Letzte Fischer
das die Kollegen aus dem Raum trieb, wenn er sich an den Geräten abarbeitete. Er wusste es. Sie mochten sein Stöhnen nicht. Es sei ihnen dann, als vergewaltige er sie, hatte ihm der schmalbrüstige Funker gesteckt. Und seitdem stöhnte er nur noch inbrünstiger, zutiefst intim, was in den anderen männlichen Ohren einfach nur widerlich klang.
In den Pausen zwischen den Serien dachte er wie immer an das Mädchen, an das erste Mädchen, das er gehabt hatte, da war er selbst noch ein Junge gewesen. Das Mädchen hatte mit dem Rücken gegen die alte Dorfeiche gelehnt, es war stockdunkel gewesen, und er selbst war so voller Wille gewesen! Doch die Kraft seiner Oberschenkel hatte damals nicht gereicht! Vor lauter Anstrengung war ihm der Schwanz wieder weich und klein geworden, während das Mädchen ihn schließlich höhnisch angesehen und gefragt hatte, ob er denn auf Jungs stehe? Sie habe doch schöne Brüste. Schwups, da hatte sie eine erste Ohrfeige abbekommen, und schwups und schwups und schwups. Sie hatten ihn aus dem Dorf vertrieben, aus dem Dorf, in dem er doch geboren worden war; aber eines Tages! Dann werde der Riese unter der Eiche stehen, und alle im Dorf werden ihn herzlich begrüßen. Sie werden einen Festtag nach ihm benennen, weil er nicht mit leeren Händen kommen werde. Wenn sie erst sahen, was ein Hochseefischer so in zehn, fünfzehn Jahren zusammensparen konnte! Wieder umfasste der Riese die Stange und stemmte die Gewichte hoch. Bis zu zehn Mal.
Diese Knospenbrüste ! Dieser kleine, griffige Hintern, diese vollen Lippen, die ihm unanständige Sachen ins Ohr keuchten, lange und braune Haare, und dann das Zittern in den Knien, das Vibrieren in den Oberschenkeln, das Abwerfen des Mädchens!
Unter einem großen Keuchen brachte Kroatischer Riese die Stange noch ein fünfzehntes Mal hoch und ließ sie einrasten. ›Man müsste die Zeit zurückdrehen können‹, dachte er, ›damit man sich die Punkte holen kann, die man als Junge vergeigt hat!‹
Und während er die Füße gegen die Metallplatte eines anderen Gerätes stellte und mit den Beinen Gewichte stemmte, eine Übung, die ihm harte Oberschenkel bringe, Oberschenkel, mit denen er Nüsse knacken könne, süße und feuchte und zärtliche Nüsse, da sang er grinsend: »›Von Nutten geliebt, von Jungfern gehasst, / die Heuer versoffen, verhurt und verprasst, / von außen vergammelt, von innen auf Draht, / so sind die Jungs vom Fischkombinat!‹«
Noch einmal sang er diesen Refrain, während der Funker seinen Spruch durchgab: »Halte aus, Mutter – stopp – Noch zwei Jahre – stopp – Dann ist das Geld für deine OP zusammengespart – doppelt stopp!«
Langsam fragte sich der Funker, ob es die Mutter vom Kroatischen Riesen wirklich gab, sendete dieser doch diesen wortgleichen Funkspruch nun schon seit über acht Jahren. Woche für Woche.
Ob er mal zwecks Nachforschungen seine alten Verbindungen aufleben lassen sollte? Er könnte so auch unauffällig in Erfahrung bringen, ob die Kontakte noch bestanden oder gekappt worden waren. Der Funker überlegte, während er den Zettel weglegte und sich den vom Smutje vornahm. Schnell war er abgelenkt, handelte es sich doch um eine dreiseitige Nachricht, in der es ausschließlich ums schwule Liebesleben ging. ›Viel zu lang eigentlich‹, dachte der Funker und seufzte: ›Aber wir haben ja Flaute!‹
»Was? Bitte um Wiederholung!«, kam es aus dem Äther.
»Hast schon richtig verstanden«, antwortete der Funker: »Dein Liebespfand – stopp – der Dildo – stopp – ist leider putt – doppelt stopp.«
Gelächter, das sich schnell über den ganzen Globus ausbreitete, aber nur von einer Handvoll Menschen wahrgenommen wurde.
Denn nichts seien Worte ohne das Wissen, und nichts sei das Wissen ohne das Schweigen, meinte Opernsänger , als er einen Lichtstrahl verursachte, der die Finsternis spaltete, die in der Messe herrschte. Schnell trat er ein und schloss das Schott wieder, ungeduldig, nicht ans Fließband zu können, nicht singen zu können, ja, noch nicht einmal dirigieren zu können.
Über der Ausgabe waren zwei kleine Lampen, die ein mattes, grünes Licht auf die Metallbehälter strahlten. Opernsänger ging dorthin, bemüht, das Schweigen der vielen Männer nicht zu stören, die gebannt zur provisorischen Leinwand sahen. Bis auf den letzten Platz war der Raum gefüllt, Stille und Dunkelheit hüllten alles ein, machten die Männer willenlos, während auch Opernsänger sich bemühte, beim Eingießen
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