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Letzte Reise

Letzte Reise

Titel: Letzte Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Enquist
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der Ausführung des Wunsches des Verstorbenen im Weg. Ich danke Euch nochmals für Euer Kommen. Es ist eine Freude für unsere Kammer, wenn das Publikum an einer zügigen Abwicklung der Angelegenheiten mitwirkt.«
    Sie nahm die Mappe in Empfang und ging. Der Notar hüpfte hinter ihr her durch das Vestibül. Was sie bekommen hatte, preßte sie an ihre Brust, den ganzen Weg nach Hause in der träge dahinrollenden Kutsche.
    Das Paket bestand aus drei Teilen. Da war eine kleine Mappe mit Briefen in ihrer eigenen Handschrift. Sie schaute flüchtig hinein, bevor sie sie in die Kiste legte, in der auch die Briefe von James lagen. Alles war dabei: neutrale Berichte über die Kinder, emotionale Briefe aus einer späteren Zeit und die doppeldeutigen Botschaften der letzten Jahre. Ihre letzten Worte. Alles.
    Dann war da ein großer, separat versiegelter Umschlag. Und da war ein Brief, datiert vom 17. März 1796, an sie gerichtet. Sie zog den Kerzenständer heran und begann zu lesen.
    Liebe, liebe Elizabeth!
    Heilte nachmittag empfing ich Deinen Brief. Ja, ich werde sterben, aus dem Leben gleiten, wie Du es nennst. Es hat keinen Sinn, Abschied von Dir zu nehmen. Ich möchte nicht, daß Du mich in meinem jetzigen Zustand siehst. Ich könnte es nicht ertragen, Dich zu sehen. Das ist keine Zurückweisung, das ist die Wirklichkeit. Auch wenn Du nicht physisch anwesend bist – mit Deinem schlanken, aber starken Körper, der mich oft so heftig verwirrt hat –, Du bist immer hier. Ich denke an Dich, Du bist der Hintergrund aller meiner Gedanken. Ein Abschied ist unmöglich, ich nehme Dich bis zum Ende mit.
    Es hätte anders zwischen uns gehen müssen. Wir hätten hier – Bäume, Hirsche – oder anderswo, aber zusammen, zusammen. Vergib mir meine Inkohärenz. Ich bin im Begriff, etwas zu tun, was ich nie beabsichtigte.
    James. Mein Freund. Dein Ehemann. Über sein Fortgehen und seinen Untergang haben wir gesprochen, und wir hatten beide auch unsere eigenen, verborgeneren Gedanken dazu. Dem Vorwurf hinsichtlich meines Anteils an dem unglücklichen Ausgang hat mich nie losgelassen und quält mich bis zu dieser Stunde. Ich weiß, daß Du hartnäckig weiter nach den Tatsachen geforscht hast, und denke, daß Du zu einem wenn auch vorläufigen Schluß gekommen bist, bei dem sowohl Nachlässigkeit auf der Werft als auch James' Alter und Ermüdung eine Rolle spielen, die Hauptrolle jedoch dem grausamen Zufall gebührt. Wir haben kaum darüber gesprochen in den letzten Jahren. Ich habe mich dagegen gesperrt. Ich habe mich gegen Dich gesperrt. Und hier ist der Grund dafür.
    Als Sandwich Anfang Januar 1780 die Sendung von Gierke mit der Todesbotschaft erhielt, floh er in heller Panik. Er mußte zu Dir, zum König, zu Banks. Auf seinem Schreibtisch lag ein Haufen Logbücher, Briefe und Karten. Und James' Journal. Der todkranke Gierke hatte alles Material hastig und ohne irgendeine Ordnung zusammengeschoben, ich denke, er hat es sich nicht einmal angesehen. Alles mußte nun schnellstmöglich gesichtet und beurteilt werden. Sandwich wandte sich an mich. Er ließ mich holen, drückte mir das Journal in die Hand und beauftragte mich, es zügig, aber aufmerksam zu lesen und jegliche darin formulierte Kritik an der Admiralität zu notieren. Binnen drei Tagen sollte das Manuskript zurück sein, mit einer Zusammenfassung und einem Kommentar. Sie haben mich seinerzeit hinausbefördert, aber sie wußten auch, daß ich über die ganze Vorgeschichte der Reise am besten informiert war. Er hatte eigentlich keine Wahl.
    Ich ging nach Hause und las. Du kennst die Geschichte, Du hast Douglas' Version gelesen. Du hast gesehen, daß James seine letzten Notizen am 1 7. Januar 1 779 machte, einen Monat vor seinem Tod. King übernahm. Vorzeitig. Seltsam, nicht wahr? James war ein begeisterter Journalschreiber, und er soll eine Insel betreten haben, auf die noch niemand zuvor den Fuß gesetzt hatte, und nichts darüber aufgeschrieben haben? Unmöglich, wirst Du gedacht haben. Du hattest recht. Er hat sein Journal bis zum frühen Morgen seines Todestages weitergeführt. Ich habe es gelesen. Es war, als stünde ich am Kraterrand eines Vulkans, und die Rauchwolken trieben fort, so daß ich einen Blick in die beängstigende Tiefe seiner Seele werfen konnte. Ich war verwirrt, aber überzeugt, daß diese Schrift nicht an die Öffentlichkeit durfte. Der Zufall hatte sie mir in die Hand gespielt, bevor irgendein anderer sie las, und das war gut. Ich habe so viele Fehler

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