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Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Titel: Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Herden
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wölben. Ich konnte es kaum noch abwarten, einen vollen Teller in meinen Händen zu halten. Als es endlich so weit war, setzten wir uns zu Sandro, der sein Hähnchen schon halb verputzt hatte.
    »Ich sage euch«, stöhnte er, »das schmeckt super.«
    Gierig biss ich in meine Keule. In dem Moment hörte der Regen auf und die Sonne brach durch die Wolken. Ich musste Sandro Recht geben: Ich hatte noch nie etwas so Leckeres gegessen.
    Nach dem Essen war der Tag einfach irgendwie zu Ende gegangen. Wir dösten faul in der Sonne und merkten kaum, dass es plötzlich Zeit war, nach Hause zu gehen. Am Abend lagen wir gemütlich in Decken und Schlafsäcken gehüllt in meinem Zimmer und quatschten noch ein bisschen.
    »Vielleicht haben nicht die Kinder die Ratten gezähmt, sondern die Ratten die Kinder«, flüsterte Sandro in die Dunkelheit. »Sandro, hör doch mal auf! Das klingt ja furchtbar«, jammerte die Prinzessin.
    Ich fand die Vorstellung auch gruselig. Eine Gänsehaut kroch über meinen Rücken und ich wickelte mich etwas fester in meine Decke.
    »Hoffentlich kann ich einschlafen«, murmelte ich. »Mit einem Gutenachtkuss bestimmt«, sagte die Prinzessin und gab mir einen Gutenachtkuss. »Ich hätte auch gerne einen Gutenachtkuss«, rief Sandro und bekam auch einen.
    Dann warteten wir auf den Schlaf. Die Prinzessin begann zu singen: »Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar.« Ihre schöne Stimme schwebte durch mein Zimmer, als hätte sie ein durchsichtiges, rosafarbenes Kleid mit Bändern an, die im Abendwind wehten. Ich war heilfroh, dass wir drei zusammen bei mir wohnten. Den Kuss der Prinzessin konnte ich immer noch auf meiner Wange spüren und so dauerte es etwas, bis ich einschlief.

Der Rattenmann

    Der Rattenmann beobachtete uns. Die Prinzessin bemerkte es als erste. Obwohl sie wunderbar kochte, gingen wir mittags in die Schule und warteten wie alle anderen auf den Rattenmann. Sein Essen war einfach zu lecker und niemand konnte ihm widerstehen. Es gab ja auch keinen Grund dazu. Dachten wir zumindest. Nur die Prinzessin hatte keinen Appetit. Jedenfalls aß sie kaum etwas. Aber sie konnte ja unter ihrer Taucherbrille auch nicht den köstlichen Duft riechen. Und sie weigerte sich, die Brille abzusetzen.
    »Bei dem ganzen Durcheinander gehe ich nicht ohne Schutzkleidung auf die Straße!«, meinte sie.
    Und dann sagte die Prinzessin, dass uns der Rattenmann beobachten würde. Nicht nur so, wie er alle beäugte, sondern irgendwie ganz besonders. Er reckte sogar den Hals, den er gar nicht hatte, um uns in der Menge zu entdecken. Dabei zitterten seine ekligen langen Barthaare. Der Rattenmann sah so aus wie jemand, der seine Nase in alles steckte. Und wenn die in etwas steckte, dann hingen ja auch die langen Barthaare mit drin. Als er uns die gefüllten Teller gab, nickte er zufrieden mit seinem hässlichen Kopf.
    »Unsere Portionen sind größer als die der anderen«, sagte die Prinzessin.
    »Warum er wohl ausgerechnet uns auf dem Kieker hat?«, fragte ich. Aber eigentlich hatte ich gar keine Lust, darüber nachzudenken. Ich hätte auch ganz gut vor mich hindösen können, ohne irgendetwas zu sagen. Wir saßen draußen im Schulhof. Die Sonne schien und es war warm und friedlich. Sandro murmelte auch nur etwas Unverständliches vor sich hin. Dann machte er es sich gemütlich und schickte sich an, seine Portion zu verspeisen.
    »Weil wir anders aussehen als die anderen«, antwortete die Prinzessin und piekste lustlos in ihrem Essen herum. »Wir tragen saubere Kleidung und unsere Haare sind gekämmt. Außerdem schauen wir uns aufmerksam um, beobachten, was passiert und was sich verändert. Der Rattenmann scheint das bemerkt zu haben.«
    ›Es trägt auch sonst niemand einen Sturzhelm und eine Taucherbrille‹, dachte ich. Außerdem schaute sich nur noch die Prinzessin aufmerksam um.
    »Aber warum sollte er etwas dagegen haben?«, fragte ich sie, obwohl mir der Rattenmann in dem Moment eigentlich ganz egal war. Ich dachte nicht mehr so viel über die Dinge nach. Ganz im Gegenteil. Es war doch schön, mit allen Kindern in der Sonne zu sitzen, etwas Leckeres zu essen und den Ratten dabei zuzuschauen, wie sie versuchten, auf ihren Hinterbeinen zu laufen. Einfach die Zeit vergehen zu lassen – ohne lästige Schulaufgaben, ohne Verbote, ohne Regeln. Sandro ging es genauso wie mir. Das konnte ich an seinem satten Grinsen sehen.
    »Die Fragen lauten doch wohl eher: Was weiß er und wieso

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