Letzte Ausfahrt Ostfriesland
die Ereignisse den Bossen der Organisation nicht bekannt, und so gehen sie von Tatsachen aus, die erneut nicht stimmen. Die Sea Ghost haben sie bereits aufgegeben, den Schaden verkraftet. Sie wagen es nicht, Suchmeldungen an die Küstenstationen zu senden, und uns wird kein Fluglärm belästigen. Die Machtkämpfe um die Nachfolge Jan Steenblocks werden bereits im Gange sein.«
Seine Vermutungen waren nicht ohne Logik. Nur gelang es mir nicht, in diesen Gedanken mehr Chancen zu erkennen, die Inga, Kaya und auch mich in eine unbehelligte Freiheit überführen konnten. Nirgendwo fand ich ein Schlupfloch aus unserer bedrohlichen Lage. Die Gefahr blieb. Schließlich würde weder Nababik noch die auf ihn eingeschworene Mannschaft von meiner Idee begeistert sein, die Sea Ghost irgendwo auflaufen zu lassen.
Wir könnten die Sea Ghost in Brand setzen und uns auf die kleine Insel Pantelleria retten und uns den italienischen Behörden anvertrauen.
Ich steckte mir eine Zigarette an, trank einen Schluck Kaffee, denn mein Hals war trocken geworden bei dem Gedanken, einen für alle Beteiligten respektablen Ausstieg aus dem Geschäft mit dem Rauschgift gefunden zu haben.
»Ole, hör zu«, sagte ich zu ihm und mir wurde bewusst, dass ich ihn zum ersten Mal mit seinem Vornamen anredete. Meine Tochter hatte ihn mir verraten, denn wir hatten uns nach den schrecklichen Ereignissen, die noch gar nicht lange hinter uns lagen, geduzt.
Ich trug ihm meinen Plan vor.
»Klaus, in dir haben die Gangster einen echten Feind. Würden wir, damit meine ich die Besatzung unseres Schiffes, so edel sein wie du, fürwahr, das wäre eine Tat!«, spöttelte er. »Ich höre bereits ihr Halleluja.« Er blickte in seine Tasse und fuhr dann fort: »Wir sind Seeleute, die es selbst nicht scheuen, eine Fracht zu übernehmen, die uns der Satan anvertraut. Die Prämien müssen stimmen! Sonntagsfahrten für einen warmen Händedruck lehnen wir ab. Und wer würde uns noch ein Schiff anvertrauen, wenn wir die Sea Ghost zum Versicherungsfall machen würden?«
Ich war nicht enttäuscht darüber, dass er nicht aussteigen wollte, im Gegenteil, ich bewunderte seinen Mut, nicht aufzugeben, obwohl er es war, der den Boss der Organisation über Bord geworfen hatte, aber damit keineswegs auch seine Absichten. Er musste den Kontakt zu den Auftraggebern irgendwann und irgendwo wieder aufnehmen.
Das konnte er ohne Schwierigkeiten in Sant Feliu de Guixols. Genau dort würde sich herausstellen, ob die Gangster ihr Versprechen hielten und mich, Inga und vielleicht auch Kaya unbeschadet ziehen lassen würden.
Nababik schaute mich traurig an, so als hätte er meine düsteren Schlussfolgerungen soeben mit mir durchdiskutiert.
Er griff in seine Jackentasche, zog das Blatt hervor, das Steenblock als Verpackung für den teuren Mont-Blanc-Füllfederhalter gewählt hatte.
»Klaus, du kommst aus Ostfriesland, bist dort Lehrer gewesen. Schau dir die kopierte Zeichnung in aller Ruhe an«, sagte er, lehnte sich zurück und schob mir das Blatt zu.
Ich langte nach meiner Lesebrille, starrte auf die schwarzen Linien und nach einer Weile konnte ich sie zusammenfügen, eingrenzen und einordnen in einen Zusammenhang.
Überrascht schaute ich Nababik an.
»Ole, mein Freund, wenn nur einige wenige Zentimeter des Originals mehr auf den Kopierer gepasst hätten, dann könnte ich dir fast zeigen, wo mein Häuschen steht.«
Für Sekunden schwieg er, dann schüttelte er den Kopf und murmelte: »Klaus, dein Haus in Ehren, aber wir schwimmen hier entlang der tunesischen Küste, zurzeit völlig sicher. Das Wetter wird sich ebenfalls nicht ändern. Aber diese Fotokopie könnte einiges ändern. Du hast erkannt, was sie abbildet. Deshalb klär mich auf. Was bedeutet das B vor dem großen Kringel und das E vor dem gestrichelten Feld?«
Ich war sehr aufgeregt und suchte nach einer Bestätigung meiner Erkenntnisse. Da gab es Zweifel, und ich fragte ihn: »Haben wir keine Karte von der holländischen und deutschen Nordseeküste?«
»Nein, das klingt wie ein Witz! Wir sind Mittelmeerfahrer«, antwortete er spontan.
»Hätte Liebenau nicht angedeutet, dass er in Holland von Bord gehen wollte, dann wäre ich nicht dahintergestiegen«, sagte ich. Und dann sprudelte es aus mir hervor. »Das B steht für Borkum, das E für die Ems.«
»Das stimmt«, sagte er und forderte: »Klaus, schau genau hin! Da sitzen vier kleine Kleckse, ein großer Kringel ist mit einem S versehen!«
Ich sah und wusste, was er
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