Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
im Aufenthaltsraum, da ist er hereingekommen, hat sich hinter mich gestellt und mich mit beiden Armen von hinten umarmt, und dazu hat er so dahingemurmelt, dass ich ihn so aufrege, und dass ich ihn nicht so zappeln lassen soll, und ob er mir vielleicht nicht gefällt. Dann sind seine Hände immer weiter hinaufgerutscht.“ „Ja, und?“, fragte die Frau Doktor nun deutlich interessierter. „Und dann, und dann hab ich einen Fehler gemacht.“ Die Frau Zettel machte eine Pause, stellte ihre Füße eng nebeneinander auf den Wagenboden und legte die Handflächen auf ihre Knie. „Ich war so wütend, dass ich ihm gesagt habe, dass er seine schmutzigen Pfoten für alle Zeiten von mir lassen soll, weil ich mit Männern sowieso überhaupt nichts am Hut habe. Weil ich eine Freundin habe.“ Gasperlmaier schoss wieder einmal die Hitze in die Ohren. Hatte ihnen die Frau Magistra jetzt praktisch eingestanden, dass sie lesbisch war? Gasperlmaier hatte noch nie mit einer lesbischen Frau zu tun gehabt. Plötzlich musste er daran denken, dass die Katharina der Frau Magistra auch schon aufgefallen war. Da konnte er nur hoffen, dass die es nicht darauf abgesehen hatte, seine Tochter zu verführen. Im gleichen Moment schalt er sich selber einen Idioten. Wenn sie einen Mann als Lehrer hat, dachte er bei sich, denkst du ja auch nicht gleich daran, dass der über sie herfallen wird. Und bei einem wie dem Magister Fritzenwallner schien das ja so ausgeschlossen nicht zu sein, wie man gerade gehört hatte. „Sie haben ihm gesagt, dass Sie eine Beziehung mit einer Frau haben?“ Die Frau Doktor wollte es anscheinend genau wissen. Die Frau Magistra Zettel nickte, wobei ihr ein großer Teil ihrer schwarzen Haare ins Gesicht fielen. „Und damit haben die Schwierigkeiten erst angefangen. Dann ist er nämlich richtig schleimig und schmierig geworden. Wenn ich ein bisschen nett zu ihm bin, hat er gesagt, dann könnte es ja sein, dass nicht die ganze Schule davon erfährt. Weil ich ja nicht glauben darf, dass ich als lesbische Lehrerin an einer Schule mit siebzig Prozent Mädchenanteil lange überleben würde.“
„Was der Herr Magister Fritzenwallner da getan hat“, die Frau Doktor atmete lang und hörbar aus, Gasperlmaier schien es, als ob sie von Ekel geschüttelt würde, „das nennt man Nötigung, im Volksmund auch Erpressung. Darauf steht Gefängnisstrafe.“ Die Frau Doktor holte noch einmal tief Luft. „Allerdings“, fuhr sie fort, „möchte ich Ihnen gleich sagen, dass Sie schlechte Karten haben, wenn es zu einer Verhandlung in dieser Sache kommen sollte. Sie haben wahrscheinlich keine Zeugen dafür, dass der Magister Fritzenwallner Ihnen gedroht hat?“ Die Frau Magistra schüttelte den Kopf. Ihre Haare flogen dabei, Gasperlmaier entging es nicht, um den Kopf und bildeten einen Schleier vor dem Gesicht, den sie mit der rechten Hand zur Seite schob. Auch an mindestens drei Fingern, fiel Gasperlmaier auf, trug sie Ringe mit schwarzen Steinen drin.
„Wissen Sie, ob der Magister Fritzenwallner seine Drohung wahrgemacht hat? Hat er jemandem von Ihrer sexuellen Orientierung erzählt?“ Gasperlmaier fiel auf, dass die Frau Doktor vermied, das Wort „lesbisch“ auszusprechen. Am Ende war das gar nicht politisch korrekt. Gasperlmaiers Gedanken drifteten ab. Er stellte sich vor, wie die Frau Magistra Zettel nach Hause zu ihrer Freundin kam und sie sich zur Begrüßung küssten. Gasperlmaier begann zu schwitzen und bemühte sich, an Unverfängliches zu denken. Er stellte fest, dass er schon wieder aufs Klo musste.
Die Frau Magistra schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht. Aber er fordert immer unverschämter, dass ich einmal mit ihm ausgehe. Oder dass ich zu ihm kommen soll, er könne hervorragend kochen, behauptet er, ein Essen mit ihm würde ich nie vergessen.“ Die Frau Magistra seufzte und lehnte sich zurück. „Die Situation wird für mich einfach schwierig. Was mache ich?“
Die Frau Doktor antwortete nicht gleich, sah zur Windschutzscheibe hinaus und schien die Regentropfen zu beobachten, die immer dichter und heftiger auf die Scheibe prasselten. „Sie wissen schon, dass Sie da in einem besonders sensiblen Beruf gelandet sind“, fuhr sie nun doch fort, bevor Gasperlmaier die Pause peinlich geworden war. „Es gibt Organisationen schwuler Polizisten und Polizistinnen, sogar in der US Army haben sich Schwule schon organisiert und durchgesetzt, dass sie nicht mehr diskriminiert werden. Aber haben Sie schon einmal von einer
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