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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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dass ich über seinen Witz lachte.
    Die Brieftasche enthielt zweihundert amerikanische Dollar, neben einem Stapel türkischer Lira. Der Rest waren Euros.
    »Nach Spanien wollte der Knabe wohl nicht«, sagte ich und dachte an das Telegramm. Mir wurde wieder bewusst, dass ich bereits als Leiche auf dem Meeresgrund hätte liegen können, falls meine Wachsamkeit und die Freundschaft des Mannes, der in der Reisetasche eines toten Gangsters herumstöberte, es nicht verhindert hätten.
    »Aber wir«, antwortete Nababik und legte Taschenbücher, in holländischer Sprache gedruckt, auf den Tisch. Auch eine billige Bronzenachahmung der Blauen Moschee, die hohl und kitschig war, beförderte der Erste Offizier aus der Tasche.
    Aber auch ich war nun schon lange genug im Geschäft, um mich mit den Ergebnissen nicht zufriedenzugeben.
    Nababik begann systematisch damit, die schweinslederne Tasche in Stücke zu zerlegen. Er hielt sein Taschenmesser, das die Größe eines Dolches hatte, an die mit Perlon verstärkten Fäden der Nähte und legte Füllböden frei.
    Die Ausbeute, die wir aus den Verstecken holten, hätte mit Sicherheit jedem Interpolbeamten eine Beförderung, aber zumindest einen Orden eingebracht.
    Unser verunglückter Jan Steenblock, 180 cm groß, Haare mittelblond, von gesetzter Figur, geboren am 24.8.1964 in Weener, strahlte uns von einem Passbild entgegen, das auf der ersten Innenseite eines Reisepasses der Bundesrepublik Deutschland saß.
    Ein Schweizer Reisepass wies ihn aus als Hubertus Untermatt, während ein weiteres Reisedokument der Vereinigten Staaten ihm bestätigte, dass er als Mr James Spilhous im Staate Alabama zu Hause war. Und auch den Libanon schien er sich als Heimat auserkoren zu haben, denn in dem entsprechenden Pass hieß er Henry Jussuff.
    Seine Reisekasse bestand nicht nur aus den Devisen seiner Brieftasche. Diese wirkten sich spärlich aus neben fast fünfzigtausend Schweizer Franken, vierzehntausend Dollar und zwölftausend Euro. Hinzu zählten wir noch einige libanesische Pfunde.
    Doch, wie sich erst später herausstellte, befand sich im Kleinkram - und es hätte nicht viel gefehlt, und wir wären seiner List auf den Leim gegangen - noch Sensationelles.
    Beim zweiten Hinsehen, die Devisen hatte Nababik gestapelt, die Reisepässe lagen daneben, langte ich in den Berg nebensächlicher Dinge.
    Nicht beschriebene Ansichtskarten, ein Taschenspiegel, mehrere Kugelschreiber, ein Fernglas, nur mit einem Klarsichttuch umwickelt, eine in Serviettenpapier gewickelte Lupe.
    Doch mir fiel ein in grobem Papier gewickelter Füllfederhalter auf, der vom blitzenden Metall auffällig die Spitzenmarke Mont Blanc trug.
    Doch nicht das Luxusprodukt als solches erregte meine Aufmerksamkeit, sondern das als Umhüllung gewählte Papier. Es war eine Fotokopie, auf der sich Linien kreuzten, Schraffierungen und kleine Gebilde meine Aufmerksamkeit fanden.
    Ich entfaltete das Blatt und fand Parallelen zu den Seekarten auf der Brücke, um deren Deutung ich mich nun seit Tagen bemühte. Ich sah, dass Nababik mich beobachtete.
    »Sonderbar«, sagte ich nur und reichte ihm das Blatt.
    »Das kenne ich doch!«, rief der Erste Offizier überrascht aus. Er faltete das Blatt und steckte es ohne weiteren Kommentar in seine Tasche.
    »Das ist es«, sagte ich und schaute auf das, was der ertrunkene Rauschgifthändler an Bord der Sea Ghost hinterlassen hatte. Und das war nicht wenig.
    »Und nun?«, fragte ich meinen Offizier ratlos.
    Nababik schaute mich mit treuen Augen an.
    »Kapitän, einen Mijnheer Steenblock hat es an Bord unseres Schiffes nie gegeben. Die Mannschaft wird das bestätigen. Selbst Liebenau der Funker und auch der verletzte Maru Malky werden sich an einen Mann, der diesen Namen trug, nie erinnern können!«
    »Und das hier alles?«, fragte ich.
    »Von hier aus darf es keine Spur geben«, antwortete er fest.
    »Nababik, jemand könnte quatschen«, sagte ich besorgt.
    Er lachte: »Kapitän, das Geld kann gut angelegt werden, den Rest wird es in wenigen Minuten nie gegeben haben.« Er grinste mich an.
    Ich wartete in der Kabine, die der nun Tote bewohnt hatte, während Nababik eine Tasche holte. Ich steckte mir eine Zigarette an und wunderte mich über mich selbst.
    Oberstudienrat, du sackst immer tiefer in die Scheiße und hoffst dennoch irgendwie, das alles dir Unverständliche zu überwinden, sprach ich zu mir.
    Nababik kam, steckte alles ein, was vorher in der nun zerfetzten Reisetasche des kriminellen Steenblock

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