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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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hatte.
    Dominic schlich in Socken nach oben - allerdings knarrten die Stufen wegen seines Hinkens auf eine ganz charakteristische Weise, und er konnte nicht an seiner offenen Schlafzimmertür vorbeigehen, ohne dass Jane sich im Bett aufsetzte und ihn sah.
     

4 - Die gusseiserne Bratpfanne
    (Er sah dafür auf den ersten Blick, dass sie die Haare gelöst hatte.) Eigentlich hatte Dominic erst noch seine verletzte Unterlippe säubern wollen, doch die Indianerin musste gespürt haben, dass er etwas vor ihr zu verbergen suchte; sie warf ihre Cleveland-Indians-Mütze in den Flur und verfehlte den Koch nur knapp. Häuptling Wahoo landete kopfüber auf dem Boden, grinste aber weiter - es schien, als spähe der Häuptling mit irrem Blick durch den Flur, in Richtung Bad und Dannys Schlafzimmer.
    Im Badezimmerspiegel stellte der Koch fest, dass seine Unterlippe wohl genäht werden musste. Die Wunde würde zwar irgendwann auch von allein heilen, aber es würde schneller gehen und besser vernarben, wenn er sie nähen ließe. Nachdem er sich unter Schmerzen die Zähne geputzt hatte, träufelte er sich vorab ein wenig Wasserstoffperoxid auf die Unterlippe - erst als er sie trockentupfte, bemerkte er das Blut auf dem Handtuch. Sein Pech, dass morgen Sonntag war. Eher würde er Ketchum oder Jane seine Lippe nähen lassen, als an einem Sonntag diesen trotteligen Arzt aufzustöbern, noch dazu in dem Ort, an dessen unglückseligen Namen Dominic nicht einmal denken mochte.
    Der Koch trat aus dem Bad und ging hinüber in Daniels Zimmer. Dominic Baciagalupo gab seinem schlafenden Sohn einen Gutenachtkuss, wobei er, ohne es zu merken, auf der Stirn des Jungen einen Blutfleck hinterließ. Draußen auf dem Flur grinste ihn Häuptling Wahoo verkehrt herum an, wie um ihn daran zu erinnern, dass er aufpassen musste, was genau er Indianer-Jane erzählte.
    »Wer hat dich geschlagen?«, fragte sie ihn, als er sich im Schlafzimmer auszog.
    »Ketchum war außer Rand und Band - du weißt doch, wie er drauf ist, wenn er nicht ganz bei sich ist und gleichzeitig redet.«
    »Cookie, wenn Ketchum dich geschlagen hätte, würdest du jetzt nicht hier stehen.«
    »Es war bloß ein
Unfall«,
beharrte der Koch, >Unfall< war eins seiner Lieblingswörter. »Ketchum wollte mich nicht verletzen - er hat mich nur mit dem Gips erwischt, ein dummer Unfall.«
    »Wenn er dich mit dem Gips geschlagen hätte, wärst du jetzt tot«, klärte Jane ihn auf. Sie saß im Bett, die Arme vor den Brüsten verschränkt, inmitten ihrer Haare, die ihr bis über die Taille hinunterflössen und ihre Brüste noch zusätzlich verbargen.
    Immer, wenn sie die Haare löste, bekam sie beim Nachhausekommen mächtig Ärger mit Constable Carl - falls der nicht schon im Tiefschlaf war. Deshalb sollte Jane jetzt lieber noch bleiben und, wenn überhaupt, erst frühmorgens nach Hause fahren, dachte Dominic.
    »Heute Abend habe ich Carl gesehen«, sagte der Koch.
    »Carl hat dich auch nicht geschlagen«, stellte Jane fest, als er neben ihr ins Bett stieg. »Und anscheinend hat er auch nicht auf dich geschossen«, fügte sie hinzu.
    »Ich hab keine Ahnung, ob er über uns Bescheid weiß, Jane.«
    »Ich weiß es auch nicht«, sagte sie.
    »Hat Ketchum Lucky Pinette getötet?«, fragte der Koch.
    »Das weiß keiner, Cookie. Das ist uns schon
ewig
völlig schleierhaft! Warum hat Sixpack dich denn geschlagen?«, fragte ihn Jane.
    »Weil ich nicht mit ihr rummachen wollte, deshalb.«
    »Wenn du Sixpack gevögelt hättest, wäre ich so auf dich losgegangen, dass du deine Unterlippe überhaupt nicht mehr
wiederfinden
würdest«, stellte Jane klar.
    Er lächelte, was der Lippe überhaupt nicht behagte. Als er vor Schmerz zusammenzuckte, sagte Jane: »Armes Baby - küssen fällt heute Nacht für dich aus.«
    Der Koch legte sich neben sie. »Es gibt auch noch andere Dinge als küssen«, erwiderte er.
    Sie schubste ihn auf den Rücken und legte sich auf ihn, ihr bloßes Gewicht drückte ihn ins Bett und raubte ihm den Atem. Mit geschlossenen Augen hätte der Koch sich wieder in Sixpacks Würgegriff gewähnt, deshalb ließ er die Augen weit offen. Als Indianer-Jane ein Bein über seine Hüften schwang und sich energisch rittlings auf ihn setzte, spürte Dominic, wie sich seine Lunge plötzlich füllte. Jane bestieg ihn mit einer Dringlichkeit, die wohl Sixpacks Attacke auf ihn geschuldet war, und sie hatte es eilig, ihn in sich aufzunehmen.
    »Ich werde dir
andere Dinge
zeigen«, sagte die Indianerin und ruckte

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