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Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition)

Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition)

Titel: Letzter Aufzug, Genossen! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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Wirklichkeit zu werden drohte, schreckte sie entsetzt davor zurück.
    Schon spürte sie seine Hand an ihrer Schulter, riss die Augen auf und bäumte mit einem erstickten Laut den Leib zurück. Aber immer noch griff er nicht zu, sondern ließ nur grinsend ihr langes volles Haar durch seine Finger gleiten, um alsdann mit ganzer Hand in die helle Flut zu fahren, die Handfläche wie eine Schale um ihren Nacken zu legen und sie solcherart unter gelindem Druck festzuhalten. Michaela vermochte kein Glied zu rühren, blickte ihn nur starr, mit weit aufgerissenen Augen an, was ihn veranlasste, sich langsam näher zu ihr zu beugen. Sie fühlte sich zu ihm herangezogen und versuchte noch, ihre Fäuste gegen seine Brust zu stemmen, wobei sie japste: „Nein...‚ bitte ... nein, lass mich!“ Er aber verschloss ihr den Mund, indem seine Lippen sich an die ihren saugten, bis ihr Widerstand allmählich schwächer wurde und endlich ganz erlahmte. Atemlos richtete er sich halb auf, und beider Blicke – ziemlich glasig auch die ihren schon – trafen sich verständnisinnig.
    Unversehens riss sie die Arme hoch, schlang sie ungestüm um seinen Hals, ließ es geschehen, dass er die Bettdecke fortschleuderte, und mit beiden Händen in den Ausschnitt ihres Nachthemds griff, um es von oben bis unten entzwei zu reißen, so dass sie völlig seinen faunischen Blicken ausgeliefert war.
    Und in einem trunkenen Gefühl innerlichen Triumphs genoss sie es lächelnd, wie er – verblüfft vom Ebenmaß ihres Körpers – sekundenlang in Betrachtung verharrte, bis er schließlich, die Hände hebend, mit gespreizten Fingern behäbig und fast behutsam über ihren Busen und ihren Leib herunterstrich...
    Heiß wie ein Tornado brach es in dieser Nacht über Michaela herein und weckte ihre Sinnlichkeit, die in ihrem jungen Leben und bei Abwesenheit von Genuss und Mann so lange schon geschlummert hatte. Die überschäumende Leidenschaft spülte alle Hemmungen und Vorbehalte hinweg, um sie unrettbar diesem Abenteurer preiszugeben.
    Am Sonntag nach einer Sondervorstellung für die allmontäglichen Leipzig-Fahrer hatte sich Gustav gerade verabschiedet und war schon auf dem Weg zur S-Bahn, als er vor der Kneipe Kuhle Wampe Erdmann Jansen traf, der offenbar auf ihn gewartet hatte. Der Schauspieler-Regisseur bot ihm an, gemeinsam zu fahren, und Gustav errötete leicht vor Freude, da er sich nicht wenig geschmeichelt fühlte, von diesem ansonsten so zurückhaltenden Künstler der Begleitung für würdig erachtet zu werden. Sie schritten zunächst wortlos nebeneinander her, wobei Gustav bemüht war, sich seine erwartungsvolle Unruhe nicht anmerken zu lassen.  
    Kinderlärm näherte sich, eine Schar kleiner Mädchen und Jungen unter Aufsicht zweier junger Frauen kam heran und überholte sie; dem lebhaften Geschnatter der Kleinen und der politischen Diskussion der Frauen entnahm Gustav, dass es sich um Nachzügler der eigenartigen Märchenvorstellung handeln musste, weil vom bösen Rotkäppchen mit der Jakobinermütze die Rede war und vom bösen Wolf, der wie ein Bär aussah und so herzhaft brummte. Gustav musste lächeln, vor allem da er sich in diesem Augenblick zum ersten Mal irgendwie der Schauspieltruppe zugehörig fühlte; hatte doch auch er Anteil an dem Erlebnis der Leute. Künftig würde er als Oberförster neben den anderen Gestalten einen festen Platz in den Köpfen der kleinen und großen Menschen einnehmen, wann immer sie sich an die Aufführung erinnerten.
    Gustav war also in Gedanken und für eine Weile abgelenkt, so dass er zusammenfuhr, als er plötzlich von der Seite angesprochen wurde. „Gustav“, begann Erdmann Jansen, „ich muss dich etwas fragen.“ Er duzte den Jungen, so wie er alle Leute duzte, mit denen er zu tun hatte. Unterdessen waren die beiden an der S-Bahn-Haltestelle angelangt und setzten sich auf eine Holzbank unter einen wilden Kirschbaum. Die Herbstsonne verstrahlte noch ein warmes Licht, ein laues Lüftchen ging, von einem verwilderten Grundstück her zirpte eine Grille, und die Straße war menschenleer. „Mir geht etwas im Kopf herum“, hob Erdmann erneut an, „du musst mir aber versprechen, die Angelegenheit vorerst für dich zu behalten. Wie du weißt, werden uns die Männer knapp im Ensemble.“
    Gustav nickte eifrig. „Das ist mir auch schon aufgefallen; es ist fast wie in Kriegszeiten.“
    „Was weißt du denn schon vom Krieg?“ brummte Erdmann Jansen stirnrunzelnd. „Der Kurt muss einspringen für einen, der in

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