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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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die Rehabilitation gelingen.
    Ich war gespannt auf die Fotos, die dem jungen Studenten das Leben gekostet hatten. Ich wollte mehr über diesen Studenten erfahren, der Hans-Dietrich Dotter hieß.
    Viele junge Menschen hatten meine Klassen besucht, um sich danach einem Studium zu widmen. Ich kannte ihren Idealismus, der sie prägte. Sie wollten kämpfen, die Welt verändern!
    Ich sah junge Menschen vor mit, mit erhitzten Gesichtern und glühenden Augen. Irgendeiner dieser traumhaften Gestalten meiner Fantasie war Hans-Dieter Dotter, Student der Journalistik. Auch er durfte nicht umsonst von den geldgierigen Gangstern erschossen worden sein.
    Sollte ich jetzt von meinem Hort der Sicherheit aus meinen Schulleiter anrufen?
    Ich spielte mit dem Gedanken, doch es war wohl der gute Geist meiner Frau, der mir dieses Vorhaben schnell ausredete.
    Wie sollte sich dieser Mann, dessen geistiger Radius einige Paragrafenbücher von entsprechender Dicke umfasste, einfühlen können in Welten, die surrealistischen Bildern eines Salvador Dalí glichen?
    Seine Abrechnung mit mir stand bevor, wie das Amen in der Kirche. Aber noch musste ich für Inga und Kaya, vielleicht auch für den Studenten Dotter bildlich gesprochen Unkraut zupfen, Schlingwerk aus dem Wege räumen, damit Voreingenommene einsichtig werden konnten.
    An diesem Abend hatte ich das Gefühl, als gäbe es nicht eine Welt, sondern so viele verschiedene, wie es Menschen gab.
    Inga und Kaya wurden von Paragrafen festgehalten, die von Menschen interpretiert wurden. Es musste mir gelingen, den Juristen klarzumachen, dass die Mädchen unter Zwang mit Rauschgift gehandelt hatten und dass Inga in der Absicht gehandelt hatte, etwas Gutes zu tun. Sie und der Student hatten gewollt, dass hier in Berlin Missstände beseitigt wurden. Konnten die Richter daran vorbeigehen?
    Es war spät, als ich mich aufs Bett legte, um an nichts mehr zu denken.
     
    Ich hatte mich richtig ausgeschlafen, stand auf und ging ans Fenster, um es zu öffnen.
    Der Himmel war grau verhangen. Ein kühler Wind drang ins Zimmer, und ich beobachtete, wie er draußen von den Bäumen die ersten welken Blätter abriss.
    Mir tat die Ruhe gut. Niemand hetzte mich, nur meine Neugierde auf das Fotomaterial meiner Tochter rief in mir ein leichtes Lampenfieber hervor.
    Ich zog mich an und bemerkte, dass meine Kleidung einen abgetragenen Eindruck machte. Sollte ich meine freie Zeit dazu benutzen, mich in einem Kaufhaus neu einzukleiden?
    Dazu konnte ich mich nicht entschließen, weil mir die Warnung meines Anwaltes noch frisch in den Ohren klang.
    Werners Kühlschrank war bis auf den Biervorrat leer. Auf das Frühstück hätte ich verzichten können, aber eine Tasse Kaffee wollte ich mir schon gönnen.
    Ich verließ das Apartment, fand hinter dem Häuserblock einen Tante-Emma-Laden, in dem ich mich eindecken konnte.
    Ich kehrte in die Wohnung zurück, aß ein Schinkenbrötchen, trank mehrere Tassen Kaffee und suchte Ablenkung in den Regalen, aus denen ich Bücher nahm und sie wie ein Kind nach Bildern absuchte.
    Um vierzehn Uhr klingelte, wie verabredet, Weidenreich an der Tür. Er wirkte salopp in seinen Jeans und dem Strickhemd. In der Hand hielt er eine Ledertasche, deren Riemchen sich um seine Hand verstrickten.
    »Kommen Sie«, sagte er und hielt die Ledertasche hoch. »Sie ist mir so wichtig, dass ich sie nicht einmal in meinem Wagen liegen lassen wollte.«
    Wir stiegen in den Mercedes und fuhren in Richtung Innenstadt.
    Am Ende des Kurfürstendamms fanden wir einen Parkplatz. Es blieben nur einige Meter Fußweg bis zum Fotogeschäft.
    Der Geschäftsinhaber begrüßte uns und führte uns am Tresen vorbei, hinter denen Verkäuferinnen Kunden bedienten, in sein kleines Büro. Er verschloss die Tür hinter sich.
    Der Anwalt löste die Riemchen von seinem Handgelenk und reichte ihm die Ledertasche.
    »Josef, das erledige ich selbst«, sagte der Mann, der sich in seinem blauen Blazer und der grauen Hose seiner Kundschaft angepasst hatte. Er verließ uns durch eine Seitentür.
    Für uns begann eine lange Wartezeit.
    Wie in einem Eisenbahnabteil saßen wir uns gegenüber und unterhielten uns über Alltägliches, dabei immer den Zeiger der Uhr im Auge, der einfach nicht voranzuschreiten schien.
    Was sollten wir auch zur Sache beitragen? Im Labor entschied sich, ob meine Tochter Entlastungsmaterial besaß, das unseren Einsatz rechtfertigen konnte.
    Schließlich erstarben die Geräusche, die aus dem Geschäft zu uns drangen.

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