Letzte Fischer
harte Drohungen. Skrupellos sind sie, denn diese Hooks können beim Töten sogar lachen und singen. Daher besiegen sie auch immer die alten Hooks, die unverkleidet sind. Die Peter Pans können alle Schätze stehlen, die andere angesammelt haben, aber sie können mit diesen Schätzen nichts anfangen. Sie haben sich darauf spezialisiert, mit jugendlicher Unbekümmertheit das Vertrauen Fremder zu erobern. Diese Eroberungen sind ihnen die besten Trophäen, die sie aber sofort wegwerfen, sobald sie sie in den Händen halten. Sie sind angewidert von den Hüllen, aus denen sie das Vertrauen gerissen haben. Sie verlassen diese missbrauchten Menschen, erinnern sie sie doch an die eigene Vergangenheit, als ihnen das Urvertrauen von den Eltern geraubt wurde. Konflikte werden niemals ausgetragen, die Degen werden gezückt. Es werden nie viele Worte gemacht, gezielte Versprechen und Lügen durchbohren treffsicher die Herzen der Eroberten. Mit der Eroberung selbst können sie nichts anfangen, sie verschenken die Schätze, fehlt ihnen doch Selbstliebe und Verantwortungsbewusstsein. Peter Pans machen keine Kompromisse. Sobald das Vertrauen herausgerissen ist, gehen sie leise und ohne sich ein einziges Mal umzudrehen. Piraten sind heimatlos. Sie bleiben nie lange an einem Ort, sie bleiben nie lange in einem anderen Leben. Sie selbst vertrauen nicht, fressen aber das Vertrauen ihnen freundlich gesinnter Menschen. Sie sind ständig dabei, sich zu verabschieden und zu versprechen, wiederzukommen. Ihr Weg ist gesäumt von Abschieden, und um alles, wo Ankunft lauert, schlagen sie einen Bogen. Sehnsucht nach einem Zuhause darf nicht erfüllt werden, da man sich zu Hause offenbaren müsste und Vertrauen geben müsste, das man nicht hat. Rastlosigkeit ist unstillbar, die Suche nach Seelenfrieden ist Lebensmotor, der ständig geölt werden muss. Sie sind alle Fliegende Holländer , die an Land kläglich versagen. Groß sind sie nur in der Bedrohung, da sie als Kinder mit der Drohung verflucht wurden, einsam und allein zu bleiben. Sie sühnen die Sünden der Eltern, sie hoffen, je mehr Vertrauen sie missbrauchen, umso eher wird ihnen vergeben. Unruhe inmitten der Unbeständigkeit der See zu verbreiten, der See alles Leben zu rauben, das ist ihre Berufung. Sie sind Räuber in der Arbeitskleidung der Fischer, der Handlungsreisenden, der Soldaten. Raub ist ihr Daseinszweck. Sie wirken unschuldig, sie wirken sympathisch, sie spielen mit Charme und Anstand, um anderen Menschen das zu entreißen, was sie nicht kennen und womit sie nichts anfangen können: Vertrauen, meine Herren! Unter sich sind sie die großen Schweiger, an Bord gehen sie sich aus dem Weg und jeder lässt dem Anderen sein Spiegelzimmer. Sie zerfleddern die Fische, um sie zu verschenken, aber wenn sie alle sieben Jahre einmal von Bord dürfen, um die Liebe einer Frau zu finden, dann wüten sie in der Welt der Frauen, um so schnell wie möglich so viel Vertrauen wie möglich zerstören zu können. Mit letzter Kraft erreichen sie wieder die Planken des Schiffes, um weiter als Fliegende Holländer übers Meer zu eilen, und zurück von ihnen bleiben nur der Spuk und tausend gedemütigte Seelen. Sie haben einen eisernen Haken als Herz, mit dem sie alles herausreißen können, was sie wollen. Sie sind gegenüber den alten Kapitänen Hooks im Vorteil, weil diese nur einen eisernen Haken als Hand haben. Ein Peter Pan kennt weder Mitleid noch Mitgefühl. Diese Peter-Pan-Männer, die sich im Schatten der alleinerziehenden Mütter entwickeln, sind grausame Jungs, die nur das Mannsein spielen und Konsequenzen nicht kennen. Es sind die Amokläufer von morgen, meine Herren!«
»Moment, Herr Rösch! Sie geben den Müttern so rundum alle Schuld?«
»Ach was, es geht nicht um die Mütter! Es ging nie um die Mütter! Die können auch nicht aus ihrer Haut heraus. Es geht um die vaterlosen, vorbildlosen, mentorlosen Söhne, um die wir uns kümmern müssen, wenn wir nicht von ihnen vernichtet werden wollen. Es geht nicht um Schuld, es geht um das Ergebnis einer Vernachlässigung. Es geht um die Peter Pans, die so grausam zerfleischen. – Sie unterscheiden sich in Weiberhelden, Wettkämpfer und Herrschernaturen. – Weiberhelden, Männer also, die Frauen verführen, sie mundtot machen, die Frauen schlagen oder gar ermorden, tun das ja nicht aus einem sadistischen Vergnügen am weiblichen Schmerz heraus, sondern aus einem Gefühl der Schwäche. Sie sind gepeinigt von der Empfindung männlicher
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