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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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zu finden.«
    Er blickte auf. »Wir haben ihn uns zusammengeklaut.«
    »Sie haben die Algorithmen mehrerer Firmen gestohlen.«
    »Ja, das stimmt. Fünfundachtzig Prozent aller an der CBOT gehandelten Weizenkontrakte werden inzwischen über Enlightment, Silverstein, Melivia oder deren Stellvertreter abgewickelt. Bei Hopfen sind es siebenundachtzig Prozent, bei Soja fast neunzig. Alle diese Aufträge werden von Handelscomputern der drei Firmen auf Basis von Algorithmen abgewickelt, ohne menschliches Zutun. Wenn Sie die Modelle der drei Firmen im Detail kennen und deren komplette Programmcodes miteinander verknüpfen, können Sie daraus ein universales Modell bauen. Dann wissen Sie genau, wie der Rohstoffmarkt funktioniert, denn diese drei sind der Markt.«
    Er zündete sich eine weitere Marlboro an. »Wir haben die Realität also nicht mithilfe der Mathematik abgebildet – wir haben sie stattdessen selbst gestrickt«, fuhr Kats fort. »Statt zu versuchen, die unbekannte Marktmaschinerie durch Betrachtung von außen zu verstehen, haben wir uns die Maschine einfach selbst gebaut. Philosophisch ist das ganz interessant, nicht wahr? Als wir alle gestohlenen Programmcodes zusammengeführt hatten, konnten wir genau nachvollziehen, warum etwa der Computer von Silverstein bei einem bestimmten Preisniveau Weizen abstößt oder zukauft. Damit konnten wir die Kursbewegungen vorhersagen – und sie auch manipulieren.«
    »Und das war die Idee Ihres Bruders?«
    »Auch meine. Aron war zwar viel intelligenter als ich, aber er versuchte das Problem eben so zu lösen, wie er alles löste: mit Mathematik. Mir hingegen war früh klar, dass man den Stein der Weisen, so es ihn denn gibt, nicht mithilfe von Regressionsgleichungen bekommt. Sondern nur, indem man beherzt und ohne Skrupel zugreift.«
    Er nahm einen großen Schluck von seinem Bier. »Es gibt Dinge auf der Welt, die kriegt man nur, wenn man die Regeln bricht.«
    »Und mit diesem Stein der Weisen, dieser Quant-Wahrheit, da wollten sie Melivia in die Knie zwingen?«, fragte Kieffer.
    »Ich will es immer noch. Nun erst recht, um Aron zu rächen. Aber ich kann es nur, wenn Sie mir dabei helfen.«
    »Wie könnte ich Ihnen helfen?«
    »Aron und ich wollten sichergehen, dass niemand unsere Codes entschlüsseln kann, dass niemand die Formeln in die Finger bekommt. Was Ihr Kumpel Sundergaard mit unserem Tablet angestellt hat, ist nämlich harmlos gegen das, was man mit dem kompletten Modell anrichten könnte. Der gesamte Markt läge einem zu Füßen. Außerdem war geplant, dass Aron sich nach Südamerika absetzt, während ich hier den zweiten Teil unseres Plans umsetze. Wir wussten ja, wozu Melivia fähig ist. Deshalb hat er mir die notwendigen Informationen auf einer Keycard hinterlassen. Aber dann hat Scholz, dieses Schwein, ihn von seinen Bluthunden jagen und von der Brücke werfen lassen. Und die Keycard ist bei Ihnen gelandet. Sie haben die Voicebox abgehört, Mister. Sie besitzen die Schlüssel.«
    »Die Nachricht auf der Box war sehr kryptisch. Ich bin ehrlich gesagt nicht dahintergekommen.«
    »Vermutlich war sie so strukturiert, dass nur ich sie verstehen kann. Es sind vier Schlüssel, richtig?«
    Kieffer nickte, aber er sagte nichts. In seinem Bauch rumorte es, und er wusste nicht, warum. Weil er dieser redegewandten Version von Aron Kats nicht traute? Oder weil er keine Lust hatte, noch tiefer in die Sache hineingezogen zu werden? Sein Zögern sprach offensichtlich Bände, denn Kats sagte: »Sie trauen mir nicht. Nein, nein, sagen Sie nichts. Ich verstehe, wie bizarr das alles auf Sie wirken muss. Und möglicherweise haben Sie gewisse Dinge über mich gehört.«
    »Wie zum Beispiel?«
    »Ich weiß, dass die Polizei mich wegen dieses gefälschten Führerscheins auf dem Kieker hat. Und die Sache mit dem Casino …«, er beobachtete Kieffers Reaktion, »… ist Ihnen also auch bekannt. Ich bin wahrlich kein Engel. Anders als mein Bruder trinke ich gerne, ich gehe gerne unter Leute. Und ich bin Computerexperte.«
    »Sie sind ein Hacker mit wenig Skrupeln.«
    »So könnte man wohl sagen. Aber ich bestehle niemanden. Stattdessen mache ich Firmen wie Silverstein und Melivia das Leben schwer, verantwortungslosen Großkonzernen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber deren Betrügereien durch Hacks aufzudecken und die Beweise für alle sichtbar im Netz hochzuladen, ist zumindest in meinen Augen kein Verbrechen. Sondern eher ein Dienst an der Menschheit.« Er schaute Kieffer an.

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