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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Verbraucherschützer Ralph Nader fesseln und knebeln - »vorzugsweise in einem kaputten Autokindersitz« - und ihn im Androscoggin versenken.
    Während der zweiten Bush-Gore-Fernsehdebatte kritisierte Bush Präsident Clintons Einsatz von amerikanischen Truppen in Somalia und auf dem Balkan. »Ich glaube, unsere Truppen sollten nicht zur sogenannten Nationenbildung eingesetzt werden«, sagte der spätere Präsident.
     
    wollt ihr mal abwarten und herausfinden, wozu dieser kleine wichser unsere truppen noch einsetzen wird? wollt ihr wetten, dass »nationenbildung«
NICHT
dazu gehört?
     
    hatte Ketchum gefaxt.
    Doch Danny freute sich nicht über Amerikas bevorstehende Schmach - schon gar nicht aus kanadischer Perspektive. Er und sein Dad hatten ihr Land nie verlassen wollen. Soweit es für einen international erfolgreichen Bestsellerautor möglich war, die Änderung seiner Staatsbürgerschaff
nicht
an die große Glocke zu hängen, hatte Danny Angel versucht, seine politische Einstellung herunterzuspielen, was allerdings nach der Veröffentlichung von
Jenseits von Bangor
1984 schwieriger wurde. Sein Abtreibungsroman war eindeutig politisch.
    Bis Danny und sein Dad schließlich kanadische Staatsbürger wurden, mussten sie ein langwieriges Verfahren durchlaufen. Danny hatte sich als Freiberufler bezeichnet; der auf Einwanderungsrecht spezialisierte Anwalt, der ihn vertrat, hatte den Schriftsteller als jemanden charakterisiert, »der auf Weltniveau kulturell tätig ist«. Danny verdiente genug Geld, um sich und seinen Vater zu unterhalten. Beide hatten die ärztliche Untersuchung bestanden. Solange sie mit Touristenvisa in Toronto lebten, mussten sie alle sechs Monate die Grenze überqueren, um ihre Visa verlängern zu lassen; auch ihren Antrag auf Erlangung der kanadischen Staatsbürgerschaft mussten sie in einem kanadischen Konsulat in den usa einreichen. (Das Konsulat in Buffalo war Toronto am nächsten.)
    Ein leitender Beamter des Einwanderungsministeriums hatte ihnen von der Einbürgerung im sogenannten Schnellverfahren abgeraten. Wozu die Eile? Der berühmte Schrift steller müsse doch wohl nicht
dringend
die Staatsbürgerschaft wechseln, oder? (Dannys Anwalt hatte ihn gewarnt: Kanadier mache Erfolg ein wenig misstrauisch; statt ihn zu belohnen, bestraften sie ihn lieber.) Ja, um übermäßige Aufmerksamkeit zu vermeiden, hatten der Koch und sein Sohn den langsamsten nur möglichen Weg gewählt, als sie die kanadische Staatsbürgerschaft beantragten. Der Vorgang hatte vier, fast fünf Jahre gedauert. Doch jetzt, nach dem Florida-Fiasko, hatten die kanadischen Medien sich über den »abtrünnigen« Schriftsteller Danny Angel ausgelassen; da er sich schon vor über einem Jahrzehnt »von den Vereinigten Staaten losgesagt« habe, wurden dem Autor »prophetische Fähigkeiten« unterstellt - jedenfalls stand das so in der
Toronto Globe and Mail.
    Eher kontraproduktiv für ihn war, dass die Verfilmung von
Jenseits von Bangor
erst kurz zuvor - im Jahr 1999 - in die Kinos gekommen war und der Film 2000 zwei Oscars gewonnen hatte. Zu Beginn des Jahres 2001 wurde in einer Sitzung beider Häuser des US-Kongresses das Ergebnis der Präsidentschaftswahl im Wahlmännergremium bestätigt. Da es nun einen amerikanischen Präsidenten geben würde, der gegen das Recht auf Abtreibung war, kam es für Danny und seinen Dad nicht überraschend, dass die liberale Einstellung des Schriftstellers zur Abtreibung wieder in den Nachrichten erwähnt wurde. Und Schriftsteller tauchten in Kanada häufiger in den Nachrichten auf als in den Vereinigten Staaten - nicht nur dessetwegen, was sie schrieben, sondern auch dessetwegen, was sie sagten und taten.
    Danny reagierte noch immer empfindlich auf das, was er in den amerikanischen Medien über sich las, wo er oft als »antiamerikanisch« bezeichnet wurde, sowohl wegen seiner Bücher als auch weil er nach Toronto ausgewandert war. In anderen Teilen der Welt - auf jeden Fall in Europa und Kanada - sah man den angeblichen Antiamerikanismus des Schriftstellers als etwas
Gutes.
In den usa schrieben die Medien, der im Ausland lebende Schriftsteller »verunglimpfe« das Leben in den Vereinigten Staaten in seinen Romanen. Außerdem war berichtet worden, der in Amerika geborene Autor sei nach Toronto gezogen, »um dadurch Position zu beziehen«. Doch als Romancier fühlte sich Danny zunehmend unwohl dabei, wenn man ihn wegen seiner vermeintlich antiamerikanischen Haltung verurteilte
oder
lobte. Natürlich

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