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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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einen Namen auf ein Blatt Papier. Als er einhängte, reichte er mir den Zettel.
    Hans-Dieter Dotter, Gablentzstraße 45, las ich.
    »Herr Staatsanwalt, eine vorletzte Frage. Soll ich mich für meine Tochter Inga und deren Freundin Kaya um einen Rechtsanwalt bemühen?«
    Doktor Busker lachte. »Mein lieber Herr Doktor Udendorf, warum so misstrauisch? Sparen Sie sich das Geld, und reagieren Sie nicht nervös, denn noch ist keine Entscheidung gefallen.«
    Er mochte auch jetzt wieder recht haben, und so stellte ich ihm meine letzte Frage. »Herr Doktor Busker, Autodiebstähle beschäftigen Sie nur als Delikt, wenn es um Untersuchungs- und Haftbefehle geht. Aber mich haben die Kriminalbeamten ausgelacht, als ich mich auf dem Schmugglerschiff Sea Ghost um andere Dinge kümmern musste, als Fahrgestellnummern, Motornummern und Fahrplanzeiten auswendig zu lernen. Kümmern Sie sich bitte um den Verbleib meines Wagens, den ich damals vor dem Hotel Michels stehen ließ.«
    Wie einem einflussreichen Freund gab er mir seine kraftvolle Hand zum Abschied.
    Der Himmel war milchig weiß, als ich das Polizeipräsidium verließ.
    Zuerst einmal musste ich in Ruhe nachdenken. Ich kaufte mir einen Stadtplan an einem Kiosk, suchte ein Café auf, bestellte mir Kaffee und war bemüht, mich nicht zu auffällig zu verhalten, denn Paul Hammes würde nach seiner Konferenz nach Düsseldorf zurückfliegen, und die Kripo und Staatsanwaltschaft sahen im Moment keine Gefahr, die mein Leben oder meine Gesundheit bedrohte. Aber vielleicht ließen sie mich beschatten.
    Unter Hausfrauen, die Sahneteilchen schnatternd verschlangen, fühlte ich mich weder bedroht noch beschattet.
    Ich suchte die Gablentzstraße im ausgebreiteten Stadtplan, setzte mit einem Kugelschreiber einen Kringel um den vermuteten Tatort und nahm mir vor, die Kleinarbeit auf mich zu nehmen.
     
    Mit der U-Bahn gelangte ich zum Kurt-Schumacher-Platz, von dort war es nicht weit.
    Die Gablentzstraße war nicht übermäßig lang und auch nicht außergewöhnlich auffallend. Die üblichen Geschäfte, Ärzteschilder an bürgerlichen Fassaden, Steuerberater, Kioske und Kneipen.
    Ich ließ kein Haus aus. Kein Schild entging meinem Blick. Erst nach einer Stunde stellte ich fest, dass ich mich kindisch benahm. Zwar war ich an dem Wohnhaus vorbeigekommen, in dem Hans-Dietrich Dotter die tödliche Kugel getroffen hatte, doch das interessierte mich nicht.
    Ich betrat die Below-Straße, die die Gablentzstraße kreuzte, schritt auch diese ab.
    Über Berlin lag eine schwüle Hitze, und unter den Schatten der Kastanienbäume hatte ich gelegentlich Rast gemacht.
    Ein kleines Bistro, halb Café, halb Restaurant, diente einem gemischten Publikum, den kleinen Hunger zu stillen oder eine Erfrischung zu sich zu nehmen.
    Unter dem Mannschaftsbild von Hertha BSC bestellte ich mir einen Espresso. Hier musste ich nicht befürchten, dass mir aufgelauert wurde, denn nur laute Schüler einer benachbarten Schule belebten das Lokal.
    Es war eine junge Türkin, die mich bediente. Sie war nicht so schön wie Kaya, aber nicht ohne Reize. Am liebsten hätte ich mich mit ihr unterhalten, ihr von Istanbul erzählt, denn sie war noch jung und hatte vielleicht schon als Kleinkind die Heimat verlassen.
    Ich breitete den Stadtplan aus und dachte nach.
    So schaffte ich mein Ziel nicht. Doch dann kam mir die rettende Idee. Ich suchte nach Kleingeld, betrat die Telefonzelle, die hinter der Musikbox stand, und fand die Nummer der Rechtsanwalts- und Notariatskammer heraus.
    Ich tippte die Zahlen, horchte, nannte mich Doktor Stein von der Berliner Morgenpost und wünschte die Namen und Anschriften aller Niederlassungen der Rechtsanwälte und Notare, die im Radius von drei Kilometern um die Gablentz-Straße lagen.
    Als Grund gab ich an, dass es sich um eine Untersuchung handele, die meine Zeitung durchführte.
    Ich bedankte mich im Voraus im Namen der Zeitung und sagte, dass ich mich in dreißig Minuten wieder melden würde.
    Meinen Espresso nahm ich in kleinen Schlucken, ließ mir einen zweiten bringen, denn die Aufregung, die mich erfasst hatte, tat mir gut.
    Endlich handelte ich und nicht andere!
    In meinem Gedankenkonzept ging ich davon aus, dass der Student Hans-Dieter Dotter, der keinen Wagen besessen hatte, sich mit den ihm von meiner Tochter anvertrauten Filmrollen nicht zu den angesehenen Notariatsbüros der Innenstadt begeben hatte. Andererseits nahm ich an, dass er den Auftrag meiner Tochter so ernst genommen hatte, dass er

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