Letzte Fischer
des Tees in einen Pott keine Geräusche zu erzeugen. Und während er mit dem Hintern gegen die Ausgabe gelehnt dastand, über die Männer hinwegsah, ab und an die Stehhaltung veränderte, schlürfte er geräuschlos den Tee, ehe er schließlich an den Suppe löffelnden Männern vorbeiging, die nach oben starrten, während ihnen immer wieder Tropfen der fettigen Flüssigkeit von den Lippen fielen, um sich auch an eine Back zu quetschen und sich vom ausgestrahlten Porno treiben zu lassen.
Manche Kollegen hielten mitten in der Bewegung inne, den Löffel auf halbem Weg zum Mund, um mit immer größer werdenden Augen das Geschehen zu verfolgen, doch Opernsänger kannte diesen Porno schon. Leises Gemurmel und Laute der Überraschung wechselten sich plötzlich ab, als wären sie alle in einem Kirchenschiff und suchten die Textstelle, die gleich zu singen sei, meinte Opernsänger . Er lächelte vor sich hin, sah nach oben und sagte: »Achtung, gleich kommt die Schwester hinzu!«
»Halts Maul! Du darfst die Spannung nicht kaputt machen!«, kam es aus der Dunkelheit zurück.
Süffisant entschuldigte sich Opernsänger , während der Funker seinen Spruch in die Heimat durchgab: »Ihr Angebot – stopp – Klingt interessant – stopp – Leider kann ich das von Ihnen gewünschte Diplom nicht vorlegen – stopp – Hoffe auf einen anderen möglichen Weg – doppelt stopp.«
Vom Porno genug gesehen hatte der junge Ismael Ükü, der seine erste Fahrenszeit auf der Saudade verbrachte. Während er leicht gekrümmt, mit vorgehaltener Hand und unter dem Gejaule der Männer die Messe verließ, stieg dem Teenager der Samen immer höher. Noch auf dem Längsgang hörte er das Stöhnen der sieben Frauen, und alles schwirrte ihm vor den Augen. Leer wurde sein Kopf, als er sich beeilte, ins Deck zu kommen, um sich auf die untere Koje zu werfen und Sekunden später die klebrige Unterhose auszuziehen.
»Oh, Mann!«, flüsterte er, während er sich neues Zeug anzog.
Über ihm lag Knirschender , der sich auf die andere Seite warf und so das Kojengestell bedenklich zum Wackeln brachte, als er sagte: »Man müsste noch mal sechzehn sein!«
Ismael grinste, setzte sich auf die Kojenkante und stand auf. Während er entspannt zum Tisch der Zweierkabine ging, sagte er: »Mit sechzehn hast du doch bestimmt auch schon so faul herumgelegen wie heute! – Einmal Penner, immer Penner!«
»Stimmt auch wieder!«, sagte Knirschender , warf sich unter Ächzen erneut auf die andere Seite und schob den fetten, haarigen Unterarm unter den Kopf, doch an Schlaf war nun nicht mehr zu denken.
Er brachte den schwabbelnden Leib von der Koje herunter und setzte sich dem Jungen gegenüber. Sie rauchten und sahen ab und an zum Bullauge hoch, wo das Licht träge verlosch.
»Schätze, es wird bald dämmern«, sagte Fetter , worauf der Junge antwortete, es dämmere schon seit Minuten! Er habe mal wieder nichts mitbekommen. Einmal Penner, immer Penner!
»Stimmt auch wieder«, sagte Fetter , dem die Brusthaare, Nackenhaare und Achselhaare unterm Unterhemd hervorlugten. Das Fett, das sich wellenförmig unter der Haut abzeichnete, wackelte bei jedem Atemzug des Mannes, der im Schlaf mit den Zähnen knirschte wie kein zweiter. Er drehte sich auf dem schmalen Stuhl halb herum, holte aus dem offenen Spind den Webrahmen und stellte ihn auf den Tisch.
Der Rahmen war sechzig mal siebzig Zentimeter groß, zur Hälfte war der Wandteppich schon fertig, und Ismael hatte Knirschenden sagen hören, er werde das Dutzend Teppiche wohl schaffen, wenn diese ruhige Zeit anhalte, die Flaute gekoppelt an die Leertage.
›Der alte Sack!‹, dachte Ismael, dem die Warterei auf die Nerven ging. Nichts gab es für ihn zu tun. Diese vermaledeite Flaute! Er schlug mit der Faust auf den Tisch, während Knirschender mit den Zähnen zu malmen begann und mit den fetten Fingern flink die kurzen Bändsel durch die Fäden des Rahmens jagte: Türkisblaues Meer, weiße Dreiecke vieler Einmaster, im Hellblau des Himmels winzige Möwen, rote und gelbe Sonnenstrahlen und ein lila Band, das sich unten als Reihung vieler Seemannsknoten von rechts nach links schwang und auf dem ›Scher aus!‹ stand, daraus bestanden die Teppiche, die Knirschender in Serie produzierte und übers Internet verkaufte. Er versenkte sich in seine Arbeit, während Ismael aufstand und wenig später das Schott öffnete.
»Es gibt keine großen Männer«, hörte er Fetten sagen: »Es gibt bloß Männer.«
Der Junge warf das Schott
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