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Letzte Reise

Letzte Reise

Titel: Letzte Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Enquist
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gängigen Gesprächen und den damit verbundenen Gedanken. Es war leichter, nicht nach Mitgefühl zu trachten.
    Sie nahm ihre Empfänge am Donnerstagnachmittag wieder auf, auch wenn Isaac auf See war. Sie begleitete Robert Hartland zu einem Kammermusikkonzert, bei dem Streichquartette eines jungen Komponisten aus Osterreich gespielt wurden, die dem großen Meister Haydn gewidmet waren. Es berührte sie mehr als der volle Klang des Sinfonieorchesters, sie konnte jetzt, da nur vier Musiker ihre Melodielinien miteinander verwoben, besser differenzieren, was dort geschah. Sie merkte sich den Namen des Meisters: Mozart.
    Sie schrieb mit einiger Regelmäßigkeit Briefe; es mußte geschehen, und sie machte es. Wenn Isaac zu Hause war, umsorgte er sie treu. Er konnte nicht über die Jungen sprechen, denn sobald er den Mund öffnete, übermannten ihn Weinkrämpfe. Beim Anblick von Bennys Adler auf dem Schrank kamen ihm immer wieder die Tränen. Einmal im Monat mietete er eine Kutsche und brachte Elizabeth zu Elly. Zweimal im Jahr besuchten sie Cambridge und legten Blumen auf das Doppelgrab im Mittelschiff der Kirche.
    Warum schlafe ich nicht mit ihm, dachte sie, während sie im Gasthaus die Treppe zu ihren getrennten Zimmern hinaufgingen. Wäre es nicht für sie beide besser, miteinander ins Bett zu gehen? Als was sah Isaac sie eigentlich? Wenn er ihr eine gute Nacht wünschte, knetete er mit seinen kräftigen Händen ihre Schultern und Oberarme. Sie blieb in seiner Umarmung stehen, zu lange, in der Hoffnung, ein Zeichen ihrer Wünsche zu bekommen. Alles an ihm strahlte Trost aus. Doch wenn sie sich seinen gesunden, unschuldigen Körper an den ihren geschmiegt vorstellte, wurde ihr unwohl. Diese Wärme. Dieses Liebkosen. Es verursachte ihr nichts als Widerwillen. Sie konnte das nicht.
    »Er ist sehr krank«, sagte Isaac. »Ich hörte es in der Admiralität, es geht zu Ende mit ihm. Er ist ja auch schon betagt. Und richtig gesund war er nie, mit dieser Verwundung. Komisch, daß er dir überhaupt keine Nachricht hat zukommen lassen.«
    In jener Nacht blieb sie auf, um ihrem Freund in aller Stille zu schreiben.
    Was immer auch zwischen uns steht, es darf einen Abschied nicht verhindern. Ich möchte nicht viel, so gut wie alles tue ich, weil es sein muß, nicht, weil es mir Spaß macht. Aber das Verlangen, Dir in die Augen zu sehen, ist geblieben. Ich würde es schrecklich finden, wenn Du aus dem Leben glittest, ohne daß ich Dir Lebewohl sagen kann. Bei Dir sein kann. Es ist Nacht. Charlotte und Isaac schlafen. Ich wache und denke an Dich.
    Drei Tage später wurde die Todesnachricht in Clapham zugestellt. Admiral Hugh Palliser ist am 19. März 1796 nach tapfer ertragenem Krankenlager von uns gegangen. Er wurde vierundsiebzig Jahre alt.
    »Der Titel geht auf einen Neffen zweiten Grades über«, sagte der Notar, ein kleiner, spitzer Mann, der Elizabeth an einen Vogel erinnerte. Mit schnellen, ruckartigen Bewegungen beugte er den Kopf über ein Dokument nach dem anderen, als pickte er Getreidekörner auf. Elizabeth saß ihm an dem vollgeladenen Schreibtisch gegenüber und schaute zu.
    »Es war ein ansehnliches Legat für Euren Sohn, Patenkind des Verstorbenen, vorgesehen. Nach dessen Hinscheiden haben wir das Testament leider abändern müssen.« Der Notar hüstelte nervös.
    »Außergewöhnlich. Ein außergewöhnlicher Mann. Schenkungen für wohltätige Zwecke. Damit werde ich Euch nicht ermüden. Das Vermögen als Ganzes, der größte Teil davon, meine ich, geht an den außerehelichen Sohn. George Palliser. Überraschend, darf ich wohl sagen. Wir haben den Letzten Willen zu respektieren. Selbstverständlich. Kann ich Euch etwas anbieten? Nein? Zur Sache denn. Warum ich Euch einlud, hier zu erscheinen. Dafür mein aufrichtiger Dank. Testator hat mich über die juristische Abwicklung des Nachlasses hinaus mit einer weiteren Aufgabe betraut. Nämlich der Aushändigung eines Dokuments an die Frau Witwe des namhaften Kapitän Cook.«
    Sie fuhr hoch. Der Notar pickte eine Mappe zwischen seinen Papieren heraus und legte sie vor sie hin.
    »Ich wurde einbestellt. Einige Tage vor Eintritt des Todes. Erblasser mußte das Bett hüten. Das Sprechen fiel ihm schwer. Doch der Auftrag war eindeutig. Genannte Dokumente sollen der gnädigen Frau persönlich ausgehändigt werden. Ohne irgendwessen Einsicht. Ich habe mich dafür verbürgt. Ihr seht: Das Paket ist versiegelt. Ich, für mein Teil, habe mich Eurer Identität versichert. Nichts steht

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