Letzte Ausfahrt Ostfriesland
gelegen hatte.
»Schaffen wir alles zuerst einmal in dein Büro«, sagte Nababik, und mir fiel ein, dass wir uns duzten.
Ich schloss die Tür auf, und während wir meine Kabine betraten, sagte Nababik: »Ich kenne ein gutes Versteck für den Schatz des toten Gauners.«
Er näherte sich meinem Schreibtisch, setzte die Tasche ab und kroch unter das Schreibmöbel. Ich beobachtete, wie er dort auf dem Boden mit den Fingern Schrauben löste, ein Brett beiseite schob und in einer Vertiefung den Devisenvorrat bunkerte.
Mir verschlug es die Sprache. Niemand würde je auf die Idee kommen, dort zu suchen, wo meine Füße standen, wenn ich hinter meinem Schreibtisch saß.
»Den Rest erledige ich im Handumdrehen«, sagte er und verließ mit der Tasche meine Kabine.
Ich wusste, dass es in wenigen Minuten, abgesehen von dem Geheimfach, keine Spuren mehr an Bord geben würde, die an die Existenz des Mannes erinnern würden, der einer der größten Teilhaber am europäischen Drogenmarkt gewesen sein konnte.
Noch fehlte mir der Durchblick.
Dieser Steenblock hatte wie eine ständige Bedrohung auf Inga und Kaya gewirkt. Nun war das Schiff sauber und fest in unseren Händen, zumindest vorerst.
Ich schritt an das Bullauge, blickte auf das Meer, auf das die Sonnenstrahlen fielen. Genießen konnte ich den Anblick nicht, denn dieser Friede vor dem wolkenlosen Himmel war nicht mein Friede. Noch war ich ein Fremdkörper auf der Sea Ghost, und das Netz einer weit verzweigten internationalen Rauschgiftorganisation hing über mir.
Auch meine Tochter und Kaya saßen noch in ihren Fängen. Diese gewissenlosen Verbrecher hatten ein Vermögen in die Ladung investiert, um ihren Reichtum zu vermehren. Menschenleben spielten für sie keine Rolle.
Ich nahm meine Kapitänsmütze vom Kopf und dachte an meinen Vorgänger, der von ihnen, was Inga und auch Nababik angedeutet hatten, liquidiert worden war.
Doch wo lag der Weg in die Freiheit? Hatten wir noch Chancen?
Ich schritt an meinen Schreibtisch und bestellte für mich und Nababik Kaffee. Der Erste Offizier blieb länger aus, als ich erwartet hatte.
Kaya betrat Minuten später die Kabine und setzte das Tablett auf den Schreibtisch. Sie beugte sich zu mir herab und küsste mich.
Am liebsten hätte ich sie ausgezogen, mich auf dem Bett an sie geschmiegt und bei ihr nach Beweisen gesucht, dass ich noch nicht am Ende war, zumindest körperlich nicht.
Kaya wirkte nicht nur glücklicher, sondern auch gelöster. Der Tod des Holländers hatte sie von den größten Sorgen befreit. Ihre Hoffnung auf ein glückliches Ende verstärkte sich.
»Kaya, besuche mich mit Inga um zwanzig Uhr«, sagte ich zu ihr.
Beschwingt verließ sie mich, und ich schaute ihr nach und erfreute mich an dem Rhythmus ihrer Schritte und ihren langen schwingenden Haaren.
Endlich erschien Nababik. Gelassen, mit dem ständigen Siegeslächeln im bärtigen Gesicht, strahlte er Mut und Zuversicht aus.
»Hast du dem toten Steenblock die Reisepässe und wenigen Habseligkeiten nachgeschickt?«, fragte ich ihn. Ich schenkte ihm Kaffee ein, bediente auch mich und stellte die Kanne zurück aufs Tablett.
»Ja«, antwortete er, »aber so zerschnipselt, dass er im Vorhof der Hölle lange damit beschäftigt sein wird, sie zusammenzusetzen.«
»Und wie stehen unsere Chancen?«, fragte ich ihn.
Er lächelte. »Das Leben ist ein ständiger Kampf um Oben und Unten. Doch es gelten Spielregeln, diese fehlen uns jetzt, und damit befinden wir uns in einem Krieg.«
»O Gott«, stöhnte ich, »kann ich noch hoffen?«
»Dieser Steenblock ist ausgeschaltet. Gehen wir davon aus, dass auch er Feinde hatte, vielleicht auch Neider, die ihn loswerden wollten, um selbst an die Quelle zu gelangen. Dann entsteht in der Organisation ein Vakuum, in das seine Nachfolger drängen werden. Der Funkkontakt zu unserer Sea Ghost ist abgebrochen. Ihre Versuche, ihren Boss zu erreichen, bleiben erfolglos. Von unserem Schiff fehlt ihnen jede Spur! Sie werden ihn und die Ware und damit unser Schiff abgeschrieben haben.«
Er langte zur Tasse, trank sie leer und füllte sie mit frischem Kaffee aus der Warmhaltekanne auf.
Ich beobachtete sein Gesicht. Er schien sich lustig über mich zu machen, doch meine berechtigten Sorgen zog er dabei in seine Überlegungen ein.
Er hob den Kopf, sah mich lächelnd an und sagte: »Klaus, dass ein Pauker ihnen das Konzept verderben könnte, den sie als eine Geisel erpressten, war für sie nicht einkalkulierbar. Andererseits sind
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