Letzte Ausfahrt Oxford
Assistenten.«
Wie im St. Luke’s, dachte Kate. Ich muss dringend die Leute im Leicester kennen lernen.
»Einmal hat sie etwas erzählt, aber leider habe ich nicht genau zugehört. Es ging irgendwie um einen groß angelegten Betrug. Außerdem sagte sie etwas von Expertenwissen in verschiedenen Bereichen, und wenn man sich in den Bibliotheken umsähe, wäre es zwar vorhanden, aber auf verschiedene Leute verteilt. Macht das Sinn?«
»In gewisser Weise schon. Sprach sie von ganz bestimmtem Spezialwissen?«
»Das nicht, aber sie meinte, dass man die Fähigkeiten, die in der Instandsetzung gebraucht werden, durchaus auch zur Herstellung von Fälschungen einsetzen kann.«
»Das stimmt allerdings nachdenklich.« Sofort fiel ihr der Schleimer Ian Maltby aus der Bodleian Bibliothek ein. Und Susie Holbech im Kennedy House. Beides potenzielle Fälscher.
Danach konnte Isabel nichts weiter zu Kates Bild von Jenna beitragen.
»Warum haben Sie die Bodleian verlassen?«, fragte sie. »Und was tun Sie heute?«
»Ach, wissen Sie, ich habe nie richtig in die ›Bodley‹ gepasst«, antwortete Isabel. »Ich hatte es nicht so mit diesen vielen alten Büchern. Die Leser haben immer Theater gemacht, wenn das falsche Buch kam, obwohl ich den Unterschied nie verstanden habe. Sie können sich nicht vorstellen, Kate, wie unfreundlich Leute werden können, nur, weil man hinter dem Schalter sitzt. Sie glauben vermutlich, man ist dämlich oder so.«
»Wie schrecklich.«
»Eines Tages sah ich einen Aushang in einem wirklich netten Bekleidungsgeschäft in der High Street. Ich habe mich beworben und wurde eingestellt. Heute bin ich stellvertretende Geschäftsführerin«, fügte sie hinzu, »und verdiene mehr Geld, als ich in der Bodleian je bekommen habe.«
»Das glaube ich Ihnen gern.«
»Ich glaube, ich sollte jetzt gehen. Danke für das leckere Essen, Kate. Und für die Schokotäfelchen. Ich habe Andrew versprochen, ihn noch anzurufen, wenn es nicht zu spät wird.«
»Sie müssen ihm bitte unbedingt sagen, dass ich Sie nicht schikaniert habe. Ich glaube nämlich, dass er so etwas befürchtet hat.«
»Ach, Kate, Sie sind nicht halb so brutal wie er. Ich finde Sie wirklich nett.«
Nachdem Isabel gegangen war, ging Kate nach unten in ihr Arbeitszimmer, um sich Notizen über das Gespräch zu machen. Endlich konnte sie ihrer langen Reihe von Fragezeichen ein paar Fakten hinzufügen. Am Ende der Zusammenfassung von Isabels Erinnerungen ergänzte sie ihre Aufzeichnungen um einen weiteren Punkt.
Treffen im Büro des Sicherheitsteams mit Charles Trim und Andrew Grove. Nichts unmittelbar Hilfreiches für meine Nachforschungen, aber eine deutlich ausgesprochene Warnung, ich solle bei meinen Büchern bleiben und den Mord an Jenna vergessen. Dieser Mann ist ein Schwein . Oh, wie schön wäre es, wenn ich die Geschichte einem vom Sicherheitsteam anhängen könnte. Am liebsten dem eben erwähnten CHARLES TRIM. Vor allem, seit ich weiß, dass er Jenna sehr wohl kannte. (Warum hat er es zuvor zu vertuschen versucht?)
Sie las die Notiz noch einmal durch und musste feststellen, dass sie wieder einmal einen ihrer subjektiven, emotional beeinflussten Ergüsse hingeschrieben hatte. Vermutlich war er weder für die Bücher noch für den Mord an Jenna Coates von Bedeutung.
Kate suchte die Liste mit den noch zu erledigenden Dingen hervor. Den ersten Punkt (Kontakt zu Isabel aufnehmen und zu Jenna befragen) konnte sie streichen. Somit blieben noch drei Punkte übrig, wie sie zufrieden registrierte. Doch dann erinnerte sie sich daran, dass sie einen Besuch im Leicester College hinzufügen musste. Jetzt waren also doch wieder vier Punkte zu erledigen. Im gleichen Augenblick fiel ihr ein, dass sie seit ihrer Rückkehr aus San Francisco weder von Liam gehört noch ihn selbst angerufen hatte. Vielleicht gefiel ihm ja ihre leichte Sonnenbräune. Gleich am folgenden Morgen wollte sie ihn anrufen und ihn fragen, was er über die Bibliothek seines Instituts wusste. Du liebe Zeit, sie war ganz schön egozentrisch geworden: Sie rief nur noch an, wenn sie etwas von jemandem wollte. Wenn das hier vorüber war, nahm sie sich vor, dann würde sie ganz viele Freunde zu einem tollen Essen einladen – einfach nur, um fröhlich beisammen zu sein. Kein verstecktes Motiv, keine einzige ungehörige Frage, das schwor sie sich. Aber vermutlich würde sie mit der Einladung warten müssen, bis die erste Fassung ihres derzeitigen Romans unter Dach und Fach war.
Noch
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