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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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unterrichtet; der Roman konzentriert sich auf die letzte Begegnung des Protagonisten mit seinem ehemaligen Englischlehrer bei einer Striptease-Show im Old Howard Theatre. Nach Ansicht des Kochs war das ein zu unbedeutender Zufall, als dass man darauf ein ganzes Buch aufbauen konnte - die beiderseitige Scham und Verlegenheit des ehemaligen Schülers (der jetzt das Internat in Exeter besuchte und ein paar Freunde von dort dabeihatte) und der Figur, die eindeutig auf Mr. Leary beruhte. Wahrscheinlich hatte sich diese Episode im Old Howard wirklich zugetragen, wenigstens glaubte das der Vater des Romanciers.
    Der dritte Roman erschien 1975, nachdem die drei aus Iowa zurück nach Vermont gezogen waren. Der Koch fragte sich, ob man nur in seiner Familie fälschlicherweise angenommen hatte, dass mit »zärtliche Cousinen« Cousinen gemeint waren, die an ihren Cousins sexuell interessiert oder mit ihnen verbandelt waren. Dannys dritter Roman hieß
Zärtliche Sippschaft.
    Der Koch war erleichtert, dass sein Sohn diesen dritten Roman
nicht
seinen Cousinen aus den Familien Saetta und Calogero gewidmet hatte, weil die männlichen Mitglieder dieser Familien vielleicht nicht begriffen hätten, dass die Widmung als ironische Anspielung gemeint gewesen wäre. Die Geschichte drehte sich um die ersten sexuellen Erfahrungen eines Jungen in Bostons North End; er wurde von einer älteren Cousine verführt, die als Kellnerin in dem Restaurant arbeitete, in dem der Junge manchmal als Hilfskellner aushalf. Die ältere Cousine in dem Roman war, wie der Koch wusste, eindeutig diesem Flittchen Elena Calogero nachempfunden - besser gesagt, die äußeren Merkmale dieser Figur trafen genau auf Elena zu. Doch sowohl Carmella wie auch der Koch waren sich ziemlich sicher, dass Daniel seine ersten sexuellen Erfahrungen mit Carmellas Nichte Josie DiMattia gesammelt hatte.
    Der Roman könnte auch ein reines Phantasiegespinst oder Wunschdenken sein, vermutete der Koch. Doch manche Details machten dem Vater des Schriftstellers besonders zu schaffen, beispielsweise wie die ältere Cousine die Beziehung zu dem Jungen abbrach, als dieser aufs Internat ging. Die Kellnerin erzählte dem Knaben, eigentlich habe sie die ganze Zeit den
Vater
des Jungen vögeln wollen - nicht den Jungen. (Über die Figur des Vaters erfuhr man in dem Buch wenig; recht vage wurde er als »neuer Koch« in dem Restaurant erwähnt, in dem sein Sohn Hilfskellner war.) Der verschmähte Junge reiste ab ins Internat, voller Hass auf seinen Vater, weil er sich vorstellte, dass die ältere Cousine früher oder später seinen Dad verführen würde.
    Das konnte doch wohl nicht wahr sein - das war ungeheuerlich!, dachte Tony Angel, während er in dem Buch nach der Stelle suchte, wo der Junge sich aus dem Fenster des anfahrenden Zugs lehnt, während sein Vater auf dem Bahnsteig der Bostoner North Station zurückbleibt. Plötzlich erträgt der Junge den Anblick seines Vaters nicht mehr und widmet seine Aufmerksamkeit der Stiefmutter. »Ich wusste, wenn ich sie das nächste Mal sah, hatte sie wahrscheinlich ein paar Pfund zugelegt«, schrieb Danny Angel.
    »Wie konntest du über Carmella so was schreiben?«, hatte der Koch seinen Schriftstellersohn angebrüllt, als er diesen kränkenden Satz zum ersten Mal las.
    »Es ist nicht Carmella, Dad«, erwiderte Daniel. (Zugegeben, die Figur der Stiefmutter in
Zärtliche Sippschaft
mochte nicht Carmella sein, aber Danny Angel hatte den Roman ihr gewidmet.)
    »Vielleicht hat man als Angehöriger eines Schriftstellers einfach Pech«, hatte Ketchum dem Koch gesagt. »Sieh mal, wir ärgern uns, wenn Danny über uns schreibt oder über jemanden, den wir kennen, aber wir ärgern uns auch über ihn, wenn er
nicht
über uns oder nicht richtig über sich selbst schreibt - über sein
wahres
Ich, meine ich. Ganz zu schweigen davon, dass er aus seiner verfluchten Ex einen besseren Menschen gemacht hat, als sie's je war!«
    Das stimmte alles, dachte der Koch. An Daniels Romanen fiel ihm auf, dass sie zwar autobiographisch, aber auch wieder
nicht
autobiographisch waren. (Danny sah das natürlich anders. Nach seinen literarischen Fingerübungen als Schüler, die er nur Mr. Leary gezeigt hatte - und diese Geschichten waren nichts weiter als eine verwirrende Mischung aus Autobiographie und Phantasie, beide überspitzt und für Danny heute beinahe ebenso »verwirrend«, wie sie es einstmals für den inzwischen verstorbenen Mr. Leary gewesen waren -, hatte der junge

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