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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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konnte er nun bereits das Riesenrad und die Fahrgeschäfte der Schueberfouer erkennen. Kieffer passierte die goldenen Doppeltürme des Europäischen Gerichtshofs, überquerte die Brücke, die sich über die zwischen dem Kirchberg-Plateau und der Stadt liegende Alzette-Schlucht spannte und fuhr auf den Glacis. Nachdem er einem Wächter seinen Ausstellerausweis gezeigt hatte, rollte er langsam einen der Hauptwege hinunter, vorbei an Autoscootern und Wurfbuden. Überall waren Messebauer damit beschäftigt, Stände zu errichten, Gabelstapler fuhren zwischen halb fertigen Kettenkarussells und Geisterbahnen hin und her. In nicht einmal vierundzwanzig Stunden würde die Schobermesse eröffnen, und wie stets bei derartigen Veranstaltungen erschien es völlig undenkbar, dass die Aussteller bis dahin fertig würden. Kein Einziger der Stände, die Kieffer passierte, schien bereit für Kundschaft.
    Sein eigener sah zumindest bereits ganz passabel aus. Er besaß, anders als viele der anderen im nördlichen Teil des Geländes, bereits Wände, ein Dach sowie ein angrenzendes Zelt mit Bierbänken. Draußen flatterte eine Girlande mit mehreren kleinen Nationalflaggen in Rot-Weiß-Blau. Im Innenraum hinter der Theke war das Staatswappen angebracht, ein gekrönter roter Löwe auf blau-weiß gestreiftem Grund. Als Kieffer seinen Stand betrachtete, war er froh, beim Namen nicht nachgegeben zu haben. Da sie in gewisser Weise Luxemburger Fastfood anboten, hatte seine Souschefin Claudine dafür plädiert, ihre Frittierbude »McMousel« zu taufen. Der Wortwitz war nicht nach seinem Geschmack gewesen. Auf seinen Einwand, dass er mit diesen amerikanischen Burgerbratern nicht einmal im Entferntesten zu tun haben wolle, hatte Claudine beleidigt reagiert: Er besitze in etwa so viel Humor wie die Preußen jenseits der Grenze. Kieffer war hart geblieben. Nun hieß sein Stand »De Roude Léiw«, der Rote Löwe, und das war auch gut so.
    »Moien, Claudine. Alles an der Rei?«
    Kieffers Souschefin kniete auf dem Boden und machte sich gerade an der Verkabelung des Herds zu schaffen. »Moien. Alles gut, außer, dass wir noch keinen Strom haben, die Kirmesleitung was an unserem Zelt auszusetzen hat und die Menükarten längst gedruckt sein sollten.«
    Der Koch entnahm der Gesäßtasche seiner Cordhose einen kleinen Notizblock und notierte sich die offenen Punkte. »Ich suche einen Elektriker und spreche mit den Spinnern von der Fouer. Die Karten kommen heute Mittag. Wie steht es mit Reservierungen?«
    Claudine ließ von der Verteilerdose ab und stand auf. »Wir sind fast die ganze erste Woche gesteckt voll, und auch danach sieht es schon ganz gut aus. Wir werden uns eine goldene Nase verdienen.«
    Kieffer beschloss, ihr lieber nichts von den Kartoffeln zu sagen und nickte stattdessen nur. Er würde für die zweite Woche billigere Gromperen auftreiben. Trotz dieses Patzers teilte er Claudines Einschätzung, dass die Kirmes ein gutes Geschäft für sie werden würde. Das »Deux Eglises« war bei den Einheimischen beliebt, weil es eines der wenigen Lokale war, das noch echte Luxemburger Kost servierte: Judd mat Gaardebounen, gepökelten Schweinenacken mit Saubohnen oder Wäinzoossiss mat Moschterzooss, Bratwürste in Senfsauce. Er hatte all seinen Stammkunden vom »Roude Léiw« erzählt – und da sich in der kleinen Stadt alles schnell herumsprach, wusste jeder Liebhaber frittierter Köstlichkeiten inzwischen, dass er hier sein würde. Kieffer fischte eine Ducal aus seiner Lederjacke. Vielleicht musste er doch eine weitere Fuhre der sündhaft teuren »Rose de France« bestellen. Sie schmeckten einfach am besten, und es galt schließlich, seinen Ruf als Kichelchen-König zu verteidigen.
    »Apropos Reservierungen, ich brauche für morgen Abend um sieben noch einen Tisch.«
    »Für dich?«
    »Ja. Pekka kommt vorbei. Und Valérie. Warum lachst du?«
    Claudine nahm ein Klemmbrett von der Wand und trug die Reservierung ein. »Na, weil es komisch ist! 19 Uhr, Valérie G-A-B-I-N. Ich werde das Personal informieren, damit man ihr etwas Kaviar auf die Gromperekichelchen streicht.«
    »Sie ist überhaupt nicht so«, brummte Kieffer. »Sie mag ehrliches Essen.« Trotzdem musste er zugestehen, dass Valérie in der Imbissbude für Außenstehende tatsächlich eine seltsame Vorstellung sein mochte. Nachvollziehbarerweise wollte Kieffer Valérie seinen Stand auf der Kirmes zeigen. Aber die Französin war eben nicht nur seine Freundin, sondern auch die Chefin des

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