backen an Bord der Sea Ghost.«
Ich nahm das Fernglas, richtete es über den Bug auf die weite See und ließ meinen Blick kreisen. Im Glas entdeckte ich einige griechische Inseln.
»Das ist Ikaria«, sagte Nababik, »wir schippern durch das Ägäische Meer. Die Insel backbord ist Mykonos.
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