Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi
Entraña. Abgehangen in meinem eigenen Kühlhaus. Wird directamente zu dir nach Hause geliefert.«
»Eine interessante Geschäftsidee, Leo. Aber was ist das Problem?«
»Ché, ich habe mich bei den Fleischpreisen geirrt.«
»Und jetzt bleibst du auf einem Kühlhaus voller Steaks sitzen?«
»Ich habe sie nicht wirklich gekauft, nur virtuell.«
»Dann ist doch alles gut.«
»Du verstehst das nicht, ché. Das sind Warentermingeschäfte.«
Kieffer musste an die teuren Kartoffeln seines Großhändlers denken. »Warum zum Teufel spekulierst du mit Steaks, Leo?«
Der Kellner brachte Esteban einen weiteren Kaffee sowie einen Brandy, den dieser in seinen Espresso schüttete. »Das war keine Zockerei. Also, zumindest am Anfang nicht. Für mein Restaurant und für Steakology brauche ich etliche Tonnen im Jahr. Der Preis für dieses Premiumfleisch schwankt, und deshalb sichert man sich ab, mit Kontrakten.«
»Wie funktioniert das?«
»Wenn du, sagen wir, im Dezember zehn Tonnen argentinisches Rindfleisch brauchst, kaufst du heute zehn Kontrakte à eine Tonne zu dem Preis, der an der Rohstoffbörse aufgerufen wird. Sagen wir, zweitausend Dollar.«
»Und zu dem Preis bekommst du sie dann im Dezember geliefert.«
»No, ché, im Dezember musst du genauso viele Verkaufskontrakte verkaufen, wie du vorher Kaufkontrakte bezogen hast.«
Kieffer schüttelte den Kopf. »Leo, das ist mir zu hoch. Und ich verstehe auch nicht …«
»… un momento, ché. Esteban hat für zwanzigtausend Dollar Kontrakte geordert. Im Dezember kosten die Steaks aber fünfundzwanzig. Also verkaufe ich die Kontrakte zu dem Preis und mache fünftausend Dollar Gewinn, está claro?«
»Aber Steaks bekommst du keine.«
»No. Die kaufe ich in Buenos Aires, auf dem Mercado de Liniers. Aber«, Esteban hob triumphierend den rechten Zeigefinger, »den gestiegenen Preis dort kann ich mit meinem Börsengewinn von fünftausend Dollar ausgleichen.«
Kieffer konnte aus dem Augenwinkel sehen, dass die anderen Polospieler wieder aufs Feld gingen. Wie immer kam Esteban nicht zur Sache.
»Du hast aber gar keine fünftausend Dollar verdient, richtig?«
»Pero sí, ché. Sogar viel mehr. Zehntausende Dollar. Aber als es sehr gut lief, habe ich mehr Kontrakte gekauft, als ich zur Absicherung brauchte.«
»Du bist gierig geworden.«
Wütend hieb der Argentinier mit der flachen Hand auf den Tisch. Die Kaffeetassen schepperten. »Es war ein todsicheres Geschäft! Mein Bruder, er kennt alle Gauchos, alle Haciendas. Und er hat erfahren, dass im kommenden Jahr viel mehr Fleisch auf den Mercado kommt.«
»Warum?«
»Weil mehrere große Rancheros ihre Weizenanbauflächen in Weidegründe umwandeln. Está muy secreto, ché. Der Preis sollte in diesem Sommer ins Bodenlose fallen. Una gran caída! Ich habe auf fallende Kurse gesetzt.«
»Und nun steigen sie?«, fragte Kieffer.
»Sí. Seit Monaten. Imposible.« Esteban senkte seine Stimme. »Wenn das so weitergeht, bin ich nächsten Monat pleite.«
Die Pferde wurden aufs Feld geführt. »Wie kann ich dir da helfen, Leo?«
»Ich brauche eine neue TV-Show. Fernsehen verkauft Bücher, DVDs, Küchenmesser. Ist auch schon seit Monaten in Vorbereitung, das Konzept ist fertig. Wird fenomenal! Ein Kampf zwischen mehreren Spitzenköchen! Die Kochshow la más increíble del mundo!«
Kieffer begann zu ahnen, was Esteban von ihm wollte. »Und wie soll ich dich dabei unterstützen?«
»Ché, die Show sollte eigentlich im deutschen Fernsehen laufen, im ZDF, Samstagabends. Auf dem Sendeplatz, wo früher diese bescheuerte Wettshow lief.« Er verzog verächtlich den Mund. »Langweilig! Deren Quote schafft Esteban aus dem Stand!«
Kieffer pfiff anerkennend durch die Zähne. »Im Zweiten? Nicht schlecht, Leo.« Er sah den Argentinier prüfend an. »Aber?«
Esteban tat so, als wolle er sich die Löwenmähne raufen. »Seit die Quote von ›Küchenrevolution‹ abgeschmiert ist, wollen diese Kartoffelfresser davon plötzlich nichts mehr wissen. Sie wollen meine geplante Show kippen und stattdessen eine Volksmusikgala senden. Idiotas! Keine Ahnung vom Kochen. Keine Ahnung von Fernsehen. Keine Cojones!«
Mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck kippte Esteban seinen mit Brandy verschnittenen Kaffee hinunter. »Ché, ich brauche etwas, um die zu überzeugen. Und zufällig weiß ich, dass der Guide Gabin gerade mächtig in Deutschland expandiert.«
»Valérie? Ich soll Valérie fragen, ob sie nicht vielleicht Lust hat, deine Show zu
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