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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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oder die keusche Tante
war 1981 erschienen. Er hatte oftdaran gedacht, sie wiederzusehen, doch wie konnte Danny Filomena jetzt noch einmal begegnen, ohne sich unrealistischen Erwartungen hinzugeben? Ein Mann von Anfang vierzig, seine ledige Tante in den späten Fünfzigern - tja, was für eine Beziehung könnte
wohl jetzt
zwischen ihnen bestehen?
    Er hatte auch nicht gelernt, eine klügere Wahl zu treffen, wie Filomena empfohlen hatte. Vielleicht hatte er sich absichtlich gegen jede Frau entschieden, die auch nur ansatzweise eine gewisse Beständigkeit versprach. Und wie der Schriftsteller wusste, war er zu alt, um seiner Tante
immer noch
vorzuwerfen, dass sie ihn in die Erotik eingeführt hatte, als er noch zu jung war. Warum auch immer Danny sich nicht auf eine dauerhafte Beziehung einlassen mochte, es lag nicht an Filomena - jetzt nicht mehr.
     
    Nun kam der Bissige-Hunde-Abschnitt von Dannys Lauf. Falls es Stress geben sollte, dann hier. In der schmalen, flachen Einfahrt, die von abgewrackten Fahrzeugen gesäumt war - Schrottwagen, einigen fehlten die Reifen, Pick-ups ohne Motoren, ein auf der Seite liegendes, lenkerloses Motorrad -, hielt Danny nach dem Hund mit den zwei unterschiedlichen Augen Ausschau. Da tauchte der große Rüde auch schon aus einem türenlosen VW-Bus auf. Der Husky-Schäferhund-Mischling raste auf die Straße - kein Bellen, kein Knurren, ganz geschäftsmäßig. Abgesehen von dem Trappeln seiner Pfoten auf der Schotterstraße machte der Hund keinerlei Geräusch; er hechelte noch nicht einmal.
    Danny hatte ihn schon mit dem Schaft des Squashschlägers abwehren müssen, und er hatte sich mit dem ähnlich aggressiven Besitzer des Tieres gestritten - einem jungen Typ, Mitte zwanzig, vielleicht einem der ehemaligen Studenten des Windham College, die nicht wegziehen wollten. Er sah aus wie ein Hippie, war aber kein Pazifist; womöglich war er einer der zahllosen jungen Männer in Putney und Umgebung, die sich »Tischler« nannten. (Falls ja, dann war er ein Tischler, der entweder nicht arbeitete oder immer zu Hause war.)
    »Passen Sie auf Ihren Hund auf!«, hatte Danny ihm beim vorigen Mal an der Einfahrt zugerufen.
    »Du kannst mich mal! Lauf doch woanders!«, hatte der Hippietischler zurückgebrüllt.
    Da war der nicht angekettete Hund wieder und schnappte nach dem Jogger. Danny wich auf die äußerste rechte Straßenseite aus und versuchte davonzulaufen, doch der Husky-Schäferhund holte ihn rasch ein. Schräg gegenüber von der Einfahrt des Hippietischlers blieb Danny stehen, worauf der Hund ebenfalls stehen blieb und ihn umkreiste, mit tief gesenktem Kopf und gebleckten Zähnen. Als sich der Hund auf seinen Oberschenkel stürzte, stieß Danny mit einem der abgesägten Squashschläger zu und traf ein Ohr; kaum packte der Husky-Schäfer den Schlägerschaft mit den Zähnen, schlug Danny das Tier, so fest er konnte, mit dem anderen Schaft auf die Schnauze und zwischen die Augen. (Das eine war das hellblaue Auge eines Sibirischen Huskys, das andere das dunkelbraune, durchdringendere Auge eines Deutschen Schäferhundes.) Der Hund jaulte auf und ließ den ersten Schaft los. Danny schlug ihm erst auf ein Ohr, dann auf das andere, worauf sich das Tier vorübergehend zurückzog.
    »Lass meinen Hund in Ruhe, du Scheißkerl!«, brüllte der Hippietischler. Er kam zwischen den beiden Reihen von Schrottautos seine Einfahrt entlang.
    »Passen Sie auf Ihren Hund auf«, war Dannys einzige Reaktion. Er hatte schon wieder angefangen zu laufen, als er den zweiten Hund bemerkte; er sah dem ersten so ähnlich, dass Danny zuerst dachte, es wäre derselbe Hund. Plötzlich schnappten
zwei
Hunde nach ihm, und der zweite war immer in seinem Rücken. »Rufen Sie Ihre Hunde zurück!«, rief Danny dem Hippietischler zu.
    »Du kannst mich mal. Lauf doch woanders«, sagte der Typ, machte kehrt und ging wieder die Einfahrt zurück. Ob die Hunde Danny bissen oder nicht, war ihm egal. Die Hunde versuchten es, doch es gelang Danny, dem ersten Hund einen Schlägerschaff tief in den Rachen zu stoßen, und als der zweite Hund ihn gerade in die Wade beißen wollte, erwischte er ihn aus purem Glück am Kopf, direkt am Auge. Danny trat dem Hund, in dessen Hals der Schlägerschaft steckte, gegen die Kehle, und als das Tier kehrtmachte, schlug Danny es hinters Ohr. Es fiel, rappelte sich aber rasch wieder auf. Der zweite Hund schlich davon. Jetzt, wo sich seine Hunde in die Einfahrt, auf ihr Territorium, zurückzogen, war von dem

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