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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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den Schalotten. Xiao Dee schlang die Arme um Ah Gou, während ihm der Koch Wodka auf den Stumpf seines linken Zeigefingers goss. Großer Bruder schrie immer noch, als Yi-Yiing Tony Angel die Fingerspitze hinhielt, und dieser goss auch darüber Wodka; dann drückte sie die Fingerspitze auf ihren angestammten Platz. »Halt sie einfach fest«, sagte sie zu Großer Bruder, »und hör mit dem Gebrüll auf.«
    Zu Dannys Bedauern sah Joe fern. Der Zehnjährige schien von dem Bild der sich an die Hubschrauberkufen klammernden und dann abfallenden Menschen wie gebannt zu sein. »Was passiert mit ihnen?«, fragte der Junge seinen Dad.
    »Sie sterben«, sagte Danny. »In den Hubschraubern ist kein Platz mehr für sie.«
    Ed hustete und verließ die Küche durch die Hintertür. Dort befand sich eine von Lieferanten und der Müllabfuhr benutzte Gasse, und alle dachten, Ed wolle draußen nur eine Zigarette rauchen. Doch der Tellerwäscher verschwand auf Nimmerwiedersehen.
    Yi-Yiing nahm Ah Gou mit zur Schwingtür hinaus und durch den Gastraum; er hielt die abgetrennte Fingerspitze fest, doch da jetzt Danny nicht mehr das um seinen Oberarm gewickelte Tuch festzog, blutete Großer Bruder stark. Tzu-Min begleitete die beiden. »Dann werde ich wohl doch alle in der Notaufnahme mit meiner Erkältung anstecken«, sagte Yi-Yiing.
    »Was geht hier vor, verdammt?«, rief einer der Geschäftsleute. »Arbeitet hier überhaupt noch wer, oder was?«
    »Rassist! Kriegsverbrecher! Faschistenschwein!«, schrie der blutende Ah Gou sie an.
    In der Küche sagte der Koch zu seinem Sohn und seinem Enkel: »Ihr seid jetzt meine Sous-Chefs - wir sollten loslegen.«
    »Es sind nur zwei Tische besetzt, Paps, das kriegen wir hin, glaub ich«, erwiderte Danny.
    »Wenn wir die Geschäftsleute einfach nicht beachten, gehen sie vermutlich«, sagte Kaori.
    »Hier geht niemand!«, rief Xiao Dee. »Ich werd ihnen zeigen, was das für ein irrer, abgefuckter Laden ist - und wehe, es gefällt ihnen nicht!«
    Er betrat den Gastraum durch die Schwingtür - um den Pferdeschwanz das groteske rosa Band, das möglicherweise Spicy gehörte -, und selbst nachdem die Tür wieder zugefallen war, hörten sie ihn in der Küche immer noch. »Wollt ihr das beste Essen, das ihr je hattet, oder wollt ihr
sterben?«,
brüllte Kleiner Bruder.
»Asiaten
sterben, aber ihr könnt vorzüglich speisen!«, schrie er die Geschäftsleute an.
    »Das Perlhuhn wird mit Spargel und einem Risotto mit Austernpilzen und Salbeijus serviert«, erklärte der Koch Danny und dem jungen Joe. »Das Risotto bitte nicht auf die Teller
klatschen.«
    »Wo sind die Perlhühner her, Paps?«, fragte Danny.
    »Natürlich aus Iowa - fast alles, was
nicht
aus Iowa kommt, ist uns ausgegangen«, sagte ihm der Koch.
    »Wollen Sie sehen, wie Ihre Ravioli mit Pilzen und Mascarpone gemacht werden?«, fragte Xiao Dee die Geschäftsleute. »Da kommt Parmesan und weißes Trüffelöl rein! Das sind die besten verdammten Ravioli, die Sie je kriegen werden! Glauben Sie etwa, weißes Trüffelöl kommt aus
Iowa?«,
fragte er sie. »Wollen Sie in die Küche kommen und einen Haufen Asiaten
sterben
sehen? Sie sterben gerade im Fernsehen - wenn Sie zusehen möchten!«, schrie Kleiner Bruder.
    Tony Angel wandte sich an die japanischen Zwillinge. »Geht raus, und rettet die Geschäftsleute vor Xiao Dee«, befahl er ihnen, »und zwar ihr beide.«
    Der Koch begleitete die Yokohamas bis zum Gastraum, wo sie den zwei Paaren ihre Perlhühner brachten. »Ihre Pasta ist unterwegs«, sagte Tony den Geschäftsleuten; er fragte sich, warum sich die Männer so ruhig Xiao Dees Tirade angehört hatten. Jetzt sah er, dass Kleiner Bruder das blutige Hackebeil mit in den Gastraum genommen hatte.
    »Wir brauchen dich in der Küche - dahinten brauchen wir dich wie verrückt! Ohne dich gehen wir
zugrunde!«,
redeten die japanischen Zwillinge auf Xiao Dee ein. Sie klammerten sich an ihn, achteten aber darauf, das blutige Beil nicht zu berühren. Die Geschäftsleute blieben einfach sitzen und warteten, sogar als der Koch (samt Xiao Dee, Kaori und Sao) wieder in der Küche verschwunden war.
    »Was trinken die Faschistenschweine?«, wollte Xiao Dee von den Yokohamas wissen.
    »Tsingtao«, antwortete ihm Kaori oder Sao.
    »Bringt ihnen mehr davon - sorgt für Biernachschub!«, befahl ihnen Kleiner Bruder.
    »Was gibt es zu den Ravioli, Paps?«, fragte Danny.
    »Die Erbsen«, antwortete ihm der Koch. »Nimm den Schaumlöffel, sonst ist zu viel Öl mit

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