Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
betraf, ja ganz auf seiner Seite gewesen – sonst hätte es den Streit im ersten Stock vorhin ja nicht geben müssen und die Katharina hätte ihrer Mama ganz sachlich und von Frau zu Frau erklären können, wie man sich sexy kleidet und so seine Vorteile zur Geltung bringt. Er war jetzt wieder an allem schuld. Er nahm sich vor, den Christoph zu fragen, was er von der Angelegenheit hielt. Vielleicht konnte er den auf seine Seite ziehen.
„Und da ist noch was. Die Frau Doktor hat mir streng verboten, darüber zu reden, auch mit dir. Aber es geht nicht.“ Gasperlmaier richtete sich auf. Das mit der lesbischen Lehrerin, das war ein so kompliziertes und delikates Problem, das konnte Gasperlmaier nicht im Liegen mit der Christine besprechen. Nach ausgiebigem Händeringen, Schulterzucken und dem Hervorbringen zahlreicher unvollständiger Sätze war es dann schließlich doch so weit, dass die Christine wusste, dass die Unterrichtspraktikantin Magistra Zettel lesbisch war und deswegen vom Magister Fritzenwallner erpresst wurde. Der es aber nicht auf Geld, sondern auf sexuelle Dienstleistungen abgesehen hatte, und sich dadurch natürlich nicht nur strafbar gemacht, sondern auch den Verdacht gegen sich selbst erhärtet hatte. „Dass du mir aber wirklich mit keiner Menschenseele darüber sprichst!“ Die Christine wurde ärgerlich. „Hast du vielleicht Bedenken, ob du dich auf mich verlassen kannst? Dann sag’s lieber gleich! Hab ich dir in den letzten zwanzig Jahren irgendwann einmal Anlass gegeben, mir nicht zu vertrauen?“ Gasperlmaier musste flüchtig an den Beda denken, schob aber den Gedanken rasch beiseite. „Nein, nein!“, bemühte er sich zu beschwichtigen. „Es ist nur – ich frage mich, ob da nicht ein Einfluss ausgehen kann, von so einer Frau, dass sie sozusagen …“ Gasperlmaier wusste nicht mehr weiter. Die Christine aber lachte nur. „Hast du Angst, dass die Katharina lesbisch wird, oder von ihrer Lehrerin verführt? Lass dir gesagt sein, du Oberpsychologe: Homosexualität ist nicht ansteckend! Auch, wenn uns die Kirche das noch vor ein paar Jahrzehnten einreden wollte.“ Gasperlmaier legte sich wieder aufs Sofa. „Eigentlich wollte ich genau das hören. Mir selber hab ich es ja nicht geglaubt, aber dir glaub ich es.“ Die Christine lächelte. „Schön, dass du mir mehr vertraust als dir selber. Und überleg dir: Wenn der Christoph eine junge Lehrerin gehabt hat, hast du dann Angst gehabt, sie könnte ihn verführen? Na also!“ Gasperlmaier war beruhigt, musste sich jedoch eingestehen, dass er nur eine ganz dumpfe Erinnerung daran hatte, was der Christoph über seine Lehrerinnen erzählt hatte. Er wusste nicht einmal, ob überhaupt eine junge darunter gewesen war. Die Christine kam mit einer Schnapsflasche und zwei Stamperln daher. „Du musst schauen, dass ihr den Fall bald loswerdet. Das beschäftigt dich alles zu sehr, du bist ja schließlich kein Kriminalbeamter. Vielleicht entspannt dich das!“ Sie schenkte ihnen beiden ein Stamperl ein. Wohlige Wärme breitete sich in Gasperlmaier aus, nachdem er es hinuntergestürzt hatte. Vielleicht würde er der Christine später noch von der Unterwäschesammlung des Herrn Magister Fritzenwallner erzählen, wenn es sich ergab. Der braune BH mit den weißen Rüschen, so dachte er bei sich, hätte sicher auch an der Christine gut ausgesehen.
17
Etwas missmutig machte sich Gasperlmaier zum Posten auf. Alle anderen durften sich in ihren Betten noch einmal herumdrehen, denn es war Nationalfeiertag. Gasperlmaier hätte sowieso Dienst gehabt, und mit den Mordermittlungen am Hals war schon gar nicht daran zu denken, länger als gewohnt im Bett zu bleiben. Wenigstens hatte sich das Wetter ein wenig gebessert. Es wehte zwar ein frischer Wind, der ihn ein wenig frösteln ließ, doch der hatte einen Teil der Wolken vertrieben und die Sonne, so hoffte er, würde wohl hervorkommen. Gasperlmaier rieb sich die Hände, als er die Amtsstube betrat.
Was er vorfand, war ein ungewöhnliches Bild. Mit dem Rücken zu ihm saß eine dunkelhaarige Frau im grauen Mantel, die es vor lauter Schluchzen geradezu schüttelte. Ihr gegenüber saß der Kahlß Friedrich hinter seinem Schreibtisch und warf Gasperlmaier verzweifelte Blicke zu, während er immer wieder den Kopf schüttelte. „Liebe Frau“, sagte der Friedrich dann, „ich bring ja nichts aus Ihnen heraus, wenn Sie die ganze Zeit nur plärren. Da brauchen wir erst gar kein Protokoll anfangen.“ Gasperlmaier trat
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