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Letzte Worte

Letzte Worte

Titel: Letzte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Strenge, die nicht gerade einladend war. Die Treppe führte direkt bis ins Obergeschoss und erzeugte so einen Windkanal für kalte Luft. Will schaute auf den schwarzen Gummibelag der Stufen. Sie mussten nach Blutspuren abgesucht werden. Er hoffte, dass Faith Charlie Reed erreicht hatte. Ihr Mörder war schlau, und er wusste, wie man Spuren verwischte. Aber hier hatte er nicht den Vorteil eines riesigen Sees, der seine Anwesenheit einfach wegspülte. Wenn irgendjemand Spuren finden konnte, dann Charlie.
    Der Blick vom Treppenabsatz des ersten Stocks war vertraut: ein langer Flur mit geschlossenen Türen bis auf eine. Am Ende des Korridors war ein in die Mauer eingelassener Durchgang von Schatten verdunkelt.
    » Waschräume « , vermutete Sara.
    Will drehte sich um und entdeckte die Kamera hoch oben in der Ecke neben der Treppe. Das Objektiv zeigte zur Decke. Jasons Mörder war wahrscheinlich am Treppengeländer entlanggeschlichen, hatte sich dann auf die unterste Stufe zum Obergeschoss gestellt und die Kamera mit einem Hilfsmittel nach oben gedrückt.
    » Riechen Sie das? «
    Will atmete flach. » Der ist schon eine ganze Weile hier. «
    Sara hatte sich vorbereitet. Sie zog eine Papiermaske aus ihrer Jackentasche und gab sie ihm. » Die sollte helfen. «
    Will war hin- und hergerissen zwischen seinem Bedürfnis, Gentleman zu sein, und dem Bedürfnis, sich nicht zu übergeben. » Haben Sie nur eine? «
    » Ich komme zurecht. «
    Sie ging den Flur hinunter. Will streifte sich die Maske über. Die Luft wurde marginal erträglicher. Jason Howells Zimmer lag näher an den Waschräumen als an der Treppe. Ihre Schritte hallten durch den Gang. Je näher sie kamen, desto stärker wurde der Gestank. Will sah, dass alle Studenten Anschlagbretter an ihren Türen hängen hatten. Über Fotos und Nachrichten hingen Papiere. Die Tafel an Jasons Tür war leer.
    Sara drückte sich den Handrücken auf die Nase. » Gott, das ist schlimm. «
    Sie atmete durch den Mund, bevor sie das Zimmer betrat. Will blieb in der Tür stehen. Er hielt den Atem an, als der Gestank des Todes ihm entgegenschlug.
    Der Junge lag auf dem Rücken, blutunterlaufene Augen starrten zur Decke. Sein Gesicht war geschwollen, fast karmesinrot. Die Nase war gebrochen. Getrocknetes Blut umgab Nasenlöcher und Mundwinkel. Eine Hand hing zu Boden. Der Daumen zeigte einen tiefen Schnitt. Die Spitze des Zeigefingers hing nur noch an einigen Fasern.
    » Sieht aus wie eine Übereinstimmung. « An der Tür des Wandschranks fand Sara Jasons Studentenausweis an einem Band. Sie zeigte Will das Foto. Trotz der Verunstaltungen war die Ähnlichkeit unverkennbar.
    Merkwürdigerweise trug Jason mehrere Schichten Kleidung übereinander– eine Jogginghose über einer Pyjamahose; mehrere T-Shirts, einen Frottee-Bademantel und eine Jacke mit hochgezogenem Reißverschluss. Seine Leiche war angeschwollen von der einsetzenden Verwesung. Gas füllte seinen Magen. Die Haut auf den Händen hatte sich grün verfärbt. Seine Schuhe waren nur ganz locker gebunden, aber seine Füße so angeschwollen, dass die Schuhbänder in seine Socken schnitten.
    Seine Brust war mit Messerstichen übersät. Das Blut war auf dem Material seiner Jacke zu dicken Klumpen geronnen. Auf dem Boden war noch mehr Blut, eine Spur führte zum Schreibtisch gegenüber des Bettes. Der Computer, die verstreuten Notizhefte und Papiere, alles war mit Blut und Gehirnmasse bedeckt.
    Sara drückte die Finger auf das Handgelenk des Jungen. Der Pulstest war Routine, aber kaum mehr nötig. » Ich zähle acht Stichwunden in der Brust und zwei im Rücken. Die Bakterien aus den Eingeweiden verursachen den Gestank. Sein Darm wurde durchstochen. Er ist voller Toxine. «
    » Was glauben Sie, wie lange ist er schon tot? «
    » Nach der Leichenstarre würde ich sagen, mindestens zwölf Stunden. «
    » Glauben Sie, wir haben es mit demselben Mörder zu tun? «
    » Ich glaube, dass derjenige, der Jason umbrachte, ihn auch kannte. Hieraus spricht blanker Hass. « Mit den Fingern drückte sie eine der Wunden an Jasons Hals zusammen, sodass die Haut die ursprüngliche Form der Stichwunde aufwies. » Schauen Sie sich das an. Das ist dieselbe Messerdrehung, die ich auch bei Allison gesehen habe. « Sie untersuchte die anderen Wunden am Hals. » Sie sind alle gleich. Der Mörder hat die Klinge hineingestoßen und dann gedreht, damit sie ihr Ziel erreicht. Sie sehen die Quetschungen durch das Heft. Ich nehme an, es wurde derselbe Messertyp benutzt.

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