Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Letzte Bootsfahrt

Titel: Letzte Bootsfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
Vom Netzwerk:
bisher nur auf dem Schießstand getan, im Einsatz war ihm der Gebrauch der Schusswaffe vorläufig erspart geblieben. Die Frau Doktor stellte ihr Blaulicht aufs Dach und trat den Audi die steile Marktleite hinauf, dass Gasperlmaier tief in den Sitz gedrückt wurde. Wenigstens, so dachte er bei sich, wird die Fahrt im Rallyestil nicht lange dauern, denn bis zur Pötschenhöhe war es nicht allzu weit.
    „Verdammt!“, fluchte die Frau Doktor nochmals, als gerade am Beginn der Steigung auf den Pötschenpass hinauf ein Mopedauto im Schneckentempo durch die Kehre tuckerte, dahinter wieder einmal ein mit Holzstämmen beladener Lastzug. Alles Blaulicht nützte nichts. Der Gegenverkehr riss nicht ab, und der Lastzug konnte nirgendwo ausweichen, um sie überholen zu lassen. Der Lenker des Mopedautos, vermutete Gasperlmaier, bekam von all dem wahrscheinlich überhaupt nichts mit. „Diese Dinger gehören verboten!“, ereiferte sich die Frau Doktor. „Niemand sollte ohne einen vollwertigen Führerschein auf die Straße gelassen werden! Aber da sind unsere Herren Politiker wieder einmal zu feig dazu! Weil vielleicht ein paar Säufer dann zu Fuß zu ihrem Wirt pilgern müssten und sie nicht mehr wählen würden. Verdammt!“ Auch Gasperlmaier hatte mit den Lenkern von Mopedautos schlechte Erfahrungen und für sie wenig Verständnis. Eines Nachts war ihm mitten in Altaussee ein solches Fahrzeug begegnet, das auf der linken Fahrbahnseite fuhr und mit den Felgen ständig am Randstein entlangschleifte. Ein Reifen war bereits geplatzt, und das Gefährt machte einen Höllenlärm, obwohl es nur mehr im Schritttempo vorwärtskam. Gasperlmaier hatte den sturzbetrunkenen Fahrer herausgehievt, neben dem seelenruhig seine nüchterne Ehefrau gesessen war. Sie könne ja nicht Auto fahren, hatte sie gemeint.
    „So!“ In der Ortschaft Lupitsch wurde die Straße ein wenig breiter, und die Frau Doktor riskierte einen Überholvorgang in der Straßenmitte, obwohl Gegenverkehr herrschte. Gasperlmaier schlug die Hände vor die Augen, merkte aber bald an der heftigen Beschleunigung, dass alles gut gegangen war. „Sie sind aber schreckhaft!“, grinste die Frau Doktor zu ihm her­über. Gasperlmaier verzichtete auf eine Erwiderung. Er hatte auf dem Beifahrersitz neben der Frau Doktor schon einigen Schrecken ausstehen müssen und hielt es für ausgeschlossen, dass man sich daran gewöhnen konnte. Wenn er selbst ein Einsatzfahrzeug lenkte, folgte er immer dem Grundsatz, dass auch in einem Notfall ein paar Minuten mehr oder weniger selten eine Rolle spielten. Meistens wurden die Probleme durch das Eintreffen der Polizei ja ohnehin größer anstatt kleiner.
    Gerade, als sie die Pötschenhöhe erreichten, nahm der Scheibenwischer des Audi seinen Betrieb wieder auf, weil er feinen Nieselregen zu beseitigen hatte. Gasperlmaier deutete nach links, wo sich das Gebäude der Straßenmeisterei befand, in dem die Schneepflüge geparkt waren. Dahinter lag der Steinbruch. Der Hendlwagen des Manzenreiter Sepp war aber nirgendwo zu sehen. „Wir könnten da über den Parkplatz noch weiter nach hinten fahren.“ Gasperlmaier deutete mit der Hand in die entsprechende Richtung. „Dort ist der Steinbruch.“
    Als die Frau Doktor vorsichtig in die Schotterstraße am Ende des Parkplatzes einfuhr, schoss plötzlich ein schwarzes Auto um die Kurve und hielt direkt auf sie zu. Der Fahrer schien nicht daran zu denken abzu­bremsen. Die Frau Doktor schrie auf, während Gasperl­maier es ein weiteres Mal vorzog, die Hände vors Gesicht zu schlagen. Er merkte noch, dass die Frau Doktor den Audi nach rechts verriss, gleich darauf spürte er einen dumpfen Schlag, und das Auto wurde herumgewirbelt. Dann kehrte Stille ein.
    „Nicht schon wieder!“, stöhnte die Frau Doktor. „Das neue Auto! Mit euch Ausseern ist es zum Verzweifeln!“ Ein rascher Seitenblick zeigte Gasperlmaier, dass sie unverletzt schien, ihr aber Tränen in den Augen standen. Vor Verzweiflung schlug sie auf das Lenkrad und begann zu schluchzen. Gasperlmaier war, soweit er das beurteilen konnte, unverletzt. Im Umgang mit weinenden Frauen jedoch war er mehr als unsicher und machte meist alles falsch. So schwieg er und stieg aus. Die Tür an seiner Seite war unbeschädigt und ließ sich leicht öffnen.
    Dem Schlag nach zu urteilen, den ihnen das schwar­ze Fahrzeug versetzt hatte, musste der hintere Teil des Audi mehr oder weniger abgerissen sein, dachte er. Als er jedoch um den Wagen herumging, stellte er fest,

Weitere Kostenlose Bücher