Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
Diese Gefühlsduselei ging ihm auf die Nerven. Als der Beitrag zu Ende war, erinnerte sich Gasperlmaier daran, dass er drei Dinge mit der Christine zu besprechen hatte, und er drängte sie, den Fernseher wieder abzuschalten. Er wollte das ehestmöglich hinter sich bringen.
„Ich war heute in der Schule von der Katharina“, begann er, um gleich wieder eine Pause einzulegen, denn er wusste nicht recht weiter. So dauerte es seine Zeit, bis die Christine darüber unterrichtet war, dass die Katharina heute in einem sehr knappen Outfit in der Schule gewesen war und Gasperlmaier sich deswegen Sorgen machte. Die Christine zog eine steile senkrechte Falte auf der Stirn. „Davon weiß ich nichts!“, sagte sie, „das Haus hat sie bis jetzt immer in Kleidung verlassen, gegen die ich nichts einzuwenden gehabt habe, aber es wäre mir nicht eingefallen, zu kontrollieren, was sie drunter trägt.“ Die Christine legte die Stricknadeln beiseite, die sie gerade erst zur Hand genommen hatte, und stieg die Treppe hinauf. Wenig später konnte Gasperlmaier erregte Stimmen aus dem Zimmer der Katharina vernehmen, er meinte sogar, seine Tochter erregt brüllen zu hören, während die Stimme der Christine zwar laut, aber einigermaßen gelassen blieb. Da hatte er ganz schön gezündelt, dachte Gasperlmaier bei sich, die Katharina würde jetzt wahrscheinlich ein paar Tage nicht mehr mit ihm reden, weil er sie verraten hatte. Schuld waren natürlich immer die Erwachsenen, selber hatte man ja nie einen Fehler gemacht. Wenig später wurde es ruhiger, und Gasperlmaier meinte, die Katharina schluchzen zu hören. Und als er bei den Sportseiten seiner Zeitung angelangt war, war die Christine wieder da und begann – ohne Gasperlmaier über die Details der Unterredung mit der Katharina ins Bild zu setzen – mit den Stricknadeln zu klappern.
„Da ist noch was!“, fasste sich Gasperlmaier neuerlich ein Herz. „Du musst mir aber versprechen, zu keinem Menschen auch nur ein Wort darüber zu sagen!“ Die Christine warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Wer sind denn die größeren Quadratratschen? Doch ihr Männer beim Stammtisch! Das ist ja auch nur eine Männerfantasie, dass die Frauen nichts anderes zu tun haben, als Vertraulichkeiten weiterzuerzählen!“ Gasperlmaier versuchte eine beruhigende Handbewegung. „Ist ja schon gut. Es ist nur wegen dem Magister Fritzenwallner, da haben sich jetzt wirklich“, Gasperlmaier rang nach dem richtigen Wort „… dichte Verdachtsmomente ergeben. Wir hätten ihn heute schon verhaftet, wenn er zu Hause gewesen wäre. Aber die Frau Doktor meint, der wird uns schon nicht davonlaufen, wenn er sich sicher fühlt.“ Die Christine runzelte die Stirn. „Ob er auch für den Mord heute verantwortlich ist?“ Gasperlmaier zuckte die Schultern. „Du hast es ja selber gesehen – es gibt anscheinend keine klare Spur. Vorstellen kann ich mir das eine und das andere nicht, aber das will ja nichts heißen.“ Es entstand eine Pause, während der nur die Stricknadeln weiterklapperten. Ein wenig ärgerlich oder besorgt, wie Gasperlmaier aus dem Rhythmus herauszuhören meinte. „Es ist ja nur – ich habe kein gutes Gefühl, wenn ich mir vorstelle, dass mein Kind in der Schule sitzt, und einer von den Lehrern, der da herumläuft, ist ein Mörder. Ein mehrfacher sogar, möglicherweise.“ Wiederum legte die Christine ihre Stricknadeln weg. „Jetzt lass einmal die Kirche im Dorf, Franz!“, sagte sie, wiederum mit einer steilen Falte auf ihrer Stirn. „Erstens einmal, das sagst du selber, fehlt es an Beweisen gegen den Professor Fritzenwallner. Zweitens wird er ja nicht gerade morgen in der Schule Amok laufen und die Schüler reihenweise niedermähen. Und drittens – wie willst du denn das der Katharina beibringen, weswegen sie morgen nicht in die Schule gehen soll? Ich glaub ohnehin nicht, dass du im Moment die beste Gesprächsbasis mit ihr hast. Sie ist nämlich der Meinung, dass du nicht nur gemein und niederträchtig bist, sondern auch noch ein oberpeinlicher und hinterwäldlerischer Verräter. So hat sie dich nämlich vorhin genannt. Und wenn du ihr auch nur irgendwas erzählst, dann kannst du dir sicher sein, dass es noch heute Abend die ganze Schule weiß – da wird ja sofort alles bei Facebook gepostet.“ Gasperlmaier fand es ungerecht, dass ihn die Katharina für einen Verräter hielt, obwohl er die Wortgewandtheit seiner Tochter bewunderte. Schließlich war die Christine, was die Kleidung der Katharina
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