Letzte Fischer
Doppelbläser !«, jetzt lachte der alte Walfänger und schlug sich auf die Schenkel, ehe er den Kopf schüttelte und sagte: »Weißt du, warum? Du weißt nicht, warum es zwei Fontänen gab, oder? Du Spezialist, du!«
Tommy schob die Stirnhaut in Falten, ehe er sagte: »Wenn du es mir nicht sagen willst, dann behalte es für dich! Aber nerv mich nicht!«
» Doppelbläser ! – Junge, Junge, das waren die Fontänen von Mutter und Kind! Zwei Fontänen, klar, weil es zwei Tiere waren! Da hat dich der Chefharpunier ja ganz schön verarscht. Doppelbläser ! Ha!«
Der alte Mann konnte sich gar nicht beruhigen, er lachte noch immer, als er sagte: »Im Hafen von Havanna, da hatte ich mal einen Doppelbläser, UND der hatte sogar vier Brüste! Kannst du dir das vorstellen, Junge?«
»Ach, leck mich am Arsch!«, sagte Tommy, der merkte, es blieb ihm gar keine Zeit, um den jungen Wal zu trauern, den er getötet hatte. Er stieß sich von der Reling ab, sagte, der alte Schmelzer solle die Klappe halten, und ging zum Flensdeck.
Doch als er dort ankam, hatte der Witz schon die Runde gemacht, und der Bootsjunge bekam eine Ahnung von der Schnelligkeit eines Gerüchts an Bord eines Schiffes, auf dem es nur wenige Neuigkeiten gab. «He, Doppelbläser , da bist du ja!« grüßte ihn einer der rauchenden Fänger. Sie standen an der Heckreling, über der noch geschlossenen Heckklappe, und ließen eine Thermoskanne mit Kaffee herumgehen, aus der sie ohne Becher tranken.
»Hier«, sagte der Baske und reichte sie ihm: »Trink, bevor dir kalt wird.«
Bootsjunge Tommy schüttelte den Kopf, war beleidigt, aber das nützte ihm nichts, der Chefharpunier bestand darauf, so dass der Junge einen Schluck nahm und augenblicklich das Gesicht verzog.
»Was ist da denn drin?«, fragte er.
»Bisschen Rum, hat noch niemandem geschadet.«
»Ich dachte, Alkohol ist verboten an Bord.«
»Nur in Ausnahmefällen nicht.«
»Was für eine Ausnahme?«
»Warte es ab, Junge, warte es ab und frag nicht so viel! Wer zuviel fragt, bleibt doch nur dumm!«
Tommy ahnte, was sein Zimmerkamerad damit meinen könnte, und nickte, als oben das Brückenschott aufgestoßen wurde. Ein wenig später stakste der Kapitän breitbeinig die Nocktreppe runter und stellte sich zu den Männern.
»Gute Arbeit!«, sagte er, sah erst den Basken an, dann den Bootsjungen: »Guter Schuss!«
Tommy nickte, er spürte, es liege etwas in der Luft. Er spürte es deutlich. Warum, zum Teufel, sahen die Männer den Kapitän so erwartungsvoll an? Was wurde hier gespielt?
Der Kapitän ließ sich die Thermoskanne geben und winkte den Jungen zu sich heran. Misstrauisch kam Tommy zu ihm. Jetzt merkte er deutlich, wie die Männer voller Erwartung inne hielten. Was, zum Teufel, geschah hier? Warum hatte sein Vater ihm nichts davon gesagt? Wovon, zum Teufel noch mal?
»Du hast deine erste Prüfung bestanden«, sagte der Kapitän: »Halt still!«
Der Mann hielt die offene Thermoskanne über Tommys Kopf und sagte: »Daher bist du ab heute ein volles Mitglied unserer Besatzung! Und dein Bordname ist ab heute – DOPPELBLӒSER !«
Ein Prusten und Lachen brach aus den Männern heraus, als der Kapitän Tommys Mütze nahm und ihm einen kleinen Schluck auf die Haare goss. Tommy spürte die vielen Schläge auf den Oberkörper, herzhafte Schläge im allgemeinen Grölen der Mannschaft. Shit! Verdammt noch mal! Er hatte sich so gute Spitznamen überlegt, und nun das! Nicht zu fassen. Wutentbrannt sah er dem Kapitän in die Augen, der aber nur gutmütig lachte.
› Doppelbläser , ich glaub es nicht, dieses Arschloch! Das hat der sich doch vorher überlegt‹, dachte Tommy und suchte mit den Augen das Gesicht des Basken , der ein wenig abseits stand und zufrieden grinste. Der Junge kniff die Augen zusammen.
Der Baske nickte Tommy zu, doch der Junge brüllte ihn an: »Du hinterfotzige Fotze! Und dein Name ist ab heute Fotzenfotze !«
Allerdings verschärfte dies das Gelächter nur noch. Er ärgerte sich, und darüber freuten sich die Männer. Tommy sah den Kapitän an, fast flehend, der aber hielt ihm die Thermoskanne mit dem Kaffee-Rum-Gemisch vor das Gesicht und sagte: »Trink zuerst und besiegle damit deine Bordtaufe!«
Zwar schüttelte Tommy den Kopf, aber das half nichts. Die Kanne kam nur noch dichter an sein Gesicht. Der Kapitän war auf See Richter und Herrscher, er wusste es, es gab auf See vor dem Wort des Kapitäns keine Rettung. Er war nicht nur Gottes Stellvertreter, er war sogar
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