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Letzte Worte

Letzte Worte

Titel: Letzte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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angeschaut, um sich an die Details erinnern zu können. Der Junge war ungefähr in Allisons Alter. Er hatte sich die Kapuze seines Sweatshirts tief in die Stirn gezogen, aber sie konnte erkennen, dass er braune Haare und Augen hatte. Ein schütteres Ziegenbärtchen klebte an seinem schwachen Kinn. Er war dicklich, so wie die meisten männlichen Studenten am Grant Tech, weil sie zu viele Tage in Klassenzimmern und zu viele Nächte vor Videospielen verbrachten.
    Die Frau auf dem Foto stammte offensichtlich aus dem ärmeren Teil der Stadt. Sie war in den Vierzigern, vielleicht älter. Ab einem gewissen Alter war das bei verhärmt aussehenden Frauen schwer zu sagen. Das Gute daran war allerdings, dass sie zu altern aufhörten. Das Schlechte war, dass sie bereits aussahen wie neunzig. Alles an ihrem Gesicht hatte darauf hingewiesen, dass sie Raucherin war. Ihre blond gebleichten Haare waren so trocken, dass sie aussahen wie Stroh.
    Darüber hinaus fehlte in den Beweismitteln Tommys Handy. Frank hatte es Lena auf der Straße gegeben. Er hatte es in Tommys Gesäßtasche gefunden, als er ihn durchsuchte, bevor er ihn auf den Rücksitz des Streifenwagens setzte. Sie hatte das Handy in eine Plastiktüte gesteckt, die wichtigen Informationen daraufgeschrieben und das Gerät als Beweisstück registriert.
    Irgendwann in der letzten Nacht waren sowohl das Foto aus Allisons Brieftasche als auch Tommys Handy verschwunden.
    Es gab nur eine Person, die diese Beweisstücke hätte verstecken können, und das war Frank. Marla hatte gesagt, er hätte ihre Akten durchsucht. Wahrscheinlich hatte er auch die 911er-Mitschrift manipuliert. Aber warum? Sowohl das Foto als auch der Anruf deuteten darauf hin, dass Allison einen Freund gehabt haben könnte. Vielleicht wollte Frank den Jungen aufspüren, bevor Will Trent ihn fand? Frank hatte Lena gesagt, dass sie beide bei der Wahrheit bleiben sollten oder zumindest dicht daran. Warum fiel er ihr in den Rücken und suchte nach einem weiteren Verdächtigen?
    Lena wischte sich mit der Hand über die Augen. Der Wind war so schneidend, dass ihre Nase lief und die Augen tränten. Sie musste irgendwie zehn oder fünfzehn Minuten Alleinsein herausschinden, damit sie die Sache gründlich durchdenken konnte. Wills Anwesenheit machte es ihr unmöglich, irgendetwas anderes zu tun, außer sich den Kopf zu zerbrech en, welch e Frage als Nächstes aus seinem Mund kommen würde.
    » Bereit? « , fragte Will. Sie standen vor dem Porsche. Das Auto war ein älteres Modell, als Lena gedacht hatte. Es gab keine Fernbedienung zum Türöffnen. Will sperrte für sie auf und gab ihr dann den Schlüssel.
    Lena wurde wieder nervös. » Was, wenn ich mit dem Ding einen Unfall baue? «
    » Es wäre mir wirklich lieber, Sie würden es nicht tun. « Er streckte die Hand durch die Tür und stellte den Aktenkoffer hinter den Vordersitz.
    Lena konnte sich nicht rühren. Es fühlte sich an wie eine Falle, aber sie erkannte den Grund dafür nicht.
    » Gibt es ein Problem? « , fragte Will.
    Lena gab nach. Sie klemmte sich in den Schalensitz, der fast wie ein Liegestuhl wirkte. Wenn sie ihre Füße zu den Pedalen ausstreckte, waren ihre Waden nur wenige Zentimeter vom Bodenblech entfernt.
    Will öffnete die Beifahrertür.
    » Haben Sie kein Dienstfahrzeug? «, fragte sie.
    » Meine Chefin wollte, dass ich so schnell wie möglich hierherkomme. « Er musste den Beifahrersitz zurückschieben, bevor er einsteigen konnte. » Der Hebel zur Sitzverstellung ist vorn unten « , sagte er zu Lena. Sie bückte sich und zerrte sich samt Sitz näher zum Lenkrad. Wills Beine waren ungefähr drei Meter länger als die ihren. Als ihre Füße endlich Kupplung und Gaspedal berührten, klebte sie fast am Lenkrad.
    Will dagegen konnte seinen Sitz nicht passend einstellen. Er schob ihn bis zum Ende der Schiene zurück und drehte dann die Rückenlehne tiefer, damit sein Kopf nicht am Dach anstieß. Schließlich faltete er sich in den Porsche wie ein Origamiblatt. Sie wartete, bis er sich angeschnallt hatte. Er war ziemlich durchschnittlich – bis auf seine Größe. Er war schlank, aber seine Schultern waren breit und muskulös, als würde er viel Zeit im Fitnessstudio verbringen. Irgendwann in seinem Leben war ihm offensichtlich die Nase gebrochen worden. Auf dem Gesicht hatte er feine Narben, wie man sie bekam, wenn man mit den Fäusten kämpfte.
    Nein, er war eindeutig nicht Amanda Wagners zweite Geige.
    » Okay « , sagte Will, als er endlich

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