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Letzte Ausfahrt Oxford

Letzte Ausfahrt Oxford

Titel: Letzte Ausfahrt Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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uns heute Nachmittag sehen, und zwar beide.«
    »Das heißt, wir werden ins Allerheiligste vorgeladen?«
    »Er möchte, dass wir ihm erklären – genau genommen, dass du ihm erklärst –, wofür wir sein Geld ausgegeben haben und wo wir unsere Prioritäten setzen.«
    »Ich sehe schon, gleich hältst du mir einen Vortrag über kosteneffektive Recherchen.«
    »Ich sehe nicht, was daran so verkehrt sein sollte. Hör mal, Kate, könntest du vielleicht dieses nette dunkelblaue Kostüm tragen? Ich warte um fünf vor vier vor dem Taylorian Institute auf dich.« Er ließ ihr nicht die Zeit für eine Antwort, sondern sagte nur hörbar nervös »Auf Wiedersehen« und hängte ein.
    »Ich dachte, der Rock wäre länger.«
    »Du hast um das dunkelblaue Kostüm gebeten. Und genau das trage ich.«
    Sie war sich ein bisschen gemein dabei vorgekommen, als sie den eher braven Kostümrock gegen den schmal geschnittenen, kurzen Neuerwerb aus der Little Clarendon Street austauschte. Dann hatte sie den neuen, dunkelrot glänzenden Lippenstift aufgelegt und im Spiegel den beabsichtigten, leicht nuttigen Eindruck überprüft. Sie hatte nicht vergessen, wie unsympathisch ihr Charles bei ihrem ersten Zusammentreffen gewesen war. Zwar hatte sie die auf dem Rückflug von San Francisco begonnene Liste der Verdächtigen noch nicht genau analysiert, aber sie erinnerte sich, dass Charles einer ihrer Favoriten für die Vergewaltiger- und Mörderrolle war.
    Andrew war sehr schweigsam. Ohne ein Wort zu sprechen marschierte er neben ihr her. Vor der Tür in der St. Giles Street blieben sie stehen. Die blecherne Stimme begrüßte sie, kontrollierte ihre Ausweise, betätigte den Türöffner und ließ sie in einer Wolke aus Hausschwammsporen eintreten.
    »Setzen Sie sich. Beide«, befahl Charles. Er war ganz der Direktor, den Kate in Erinnerung hatte. »Und jetzt erklären Sie mir bitte, was Kate Ivory während der letzten Wochen hier getan hat.« Er ließ sie jedoch gar nicht erst zu Wort kommen, sondern fuhr umgehend fort. »Wenn ich mich recht entsinne, wurde sie von uns bezahlt – viel zu hoch bezahlt übrigens –, um zu erforschen, wie es möglich sein konnte, unter Verwendung des Online-Katalogs Bücher aus den angeschlossenen Bibliotheken zu stehlen. Überdies sollte sie, wenn möglich, den Übeltäter überführen.«
    Noch nie habe ich jemanden so geschwollen reden hören, dachte Kate. Sie mochte Charles von Minute zu Minute weniger.
    »Ich muss feststellen, dass Miss Ivory die ihr gestellte Aufgabe sowie die Suche nach den Bücherdieben unterbrach, um Ferien in Kalifornien zu machen. Ich nehme an, dabei handelte es sich um pures Eigeninteresse.«
    »Aber hier geht es nicht nur um Bücherdiebstahl«, warf Kate ein.
    »Oh doch«, gab Charles zurück. »Hier geht es um den möglichen Verlust von Millionen Pfund an Wertgegenständen.«
    »Bücher. Sie sprechen von Büchern. Das sind diese leblosen Papierstapel, die in Regalen stehen und Staub anziehen. Ich aber rede von Menschen. Von lebendigen Menschen.«
    »Der Mensch, den Sie meinen, lebt aber nicht mehr«, wandte Charles kalt ein.
    »Ganz genau. Und ich möchte wissen, wer dafür verantwortlich ist und warum er es getan hat. Und ich will, dass er für seine Tat bezahlt.«
    »Die Todesstrafe ist aber längst abgeschafft«, ließ sich Andrew vernehmen.
    »Aber ordentliche Gerichtsverfahren und lebenslängliche Gefängnisstrafe gibt es noch immer. Auch überfüllte Gefängniszellen und schlecht behandelte Gefangene. Das genügt mir schon an Gerechtigkeit für diesen Mistkerl, vielen Dank.«
    »Jetzt wirst du aber ziemlich emotional, Kate«, wies Andrew sie zurecht.
    »Sie war nicht einmal besonders attraktiv«, erklärte Charles. »Ein kleines, plumpes Mädchen mit fleckigem Gesicht, soweit ich mich entsinne.«
    »Zählen Frauen nur, wenn Männer sie attraktiv finden?« Kates Stimme wurde laut. Sie wusste, dass Andrew das hasste. »Die schlichteren Exemplare darf man also ungestraft umbringen? Kümmern Sie sich doch um Ihre Bücher – ich suche Jennas Mörder.«
    »Solange wir Sie bezahlen, können wir Ihnen vorschreiben, was Sie zu tun haben«, grunzte Charles.
    »Ich werde für das Erfassen von Büchern bezahlt. Nun, schließlich erfasse ich Ihre blöden Bücher, also bezahlen Sie mich gefälligst.«
    Einen Augenblick lang starrten sich alle drei stirnrunzelnd an. Charles griff nach einem teuer aussehenden Füllfederhalter und klopfte nervös auf die Schreibtischunterlage. Die Haut seiner

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