Letzte Fischer
Stellvertreter. Thomas Stravic, ehemaliger Gebirgsjäger der tschechischen Armee im Range eines Oberleutnants.«
»Warum ist er da nicht mehr?«, fragte der Harpunier. »Ehemalig, das klingt immer so ein wenig nach Pfusch.«
»Die Tschechen haben nichts weniger als ihre Armee nach dem Zusammenbruch des Ostblocks verkleinert. Fehlende Geldmittel und die Aufnahme in die Europäische Union spielten dabei eine übergeordnete Rolle«, sagte Luise: »Und aus den gleichen Gründen, die von ihnen nicht zu verantworten sind, wurden auch die beiden Zwillinge Oleg und Bolek Opkurow ehrenvoll, wie ich betone, aus dem aktiven Armeedienst entlassen, in dem sie den Rang eines Leutnants bekleideten. Die Männer stehen unter meinem Kommando, weil ich eine ausgebildete Kampfschwimmerin bin. In der deutschen Bundesmarine hatte ich den Rang eines Leutnants inne. Auf persönlichem Wunsch bin ich ausgeschieden.«
»Warum?«, fragte der Baske . »Zu viele Männer?«
Er grinste, als er die anderen Walfänger lachen hörte.
»Das auch«, sagte Luise: »Aber was soll man machen, kriegt man eben nicht alle weg!« Im gleichen Augenblick zog sie die Standardpistole aus dem Halfter, ging leicht in die Knie, lud blitzschnell die Waffe durch und entsicherte sie, bevor sie, beide Hände an der Pistole, auf den Fahnenmast zielte, der sich hinter den Walfängern an der Heckreling befand. Die Männer duckten sich unwillkürlich, nur der Harpunier blieb unbeweglich stehen. Er und sein Zimmergenosse Tommy Rahr, der noch immer an etwas ganz anderes dachte, zeigten keine Reaktionen.
»Meine Herren Walfänger«, sagte Luise: »Man legt das Handgelenk in die freie Hand, so gewinnt man Ruhe und Stabilität. Die Ellenbogen drückt man nicht ganz durch, damit der Schuss in den Schultern nachfedern kann. Man zielt nach jedem Schuss neu. Wenn man auf Dauerfeuer gestellt hat, dann gibt man immer nur kurze Feuerstöße, nie ballert man das ganze Magazin leer, weil sich die Waffe dann verselbständigen würde. – Was Herrn Schwarzenegger im Film immer gelingt, das gelingt auch nur ihm.«
»Na«, sagte der Harpunier: »Jetzt reden wir aber von halbautomatischen Maschinengewehren, aber was Sie da in der Hand halten, kleine Lady, das ist eine stinknormale ›Makarov‹, Kaliber zwölf Millimeter.«
»Spezialkaliber neun Komma zwei mal achtzehn Millimeter, fette Lady«, sagte Luise und hielt einen Moment inne.
Die Walfänger lachten, ehe der Harpunier sie mit einem harten Blick zum Schweigen brachte.
»Wie dem auch sei«, fuhr Luise fort: »Im Ernstfall müssen Sie Sicherheitsteams bilden. Daher müssen wir jetzt die komplette Mannschaft in Teams zu je vier Mann aufteilen. Kapitän, wie viele Besatzungsmitglieder?«
»Zweiunddreißig.«
»Bootsjunge, zweiunddreißig durch vier?«, fragte Luise, und Tommys Gesicht wurde wieder rot: »Zweiunddreißig durch vier: acht. Acht!«
»Also acht Teams«, sagte Luise, ohne auf Tommys Verwirrung Rücksicht zu nehmen: »Die wichtigsten Teams sind das auf der Brücke, die an Bug und Heck, sowie das im Maschinenraum. Ich schlage vor: Team Eins: der Kapitän, ein Matrose als Steuernder und zwei Walfänger als Brückenabwehrwache. Herr Kapitän, wenn Sie bitte ihr Sicherheitsteam zusammenstellen?«
Sie sah ihn nicken und stumm auf drei Männer zeigen, die sich sofort zu ihm gesellten. Keine Diskussionen, keine Worte, die klare Sprache der Handelnden, das gefiel Luise. Sie nickte und sagte: »Team Zwei: der Erste Offizier, der Bootsjunge, zwei Mann von den Fängern. Bitte.«
Auch der Erste Offizier deutete schweigend auf die Betreffenden, die sich sofort zu ihm stellten, ehe Luise den Blick auf den Basken richtete: »Team Drei wird von Ihnen geleitet, Chefharpunier. Wenn ich um Ihre Auswahl bitten darf, drei Walfänger.«
Der Harpunier nickte und befahl: »Du! – Du! – Du! – Herkommen!«
»Das Team Vier ist das einzige, das sich während eines Überfallversuches unter Deck befinden wird. Es besteht aus dem Maschinisten, dem Hilfsmaschinisten, dem Smutje und dem Funker«, sagte Luise und sah auf den Maschinisten, dem sie so das Kommando über das Team Vier übergab.
»Der Funker hat seine Funkstation aber hinter der Brücke!«, sagte der Maschinist und sah dabei den Kapitän an, der grinsend die Schultern hob und sagte, der Mann solle sich an die Expertin wenden.
»Der Funker wird im Funkraum selbständig arbeiten, das heißt, er wird versuchen, Hilfe zu rufen«, sagte Luise: »Da es sich um einen der wichtigsten
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