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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Romancier eigentlich gar nichts Autobiographisches mehr geschrieben, wie er meinte.)
    Der Koch fand die Stelle nicht, die er in
Zärtliche Sippschaft
gesucht hatte. Er stellte den dritten Roman seines Sohnes wieder ins Bücherregal und warf einen kurzen Blick auf den vierten - den »Ruhmbringer«, wie Ketchum ihn nannte. Tony Angel sah sich
Die Kennedy-Väter
nur ungern an - das Buch mit der falschen Katie, wie er es innerlich nannte. Der Roman hatte seinen Sohn nicht nur berühmt gemacht, er war auch ein internationaler Bestseller und das erste Buch von Daniel, das verfilmt worden war.
    Fast alle fanden den Film gar nicht übel, auch wenn er längst nicht so erfolgreich wie der Roman war. Danny mochte zwar den Film nicht, hasste ihn aber auch nicht, wie er sagte, sondern wollte nur in keiner Weise in die Verfilmung involviert sein. Er sagte auch, er wolle nie ein Drehbuch schreiben und von keinem weiteren seiner Romane je die Filmrechte verkaufen - außer jemand schriebe vorher ein halbwegs ordentliches Drehbuch und gäbe es ihm zu lesen.
    Seinem Dad hatte der Schriftsteller erklärt, dass das Filmgeschäft genau umgekehrt funktioniere; grundsätzlich würden die Rechte für die Verfilmung eines Romans verkauft, bevor ein Drehbuchautor überhaupt mit dem Projekt befasst sei. Wenn er als Schriftsteller darauf bestehe, ein fertiges Drehbuch zu sehen, ehe er den Verkauf der Rechte an seinem Roman auch nur in Betracht ziehe, sorge er mit ziemlicher Sicherheit dafür, dass nie wieder eines seiner Bücher verfilmt werde - jedenfalls nicht zu seinen Lebzeiten.
    »Offenbar hat Danny die Filmfassung von
Die Kennedy-Väter
doch gehasst«, hatte Ketchum dem Koch gesagt.
    Aber der Holzfäller und der Dad des Schriftstellers mussten aufpassen, was sie in Gegenwart des jungen Joe über
Die Kennedy-Väter
sagten. Danny hatte den Roman seinem Sohn gewidmet. Ketchum und der Koch waren immerhin zufrieden, dass das Buch nicht
Katie
gewidmet worden war. Natürlich wusste Danny, dass die beiden alten Freunde nicht gerade Fans seines berühmten vierten Romans waren.
    Es war nur natürlich, hatte eine von Daniels Verlegerinnen dem Koch erzählt - eine der ausländischen, älteren Frauen, mit denen der Schriftsteller geschlafen hatte -, dass man jeden Roman, den Danny Angel nach
Die Kennedy-Väter
schrieb, dafür kritisieren würde, dass er nicht an den berühmten vierten Roman heranreichte, der ihm den Durchbruch brachte und zu einem Megaseller wurde. Dennoch tat sich Danny keinen Gefallen mit seinem fünften Roman, der sowohl derb als auch sexuell verstörend war. Und, wie mehr als ein Kritiker schrieb, der Autor hatte ein exzessives Faible für Semikolons; sogar im Titel hatte er eins untergebracht!
    Er war einfach dumm, dieser Titel -
Die alte Jungfer; oder die keusche Tante
hatte Daniel das Buch genannt. »Heiliger Dünnschiss!«, hatte Ketchum den Bestsellerautor angeschrien. »Hättest du dich nicht für eins von beiden entscheiden können?«
    In Interviews sagte Danny immer, der Titel spiele auf die Sorte altmodischer 19.-Jahrhundert-Geschichten an, wie dieser Roman eine erzähle. »Blödsinn«, hatte der Koch seinem Sohn an den Kopf geworfen. »Bei dem Titel glaubt man, du könntest dich nicht entscheiden.«
    »Egal, wie die Dinger heißen mögen, sie sehen aus, als hätte jemand eine Fliege über dem Komma zerquetscht«, sagte Ketchum zu Danny über die vielen Semikolons. »Ich schreibe zwar nur Briefe an dich und deinen Dad, aber davon hab ich 'ne ganze Menge geschrieben, und ich glaube nicht, dass ich in all den Briefen zusammen so viele von den blöden Dingern verwendet habe wie du auf irgendeiner Scheißseite dieses Romans.«
    »Sie heißen Semikolons, Ketchum«, sagte der Schriftsteller.
    »Ist mir egal, wie sie heißen, Danny«, sagte der alte Holzarbeiter, »ich sag dir bloß, du benutzt zu viele davon!«
    Was Ketchum und den Koch jedoch an Danny Angels fünftem Roman wirklich störte, war natürlich die verfluchte Widmung -»Katie, in memoriam«.
    Tony Angel konnte Ketchum dazu nichts weiter sagen als: »Diese Callahan-Fotze hat meinem Sohn das Herz gebrochen und meinen Enkel im Stich gelassen.« (Es war, wie Ketchum wusste, der falsche Zeitpunkt, seinen Freund darauf hinzuweisen, dass sie seinen Sohn dafür aus dem Krieg rausgehalten und ihm einen Enkel
geschenkt
hatte.)
    Ganz zu schweigen von dem, worum es in
Die alte Jungfer; oder die keusche Tante
ging, dachte der Koch, als er den Roman auf seinem Bücherregal in der

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