Letzte Rache: Thriller (German Edition)
wohlverdienten Zigarette. Er spürte eine sanfte Brise im Gesicht und schauderte. Es wurde langsam kälter. Nicht zum ersten Mal verfluchte er die Sorte Land, in dem man nach draußen gehen musste, wenn man rauchen wollte.
»Ich dachte mir, dass ich Sie hier finden würde.«
Gori drehte sich um und erblickte Claudio Orb, der bedächtig auf ihn zukam.
»Kalt, nicht wahr?«, fragte ihn der Botschafter und lächelte.
»Ja«, sagte Gori und nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette, bevor er sie über die Brüstung schnippte. Er bemerkte, dass Orb ihn musterte, und zuckte mit den Achseln. »Das hier ist der einzige Ort, wo man heute rauchen darf.«
»Und ein guter Ort für ein ruhiges Gespräch.«
»Wenn Sie möchten.« Gori starrte auf seine makellosen Maßschuhe von John Lobb. Was könnte der alte Narr von ihm wollen? Für ihn war Orb ein Mann ohne Rückgrat, bloß ein Strohhalm im Wind. Wie könnte ein Mann wie dieser sein Land repräsentieren? Er hätte mit Sicherheit nichts Interessantes zu sagen.
Orb stand neben der Brüstung und zeigte auf die Stadt, die vor ihnen lag. »Ich werde dies alles wirklich nicht vermissen.«
»Ich auch nicht«, erwiderte Gori, »wenn meine Zeit gekommen ist.«
»Meine Zeit ist schon gekommen.«
»Sie gehen nach Hause?«
Orb nickte. »Ich habe beschlossen, dass es endlich Zeit wird, mich zur Ruhe zu setzen. Meine Frau möchte mehr von unseren Enkelkindern sehen.«
»Ist das als Grund gut genug?«, fragte Gori und rümpfte die Nase.
»Ja«, antwortete Orb, der die schlechte Laune des jüngeren Mannes nicht zur Kenntnis nahm. »Ich glaube, das ist er. Jedenfalls habe ich genug. Das Außenministerium ist bereits dabei, meinen Nachfolger auszuwählen, also besteht keine Notwendigkeit, meine Entscheidung hinauszuschieben.«
Gori nickte und zündete sich noch eine Zigarette an. »Ich hoffe, selbst bald zurückzugehen.«
»Oh?«, sagte Orb beiläufig. »Ist Ihre Arbeit hier erledigt?«
Gori grinste. »Meine Arbeit ist nie erledigt. So ist es nun mal.«
Orb schaute nach oben in den Himmel und lauschte dem Geräusch eines Flugzeugs irgendwo über den Wolken. »Und was für eine Arbeit wäre das?«
»Sie wissen doch, was man sagt …«
»Nein, Matias.« Orbs Lächeln verblasste. »Das weiß ich nicht.«
Gori wedelte mit seiner Zigarette in der Luft herum, als schriebe er etwas auf eine Tafel. »Keine Erklärung, keine Entschuldigung, Herr Botschafter. Keine Erklärung, keine Entschuldigung.«
»Das würde bei einem Diplomaten nicht funktionieren.«
»Ich bin kein Diplomat«, sagte der jüngere Mann scharf.
»Was sind Sie denn, Matias?«
»Ich bin ein …« Ein breites Lächeln erschien auf Goris Gesicht. »Ein Krieger.«
Orb schaute seinen Untergebenen an. »Wie viele Frauen hatten Sie noch vor umzubringen?«
Gori senkte seinen Blick auf eine Reihe roter Rücklichter, die sich über den ganzen Weg bis zur Edgware Road erstreckte, das berühmteste Araberviertel der Stadt. Gori hielt sich dort häufig auf. Es erinnerte ihn an gute Zeiten. Er würde sich dorthin auf den Weg machen, ins Green Valley, sein bevorzugtes libanesisches Restaurant, um dort zu Abend zu essen.
»Nun?«, fragte Orb ruhig.
Gori drehte sich um und machte einen Schritt auf den alten Mann zu, sodass jetzt nur noch ein halber Meter zwischen ihnen lag. Vielleicht war der Botschafter nicht so dumm, wie er gedacht hatte. Nicht dass das eine Rolle gespielt hätte. »Wer hat Ihnen das gesagt?«, fragte er schließlich. »Der Polizist?«
»Nein, ich glaube nicht, dass er weiß, was hier vor sich geht«, erwiderte Orb. »Aber er hat mich auf die richtige Spur gebracht.«
»Vielleicht weiß er es, vielleicht nicht. Spielt das wirklich eine Rolle?« Gori ließ seine zweite Zigarette zu Boden fallen und trat sie energisch mit dem Schuh aus. »Werden Sie es ihm sagen?«
»Ich glaube nicht, dass dies sehr hilfreich wäre.«
Warum führen wir dann das Gespräch?, fragte sich Gori. »Und selbst wenn er es tatsächlich herausfinden würde, gäbe es jedenfalls nichts, was er dagegen tun könnte.«
»Darum geht es nicht, Matias.«
»Oh? Und worum geht es dann, Exzellenz?«
Orb nahm die Schultern zurück und befleißigte sich seiner gebieterischsten Stimme. »Das muss aufhören«, sagte er. »Und zwar jetzt.«
»Es hört niemals auf«, widersprach Gori.
»Wir sind hier nicht im Irak, Matias, oder in unserem Land um 1973. Sie können hier keinen schmutzigen Krieg führen.«
Gori machte einen halben Schritt
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