Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
ihn in die Wohnung. „Sie haben doch auch jemanden jammern gehört, Gasperlmaier? Da war Gefahr im Verzug! Da darf man nicht zögern!“, grinste die Frau Doktor, während Gasperlmaier kaum wusste, wie ihm geschah. Sie hielt ihm ein paar Latexhandschuhe hin. „Die ziehen Sie an, bevor Sie hier etwas angreifen! Wir wollen schließlich keine Spuren hinterlassen.“ „Gesundheit!“, wünschte Gasperlmaier der Frau Doktor, die plötzlich heftig niesen musste. So viel zum Thema Spuren hinterlassen, dachte Gasperlmaier bei sich. Die Frau Doktor hatte mit Sicherheit einen Sprühregen auf dem Ergobike hinterlassen, das Gasperlmaier schon von ihrem ersten Besuch hier ein Begriff war. Hoffentlich kam niemand auf die Idee, dort Proben zu nehmen. „Sehen wir uns einmal an, wie der Herr Fritzenwallner wohnt!“ Die Frau Doktor öffnete die Tür zu ihrer Rechten. Gasperlmaier nahm sich fest vor, keinesfalls irgendwas in der Wohnung zu berühren. Betreten starrte er auf die Schmutzspuren, die die Frau Doktor auf dem Boden hinterlassen hatte, hütete sich aber, dazu Stellung zu nehmen. Gasperlmaier spähte in ein recht vollgeräumtes Zimmer, das der Arbeitsraum des Herrn Magister zu sein schien. Bücher, Mappen und allerlei Stapel von Papier türmten sich in den Regalen, auf dem Boden standen Kartons und Plastiksäcke herum. In einer Ecke stand ein geöffneter Laptop neben einem Drucker. „Oje!“, meinte die Frau Doktor. „Ob wir in diesem Chaos etwas finden? Zu lang möchte ich mich hier ja nicht aufhalten.“ Gasperlmaiers Magen meldete sich mit einem unangenehmen Ziehen, als er daran dachte, dass sie der Herr Magister Fritzenwallner am Ende hier überraschen konnte. „Sehen wir einmal nach, was der Computer zu bieten hat. Vielleicht ist der ordentlicher aufgeräumt.“ Gasperlmaier war es gar nicht recht, dass die Frau Doktor jetzt auch noch den Computer einschalten musste. „Kein Passwort. Sehr leichtsinnig.“ Die Frau Doktor setzte sich vor das Gerät und begann, mit ihren behandschuhten Fingern darauf herumzutippen. Gasperlmaier ging zum Fenster. Man konnte von dieser Seite der Wohnung die Bundesstraße und den Zinkenkogel sehen. Die Straße allerdings war durch eine Lärmschutzwand verborgen. „Sehen Sie sich doch einstweilen in den anderen Zimmern um, Gasperlmaier! Ich bin gleich fertig.“ Gasperlmaier stellte mit einem kurzen Blick auf den Bildschirm fest, dass die Frau Doktor einen Ordner mit Bildern geöffnet hatte. Er ging ins Vorzimmer zurück und öffnete eine weitere Tür. Sie führte ins Wohnzimmer, das Gasperlmaier ebenfalls schon kannte. Nichts darin fand er besonders auffällig. Außer, dass der Herr Magister einen augenscheinlich neuen, großen Flachbildfernseher besaß. Seine Kinder lagen Gasperlmaier ständig in den Ohren, dass ein besserer Fernseher angeschafft werden musste als das angejahrte Röhrenmodell, mit dem sie sich noch immer abfinden mussten. Gasperlmaier sah nicht ein, warum dafür Geld ausgegeben werden sollte. Ihm war das alte Gerät gut genug. Schließlich war es ein Farbfernseher – was konnte man mehr wollen? Allerdings, das musste Gasperlmaier eingestehen, wurde es ihm immer mühsamer, bei den Skirennen, die er so sehr liebte, die mitlaufende Zeit zu erkennen. Er hatte den Verdacht, dass man durch die Verkleinerung der Zeitanzeige die Zuschauer förmlich zwingen wollte, größere Geräte anzuschaffen. Der Zeitanzeigen-Programmierer war wohl mit irgendeinem koreanischen Hersteller von Fernsehgeräten ins Geschäft gekommen, mutmaßte er. Gasperlmaier schloss die Tür und öffnete die daneben liegende. Sie führte, so stellte er fest, ins Schlafzimmer. Gasperlmaier fühlte sich nicht wohl dabei, in ein fremdes Schlafzimmer einzudringen. Er selbst hatte es auch gar nicht gern, wenn er irgendwen, und sei es nur einen Handwerker, in sein eigenes hineinlassen musste. Das Schlafzimmer hier war aber in der Tat beeindruckend. Weißer Teppichboden und schwarze Möbel. Es sah aus wie ein elegantes Hotelzimmer und war, ganz im Gegensatz zum Arbeitszimmer, penibel aufgeräumt. Kein Wunder, so dachte Gasperlmaier bei sich, hier legt der Herr Magister schließlich seine Opfer flach, da muss er schon für ein gewisses Ambiente sorgen. Gasperlmaier betrachtete das Bett und drückte vorsichtig darauf. Es gab nach, und Gasperlmaier meinte sogar, ein ganz leises Glucken zu vernehmen. Der Herr Magister vergnügte sich anscheinend in einem Wasserbett. Gasperlmaier wurde er dadurch nicht
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