Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi
lilafarbenen und dem goldenen Schlüssel aus der Hosentasche seiner Cordhose und legte ihn auf den Tisch.
Lobato nahm ihn kurz in Augenschein und steckte den Bund dann ein. »Und die Keycard?«
»Die hat meine Freundin.«
Die Kommissarin machte sich eine Notiz. »Wie ist ihr Name und wo finde ich sie?«
»Sie heißt Valérie Gabin und lebt in Paris. Sie hat angeboten, die Karte per Post zu Ihnen zu schicken.«
»Nein. Das ist ein wichtiges Beweisstück. Vielleicht wichtiger als die Schlüssel, auf der Karte sind möglicherweise Daten gespeichert. Sie soll lieber direkt zum Quai des Orfèvres gehen«, sagte Lobato. Das Gebäude war der Sitz der Pariser Kriminalpolizei. »Geben Sie mir ihre Handynummer, dann organisiere ich den Rest.«
Kieffer tat, wie ihm geheißen. Dann zündete er sich eine neue Zigarette an und sagte: »Eine Frage: Warum denken Sie, dass es Mord war?«
Lobato runzelte die Stirn. »Sie kennen die Brücke?«
»Ja.«
»Die Absperrungen sind sehr hoch. Sicher zu hoch für einen Unfall. Nicht unbedingt zu hoch für einen Selbstmörder, aber …«
»Aber?«
Sie ignorierte seine Nachfrage. »Ist Ihnen an dem Mann etwas Besonderes aufgefallen, als er an Ihrem Stand war?«
»Er wirkte betrunken«, sagte Kieffer.
»Die Obduktion hat ergeben, dass er stocknüchtern war.«
»Wenn Sie es sagen. Auf mich wirkte er desorientiert.« Kieffer drehte die Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her und sah zu, wie eine dünne Rauchfahne seinen Handrücken emporkroch.
»Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll … er wirkte auf jeden Fall seltsam. Vielleicht war er in Panik oder auf der Flucht. Er schien mir ein seltsamer Mensch zu sein, auch wenn ich nicht genau weiß, woran ich das festmachen soll.«
Lobato nickte wissend. Kieffer blickte sie fragend an. Sie hielt seinem Blick stand, sagte aber nichts. Nachdem die Polizistin sich eine weitere Notiz gemacht hatte, erklärte sie: »Ich müsste Sie bitten, gleich heute Nachmittag aufs Revier zu kommen. Wir brauchen Phantombilder der beiden Männer, die Kats gefolgt sind.«
»Natürlich.«
»Gut. Ich melde mich, wenn es weitere Fragen gibt.«
Dann nickte sie ihm kaum merklich zu, stand auf und ging. Kieffer konnte den Kies spritzen hören, als sie wegfuhr.
9
Am Dienstag fuhr Kieffer nach Trier, wo er mittags mit Esteban verabredet war. Der Argentinier hatte ihn um ein persönliches Gespräch gebeten und dazu bereits vor vier Wochen seine Assistentin vorgeschickt, »zwecks Terminkoordination«. Sich mit dem Küchen-Leonardo auf einen Ort und eine Uhrzeit zu einigen, war rasch zu einer nervenaufreibenden Angelegenheit mutiert – seine jetsettende Freundin war im Vergleich dazu unproblematisch. Estebans Assistentin hatte zunächst Biarritz und Rom vorgeschlagen, um dann auf Kieffers Bitte einige Städte herauszusuchen, die schneller erreichbar waren. Schließlich befand sich das Restaurant des TV-Kochs im kaum siebzig Kilometer von Luxemburg-Stadt entfernten Bitburg. Kieffer verstand ohnehin nicht, warum man sich nicht dort, im »Revolución«, treffen konnte. Glaubte man allerdings der Assistentin, dann war der Pampaprinz in der Eifel kaum noch anzutreffen. Nach der Lektüre der »Bunte« ahnte Kieffer, warum.
Nachdem sie endlich einen Termin gefunden hatten, war dieser von Estebans Assistentin noch einmal verschoben und zweimal kurzfristig »gecancelt« worden. Nun sollte das Treffen am Rande eines Poloturniers in der Nähe von Trier stattfinden. Als Kieffer gegen zehn Uhr in seinen klapprigen Lieferwagen stieg, rechnete er fest damit, Estebans Mitarbeiterin werde ihn jeden Moment auf dem Handy anrufen, um doch noch abzusagen. Diesmal schien jedoch alles zu klappen. Während er Richtung Autobahn fuhr, musste der Koch wieder an den Artikel in dem deutschen Klatschmagazin denken. Ob es sich bei der Assistentin, mit der er bereits mehrfach telefoniert hatte, um die Dame handelte, mit der Esteban auf den Fotos zugange gewesen war? Derlei Tratsch war eigentlich nicht seine Sache, aber in diesem speziellen Fall würde er es sich kaum verkneifen können, seinen Kollegen danach zu fragen.
Eine gute Stunde später erreichte er das Landgut, auf dem das Poloturnier stattfand. Kieffer parkte und ging in Richtung des Spielfelds. Es roch nach Pferdeäpfeln und Geld. Neben dem Rasen hatte man mehrere Pavillons aufgebaut, vor denen Damen mit gewagten Hüten standen und Champagner tranken. Männer in englischen Tweedjackets schmauchten Zigarren und
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