Letzte Ausfahrt Oxford
Mafia? Uns war es gleich, welche Assoziationen der Name weckte, wir mochten ihn. Und unser Geschäft florierte. Bis Jenna auftauchte. Die kleine Jenna mit der ungesunden Gesichtsfarbe, dem strähnigen Haar und der fatalen Neugier, die sie veranlasste, immer die falschen Fragen zu stellen.
4. KAPITEL
K önnten Sie mir bitte sagen, wie ich zur Bibliothek komme?«
»Ja, gehören Sie denn zu uns?«, fragte der dünne, weißhaarige Portier hinter dem Glasfenster am St. Luke’s College. »Ich darf Sie nämlich nicht in die Bibliothek lassen, wenn Sie nicht zu uns gehören.« Seine Stimme bebte und seine blassblauen Augen blinzelten heftig, als sie an Kates goldfarbenem Leinenblazer hängen blieben.
»Eigentlich gehöre ich nicht dazu. Aber ich werde erwartet«, antwortete Kate und wühlte in ihrer voll gestopften Handtasche nach der Zugangskarte mit dem Kriminellenfoto. »Nacherfassung«, fügte sie triumphierend hinzu und hielt ihm die Karte zur genaueren Untersuchung vor die Nase.
»Habe ich noch nie gehört«, meinte er zweifelnd. »Ich rufe in der Bibliothek an«, erklärte er schließlich und wählte eine Nummer. »Hier ist eine Miss Amory für Sie«, verkündete er.
»Ivory!«, rief Kate dazwischen.
»Virony. Sie sagt, sie wird erwartet. Dabei sieht sie gar nicht aus wie eine von uns. Ist sie doch? Ganz sicher? Na gut. Ich zeige ihr den Weg.«
Er kam aus seinem Glaskasten und nahm neben Kate Aufstellung. »Ich hoffe doch sehr, dass Sie keinen Spind brauchen«, sagte er, wobei sein Blinzeln beängstigende Ausmaße annahm. »Wissen Sie, einen Spind zu bekommen, ist nicht gerade leicht. Wir haben sozusagen eine Warteliste.«
»Nein, ich brauche keinen Spind«, antwortete Kate hastig. »Nur einen Hinweis, wie ich die Bibliothek finde.«
»Sie gehen hier durch diesen Torbogen und dann über den Hof. An der gegenüberliegenden Ecke wenden Sie sich nach links und folgen der Mauer bis zu einem kleinen Törchen. Da gehen Sie durch, überqueren den nächsten Hof, nehmen den zweiten Durchgang auf der linken Seite, steigen die Treppe hinauf und gehen zu dem kleinen Gebäude zu Ihrer Rechten. Sie können es gar nicht verfehlen.«
»Danke sehr«, säuselte Kate, während sie sich inständig bemühte, nur ja kein Detail der Beschreibung zu vergessen.
»Wenn Sie ein warmes Mittagessen wollen, gibt es dafür in der Mensa eine Liste. Sie müssen allerdings mit den Studenten essen«, sagte der Portier mit missbilligender Stimme. »Die Belegschaft der Bibliothek hat nicht viel mit dem Lehrkörper zu tun, das werden Sie schon noch feststellen.«
Kate stopfte ihren Zugangsausweis in die Handtasche und überquerte den ersten Hof. Ein niedriges mittelalterliches Gebäude aus grauem Stein prunkte mit grüngoldenen Kletterpflanzen unter einem zartblauen Himmel, und eine Magnolie mit tellergroßen Blüten bewachte den Torbogen. Kate durchschritt das Tor und fühlte sich um mehrere hundert Jahre in der Zeit zurückversetzt.
Die Bibliothek war sehr alt und sehr staubig. Kate ignorierte den kühlen Luftzug und hängte ihren Blazer an der Garderobe vor dem Eingang auf, ehe der Staub seiner goldenen Pracht etwas anhaben konnte.
»Francis Tabbot?«, fragte sie, als ein grauhaariger Mann mit grauem Gesicht auf sie zutrat. Grauwollener Pullover, passende Hose, eine schief sitzende Brille mit braunem Plastikgestell, das auf einer Seite mit rosa Pflaster geflickt war. »Ich bin Kate Ivory«, stellt sie sich vor und bemühte sich um ein strahlendes Lächeln.
»Wollen Sie lange hier bleiben?«, fragte er. Die Augen hinter den Brillengläsern waren braun und blickten unfreundlich drein. »Ich weiß ja, dass Ihre Arbeit wichtig für uns ist, aber …«
Aber du bist ein Stubenhocker und Schreiberling und hasst Leute, die Computer mögen, dachte Kate.
»Ich führe Sie kurz herum«, sagte er, als ob er der Meinung sei, dass sie umso eher wieder aus seinem Blickfeld verschwinden würde, je früher sie mit ihrer Arbeit anfing. Was auch immer später in ihrem Report stünde, er würde so ausgelegt werden, dass es ungünstig für den Vorstand aussähe. Tabbot wäre wohl niemals bereit, in seiner Bibliothek eine Fremde willkommen zu heißen, die das Etablissement in die heutige Zeit katapultieren wollte. Sogar der Katalog bestand noch aus Karteikarten in Holzkästen. Inklusive Messinggriffen und sorgfältig mit chinesischer Tusche geschriebener Hinweiskarten.
»Wir gehen besser nicht in mein Büro«, erklärte er.
Durch die Glastür hinter
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