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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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(»Dieser verdammte
Pazifist!«,
wie Ketchum ihn nur nannte) und Indianer-Jane vorkam.
    Die erste Cousine, die nach Maine fährt, bringt das Baby zur Welt und lässt es zurück; ein Kind zu bekommen, aber nicht zu wissen, was aus ihm wird, hat sie so mitgenommen, dass sie die
andere
schwangere Cousine beschwört, nur ja nicht ihrem Beispiel zu folgen. Dennoch fährt die zweite schwangere Cousine in dasselbe Waisenhaus nach Maine - nur will sie das Kind dort abtreiben. Das Problem liegt darin, dass die alte Hebamme vielleicht nicht mehr lange genug leben wird, um den Eingriff durchzuführen. Falls die junge, noch in der Ausbildung befindliche Hebamme die Ausschabung vornehmen müsste, hätte das für die Cousine vielleicht katastrophale Folgen. Denn die junge Hebamme beherrscht ihr Handwerk noch nicht gut genug.
    Ketchum und der Koch hofften, dass der Roman eine gute Wendung nehmen und der zweiten schwangeren Cousine nichts Schlimmes zustoßen würde. Doch da sie Danny Angels Romane kannten, schwante den beiden alten Lesern nichts Gutes. Und noch etwas bereitete ihnen Sorgen.
    Vor über einem Jahr hatte Joe auf der Northfield Mount Hermon ein Mädchen in Schwierigkeiten gebracht. Weil er einen berühmten Vater hatte - für einen Schriftsteller hatte Danny Angel einen hohen Wiedererkennungswert - und weil Joe bereits das Thema von Dannys nächstem Roman kannte, hatte er seinen Vater nicht um Hilfe gebeten. Die Abtreibungsgegner demonstrierten vor den meisten Kliniken und Arztpraxen, in denen Abtreibungen vorgenommen wurden; Joe wollte nicht, dass sein Dad ihn und das bedauernswerte Mädchen an so einen Ort fuhr. Was, wenn einer dieser selbsternannten Anwälte des Rechts auf ungeborenes Leben seinen berühmten Vater erkannte?
    »Kluger Junge«, sagte Ketchum zu Joe, als Dannys Sohn ihm geschrieben hatte. Seinem Großvater hatte Joe auch nichts sagen wollen, aber Ketchum bestand darauf, dass der Koch sie begleitete.
    Gemeinsam waren sie zu einer Abtreibungsklinik nach Vermont gefahren. Ketchum und der Koch saßen im Wagen des Kochs vorn; Joe und das traurige, verängstigte Mädchen hockten auf dem Rücksitz. Die Situation war doppelt peinlich gewesen, weil die beiden jungen Leute kein Paar mehr waren. Fast einen Monat bevor das Mädchen seine Schwangerschaff bemerkte, hatten sie sich getrennt, doch beide wussten, dass Joe der Vater des Kindes war. Was sie vorhatten, war richtig (wie der Koch und Ketchum fanden), aber es fiel ihnen schwer.
    Ketchum versuchte, sie zu trösten, stellte sich dabei jedoch - typisch Ketchum - recht ungeschickt an. Der Holzfäller sagte mehr, als er eigentlich wollte. »Eigentlich könnt ihr von Glück reden, Joe«, sagte er zu dem bedrückten Paar auf dem Rücksitz. »Als deinem Vater und einem Mädchen, das er kannte, das Gleiche passierte, waren Abtreibungen noch strafbar - und alles andere als sicher.«
    Hatte der alte Waldarbeiter vergessen, dass der Koch mit im Wagen saß?
    »Deshalb bist du also mit Danny und der kleinen DiMattia nach
Maine
gefahren!«, rief Tony Angel. »Hab ich mir's doch gedacht! Damals hast du behauptet, du wolltest ihnen den Kennebec zeigen - >den letzten großen Fluss, wo noch Flößerei betrieben wird<, wie du erzählt hast oder irgend so 'n Quatsch. Doch die kleine DiMattia war so dämlich, sie hat Carmella gesagt, du wärst mit ihr und Danny noch hinter
Bangor
gewesen. Und ich
wusste,
dass Bangor nicht mal in der Nähe des Kennebec liegt.«
    Ketchum und der Koch hatten sich den ganzen Weg bis zur Abtreibungsklinik gestritten; Demonstranten hatten davorgestanden, Joe hatte recht daran getan, seinen berühmten Vater dem nicht auszusetzen. Und auf der gesamten Rückfahrt - die Exfreundin und Joe verbrachten das Wochenende bei seinem Großvater in Brattleboro - hatte Joe sie auf dem Rücksitz im Arm gehalten, während sie schluchzte und immer weiterschluchzte. Sie war bestimmt erst 16, höchstens 17. »Es wird schon wieder«, sagte der noch nicht siebzehnjährige Joe dem armen Mädchen immerzu. Das hofften Ketchum und der Koch auch.
    Und nun waren beide Männer mitten im letzten Kapitel von
Jenseits von Bangor
steckengeblieben - Danny Angels Abtreibungsroman, wie man ihn später nennen sollte. Dem Koch war aufgefallen, dass die Figur, die den Jugendlichen (und dessen erste schwangere Cousine) nach Maine brachte, etwas von Ketchum hatte. Der Beschreibung nach erinnerte der freundliche ältere Mann den Koch außerdem an Tony Molinari, in dem Roman ist er der

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