Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet
bisschen. Aber ich sagte nichts.
In der Schule versteckten wir uns wieder hinter einer der großen Stützsäulen in der Aula. Wir konnten den Rattenmann mit seinem Wagen von hinten sehen. Sobald das Essen auf den Wärmeplatten verteilt war, griff er in eine Schublade im Wagen und holte ein neues Tablett mit fertigen Hähnchenschenkeln heraus, die er auf die Platte schüttete, wo sie weiter brutzelten.
»So viel Essen passt doch da gar nicht rein«, raunte die Prinzessin. »Nein, das ist unmöglich. Die Schublade wird wahrscheinlich immer wieder neu gefüllt«, sagte Sandro.
»Genau, und zwar von unten«, überlegte ich. »Im Wagen muss eine Art Speiseaufzug sein. Wahrscheinlich gibt es da einen Schacht, der in die Kanalisation reicht.«
»Den gibt es tatsächlich«, bestätigte die Prinzessin. »Unter dem Wagen ist eine Klappe im Boden. Die benutzen die Putzfrauen, wenn sie hier sauber machen. Unter der Klappe ist ein Wasserhahn und ein Abfluss für das schmutzige Putzwasser.«
»Was macht ihr denn hier?«, fragte plötzlich jemand hinter uns. Wir fuhren vor Schreck zusammen. Als wir uns umdrehten, stand da aber nur Johannes und nicht der Rattenmann. »Pst!«, machte Sandro, aber Johannes brach in schallendes Gelächter aus.
»Wie seht ihr denn aus?«, rief er lachend.
»Johannes, bitte sei still!«, flehte die Prinzessin.
Aber Johannes konnte einfach nicht mit dem Lachen aufhören. Man konnte es bestimmt in der ganzen Schule hören. »Warum tragt ihr denn Wäscheklammern auf der Nase?«, fragte er und bekam einen fürchterlichen Schluckauf. In dem Moment sah ich, dass sich der Rattenmann neugierig zu uns umdrehte.
»Klammern ab!«, zischte ich keine Sekunde zu früh. Denn kaum hatten wir uns die Wäscheklammern von den Nasen gezogen, stand auch schon der Rattenmann vor uns.
»Ihr seid spät dran«, piepste er vorwurfsvoll, »und gestern ward ihr auch nicht hier.«
»Das stimmt nicht«, log die Prinzessin und ihr grünliches Gesicht schimmerte ein bisschen rosa. Sie log wohl nicht so gerne.
»Na, na«, machte der Rattenmann, sagte aber nichts weiter, sondern griff nach meiner Hand und zog mich zu seinem Wagen. Entsetzt starrte ich auf seine rosafarbene Pfote mit den langen, spitzen Krallen. Ich hätte mich bestimmt befreien können. Aber das wäre nicht klug gewesen. Wir hatten auch so schon genug Aufmerksamkeit erregt. Also ließen wir uns jeder einen gefüllten Teller geben und gingen in den Pausenhof. Der Duft des leckeren Essens stieg uns in die Nase und sogar die Prinzessin guckte sehnsüchtig auf den knusprigen Schenkel.
»Immer nur Hähnchen mit Pommes«, meckerte Sandro. »Genau, viel zu fettig«, sagte ich und das Wasser lief mir im Munde zusammen.
Als wir sicher waren, dass uns der Rattenmann nicht mehr sehen konnte, versteckten wir die Teller wieder im Gebüsch und liefen um das Schulgebäude herum. Durch den Nebeneingang schlichen wir hinein, liefen zurück in die Halle und versteckten uns hinter der Säule. Johannes war nicht mehr zu sehen. Gerade ging das letzte Kind mit seiner Essensration in Richtung Schulhof. Was würde der Rattenmann jetzt tun? In dem Moment lief eine Ratte an seinem Wagen vorbei und wir hörten einen scharfen Pfiff. Der Rattenmann schaute sich hektisch nach allen Seiten um, öffnete eine Klappe am Wagen und kroch in die Öffnung. Mit einem leisen Klacken ging die Klappe wieder zu. Die Prinzessin schnappte nach Luft. »Kein Wunder, dass wir nie gesehen haben, wie der Rattenmann kommt und geht.«
Wir warteten noch eine Weile. Dann schlichen wir zum Wagen und öffneten vorsichtig die Klappe. Abwechselnd steckten wir unsere Köpfe in das Loch. Ein kalter, modrig riechender Luftstrom kam uns entgegen. Wir sahen aber nichts außer einem undurchdringlichen Schwarz.
»Auf alle Fälle haben wir einen Eingang in die Unterwelt gefunden«, stellte die Prinzessin fest. Und wir beschlossen, ihn in der Nacht zu benutzen.
Vom Erdboden verschluckt
Doch dazu kam es nicht. Denn plötzlich war die Prinzessin verschwunden. Sie war noch einmal nach draußen gegangen, um im Supermarkt etwas zu essen zu besorgen. Wir fragen uns heute noch, warum wir sie alleine gehen ließen. Aber an dem Nachmittag dachten wir uns nichts dabei. Wir ahnten zwar, dass wir beobachtet wurden. Aber dass wir auf Schritt und Tritt überwacht wurden, wussten wir nicht.
Es dauerte also ganz schön lange, bis wir uns um die Prinzessin Gedanken machten. Irgendwann steckte Sandro die Nase unter seinen Haaren
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