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Letzte Ausfahrt Oxford

Letzte Ausfahrt Oxford

Titel: Letzte Ausfahrt Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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Möchtegern-Schriftsteller vor sich zu haben. Wann bist du ausgezählt?«
    »In zweieinhalb Monaten. Aber der Arzt macht sich Sorgen um meinen Blutdruck. Er hat gesagt, ich soll die Dinge leichter nehmen.«
    Nachdem Kate gesehen hatte, wie schwanger Emma war, konnte sie ihr den Wunsch, den Schreibkurs zu übernehmen, nicht mehr abschlagen. »Dann erzähl mir mal, was ich mit deinen Schreiberlingen anfangen soll.«
    »Hier ist der Ordner«, sagte Emma und händigte Kate eine Kladde aus, auf der in großen schwarzen Buchstaben »Einkommensteuer« stand. »Mach dir nichts aus der Aufschrift. Ich bin ein großer Recycling-Fan.«
    »Ich auch«, antwortete Kate, »allerdings wechsele ich die Aufkleber aus.«
    »Und hier ist die Teilnehmerliste.’« Emma reichte ihr ein Blatt mit Namen. »Du musst sicherstellen, dass die Anwesenden jede Woche ein Häkchen machen, damit wir am Ende des Kurses unser Geld bekommen.«
    »Gut, so weit habe ich es verstanden. Die Richtlinien sind ja auch unten auf der Liste aufgedruckt.«
    »Dies hier sind meine Notizen, was für den Rest des Semesters noch ansteht: Lektürevorschläge, Gruppenübungen und Hausaufgaben für diejenigen, die zu Hause schreiben möchten. Dazu besteht allerdings keine Verpflichtung. Manche meiner Studenten genieren sich, etwas abzuliefern. Andere hingegen schreiben jede Woche mehrere tausend Worte, die sie mir zur Korrektur mitbringen. Mit dem Durchlesen bin ich leider in letzter Zeit arg ins Hintertreffen geraten. Ich wäre dir dankbar, wenn du die noch nicht korrigierten Arbeiten wenigstens kurz überfliegen und ein paar Kommentare hinzufügen könntest. Die sollten möglichst immer positiv und ermutigend sein – lass höchstens ein wenig konstruktive Kritik einfließen. Ich fürchte, die meisten Teilnehmer sind nicht gerade die Allerbegabtesten.«
    »Das hält wenigstens die Konkurrenz im Rahmen«, stellte Kate fest. Sie griff nach einem maschinenbeschriebenen Papierstapel. »Was ist das?«
    »Oh, habe ich ihm das nicht zurückgegeben? Das ist die Arbeit eines meiner Studenten. Ich glaube, er schreibt sehr viel, aber mit dem Gesamtwerk hält er hinter dem Berg. Nur hin und wieder überlässt er mir einen Teil seiner Niederschrift zum Lesen. Er ist recht begabt, was lebendige Beschreibungen angeht, aber manchmal geht seine Fantasie mit ihm durch. Seine Geschichten sind ziemlich unglaubwürdig. Wenn du Lust hast, kannst du es dir ansehen. Mich würde interessieren, wie du darüber denkst.«
    »Mache ich«, sagte Kate. Bei dem Gedanken, die vielen tausend Worte von Emmas Studenten durchackern zu müssen, sank ihr das Herz. Was für eine Masse Papier! Wie viele Bäume mochten dafür ihr Leben gelassen haben? Und das sollte sie auch noch unterstützen?
    »Ach, was den angeht, gibt es noch eine merkwürdige Sache«, fügte Emma hinzu. »Er benutzt nämlich ein Pseudonym. Er erweckt den Eindruck, als könne er sein alltägliches, langweiliges Ich über Bord werfen und ein wirklich guter Romancier werden – allerdings nur, wenn er seinen Namen verändert.«
    »Das erscheint mir gar nicht so merkwürdig«, erwiderte Kate. »Denk doch mal an all die Autoren romantischer Erzählungen, die sich hinter Pseudonymen verstecken. Sie tun es, weil sie ihre intimsten Fantasien aufschreiben. Wer von uns lässt sich schon gerne auf seine Wunschträume festnageln und unterschreibt das auch noch mit seinem richtigen Namen?«
    »Vielleicht hast du Recht. Bei dem da ist es jedenfalls so. Ach, gib mir den Ordner doch eben noch mal kurz zurück. Ich glaube, da fehlt ein ganzer Packen. Wo könnte ich den nur hingelegt haben?« Emma stand schwerfällig auf und begann, Papierstapel umzuschichten. »Bestimmt war es eines der Kinder«, murmelte sie. »Weißt du was, Kate, lass den Ordner doch heute noch hier. Ich suche den Rest heute Abend zusammen und bringe dir die Akte morgen vorbei.«
    »In Ordnung«, stimmte Kate zu, aber innerlich stöhnte sie. Ihr war klar, dass Emma in diesem Haus niemals etwas wiederfinden konnte. »Wissen die Leute eigentlich, dass sie eine neue Lehrerin bekommen?«
    »Ich habe es ihnen vergangene Woche erzählt. Sie freuen sich alle darauf, dich kennen zu lernen.«
    »Okay. Ich nehme diese Manuskripte hier mit, den Rest kannst du mir morgen bringen«, sagte Kate und stand auf.
    »Möchtest du wirklich keinen Tee oder so etwas?«
    Bei dem Gedanken an Kates Küche schauderte Kate. »Keine Zeit. Ich bin schon wieder weg.«
    Draußen atmete sie in tiefen Zügen die

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