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Letzte Fischer

Titel: Letzte Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Harry Altwasser
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    »So soll es sein!«, erhob der Kapitän feierlich die Stimme: »Hat jemand etwas gegen den Bordnamen Doppelbläser einzuwenden? – Ruhe, du nicht! – Wenn nicht, dann schweige er für immer! – Hat jemand etwas gegen die Taufe dieses Bootsjungen einzuwenden, den sie an Land nur Rahr nennen, Tommy Rahr? – Nein? – Dann soll er hiermit getauft und Teil unserer Mannschaft sein! – Jeder von uns wird ihn mit Leib und Leben vor der Allmacht der See schützen, und er wird jeden von uns mit Leib und Leben vor der Allmacht der See schützen! – So soll es sein! – Und nun trink! Doppelbläser , vollwertiges Mannschaftsmitglied der Rimbaud !«
    Erst leise, doch schnell wurden die Anfeuerungsrufe lauter und heftiger und schließlich rhythmisch. Sogar der Smutje und die Mechaniker waren aufs Flensdeck gekommen und schrien freudestrahlend mit. Es war ehrliche Freude, begriff Tommy. Sie schienen sich wirklich zu freuen, ihn dabeizuhaben! Und, verdammt noch mal, dann eben Doppelbläser ! Er musste daran denken, was Güni zum ihm gesagt hatte, als er sich an Bord des Schiffes gemeldet hatte: ›Warte nur ab, was sie dir für einen Namen verpassen, warte nur ab!‹
    Und da hinten stand der Aushilfsmatrose Güni und grinste weise.
    »Scheiß drauf!«, sagte Tommy und nahm die Thermoskanne. Er trank einen guten Schluck und rief: »Mein Name sei Doppelbläser ! Verdammt noch mal, ihr Wichser!«
    Und jetzt wurde aus dem Grölen ein Freudengeheul. Die Männer feixten und wurden ausgelassen wie Kleinkinder. Sie rissen sich die Kanne von den Lippen, und jeder wollte mit Doppelbläser anstoßen. Als letzter nahm der Baske die Kanne und fragte: »Alles gut?«
    »Alles gut!«, sagte Tommy: »Was nützt das Leben schon, wenn man keine Menschen hat, für die man sterben würde!«
    »Horch, horch!«, sagte der Kapitän: »Ich schätze, das hat mal wieder dein Vater vom Stapel gelassen!«
    »Nein, verdammt noch mal, das ist die Weisheit von Doppelbläser !«, rief er aus und musste jetzt sogar über diesen völlig bescheuerten Namen lachen: »Das ist das erste wahre Wort von mir!«
    Der Kapitän nickte, ehe er der Zeremonie ein Ende machte: »Männer! Der Wal wartet! Wir haben eine Quote zu erfüllen, und wir haben Familien zu ernähren! – An die Arbeit!«
    »Was wird mit dem Kleinen?«, fragte der Vorarbeiter der Zerteiler: »Wenn die Kontrolleure davon Wind kriegen?«
    »Der Kleine wird auch zerlegt«, entschied der Kapitän: »Das Fleisch wandert in unsere Mägen, so sparen wir die Lebensmittel für die nächste Fahrt. Oder wir verkaufen das Zeug schwarz und teilen. Der Blubber wandert mit in den Kocher. Weg ist weg!«
    »Aye, aye!«, sagte der Vorarbeiter und nickte seinen Leuten zu. Sie wischten sich noch einmal über die bärtigen Gesichter, als wolle man sich das Lachen verbieten, meinte Tommy, dann gingen sie zum Außenschott, wo in einer großen Metallkiste ihr Werkzeug verstaut war.
    Tommy sah ihnen einen Moment zu, unschlüssig, was er tun solle, als er den Kapitän seinen neuen Namen rufen hörte. Er drehte sich um, sah den Kapitän auf der Nock der Brücke und kam ein paar Schritte näher: »Ja, Sir !«
    » Doppelbläser ! Sie gehen nach vorn und klaren die Harpunenkanone auf. Die Leinen aufschießen und alles griffbereit aber seefest zurren! Dann beim Flensen mithelfen! Lassen Sie sich einweisen!«
    Verlegen nickte Tommy, zum ersten Mal hatte der Kapitän ihn mit ›Sie‹ angeredet, und ein wenig kam er sich daher schon wie auf der Ghost vor. Oder wie auf der Pequod . Falls es die wirklich gegeben hatte. Er wusste ja, dass das, was dieser Melville beschrieben hatte, in Wirklichkeit auf der Essex passiert war. Am zwanzigsten November achtzehnhundertzwanzig ging ein Wal zum Angriff über und versenkte den Walfänger Essex . Dieser Wal war nicht weiß gewesen, aber er war ein Muttertier gewesen. Und stinksauer! Genau wie heute! Beschrieben von Owen Chase, erster Maat und einer von nur zwanzig Überlebenden. Tommy kannte sie alle, die Geschichten vom Walfang. Die wahren und die erfundenen, aber das genügte ihm nicht. Eines Tages werde er die Geschichte von Doppelbläser und Blubberstadt erzählen. Was Namen so ausmachten! Er schüttelte den Kopf und kletterte auf die Vorpieck der Rimbaud .
    Während er das Abschussgerät säuberte, sah er es sich genauer an. Die Harpunenkanone musste mehr als zwanzig Jahre alt sein. Sie sah zwar wie fünfzig aus, aber das mache das Salzwasser, wusste Doppelbläser . Im Großen und

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