Letzter Gruss - Thriller
Unverständliches.
»Ich spreche kein Schwedisch«, sagte Jacob. »Könnten Sie Dessie Larsson ausrichten, dass ich hier bin?«
»Um was geht es?«
» The postcard killings «, sagte er und hielt seine NYPD-Polizeimarke hoch.
Der Mann zog den Bauch ein und die Hose hoch.
»Nehmen Sie Platz und warten Sie hier.«
Er deutete auf einige Holzbänke in der Nähe des Ausgangs.
Der Steinboden in der Lobby der Zeitung Aftonposten war vom Regen glitschig. Erst nach ein paar ungelenken Schritten fand Jacob seine Balance und Würde wieder. Er streckte den Rücken und stellte fest, dass er möglicherweise noch nicht wieder ganz nüchtern war.
Stöhnend ließ er sich auf die nächste Bank sinken.
Er musste sich zusammenreißen. Niemals, kein einziges Mal in all den Jahren mit Kimmy, hatte er sich gestattet, so tief zu sinken. Der gestrige Tag war in einem Nebel aus Wodka und Aquavit verschwunden. Die Schweden fabrizierten etwas, das sie »Brännvin« nannten, einen Kartoffelschnaps, der pures Dynamit war.
Hoffentlich musste er sich nicht übergeben. Er stützte den Kopf in die Hände. Die Mörder waren nicht weit weg. Durch die Übelkeit konnte er ihre Gegenwart spüren. Sie gingen noch immer durch die Straßen dieser Stadt, versteckten sich im Regen und hatten ihre nächsten Opfer vermutlich bereits ausgewählt, wenn sie sich ihrer nicht schon entledigt hatten …
Er fröstelte und bemerkte, wie durchnässt und kalt er war. Seine Hände waren dreckig. In der Jugendherberge, in der er sich einquartiert hatte, gab es weder Dusche noch Toilette auf dem Zimmer, und er hatte sich nicht die Mühe gemacht, den Gemeinschaftswaschraum aufzusuchen. Das Gebäude war so unglaublich deprimierend. Ursprünglich hatte es mal als Gefängnis gedient, sein Zimmer, das er mit einem finnischen Dichter teilte, war eine Zelle von 1840. Der Dichter und er hatten sich auf das untere Etagenbett gezwängt, flaschenweise Wodka und Schnaps gesoffen, und anschließend war der Finne ausgegangen, um Tango zu tanzen.
Er selbst hatte die Nacht damit verbracht, in den Papierkorb zu kotzen und Angst zu haben. So viel Schnaps gab es in ganz Schweden nicht, dass er darin die Gedanken an Kimmy hätte ertränken können.
Er schlug sich mit der Faust gegen die Stirn.
Vierundzwanzig Stunden hatte er mit seiner Schwachheit verplempert. Jetzt, wo er die Schweine fast eingeholt hatte, brachten ihn die eigenen Fehler zu Fall.
Schwankend stand er auf und steuerte wieder auf den Glaskasten zu. Seine Schuhsohlen waren getrocknet und gaben ihm besseren Halt, trotzdem hielt er die Arme ein Stück vom Körper weg, um die Balance nicht zu verlieren.
Der Glaskasten war leer. Der Pförtner war verschwunden.
Jacob drückte auf einen Knopf und hörte irgendwo hinter der Glaswand eine Klingel. Nichts geschah.
Er ging zur Glastür, hinter der die Redaktionsräume lagen. Verschlossen.
Mit den Händen schirmte er die Augen gegen die Spiegelung des Glases ab und schaute hinein. Weit und breit kein Mensch zu sehen. Was war denn das hier für ein Saftladen? Das sollte eine Nachrichtenredaktion sein?
Er ging zurück zur Pförtnerloge und klingelte noch einmal. Keine Reaktion. Er legte den Finger auf den Knopf und hielt ihn gedrückt, bis das Gelenk schmerzte. Jetzt kam drinnen Bewegung auf. Er sah den Pförtner kommen, mit einem Kaffeebecher in der einen und einem Hefeteilchen in der anderen Hand.
»Hallo!«, rief Jacob. »Würden Sie Dessie Larsson anrufen und ihr sagen, dass ich hier bin?«
Der Mann warf einen Blick in seine Richtung, wandte ihm dann den Rücken zu und sprach mit jemandem, der außerhalb seines Blickfelds stand.
Jacob hämmerte mit der flachen Hand gegen die Glasscheibe.
»Hallo!«, schrie er. »Machen Sie schon! Es geht um Leben und Tod …«
»Sie kommen zu spät«, sagte eine Stimme hinter ihm.
Er fuhr herum und sah die Journalistin aus dem Treppenhaus hinter sich stehen. Sie war weiß im Gesicht, ihre grünen Augen waren müde, umgeben von dunklen Ringen.
»Das Foto ist heute Morgen gekommen«, sagte sie. »Die Kriminaltechniker haben es mitgenommen.«
Er machte einen Schritt auf sie zu, öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton heraus.
»Ein Mann und eine Frau«, sagte sie. »Mit durchgeschnittener Kehle.«
13
Mit einer Karte und einem Code öffnete Dessie die Tür zu den Redaktionsräumen.
»Ich habe nicht vor, Ihnen etwas zu trinken anzubieten«, sagte sie über die Schulter. »Wenn Sie gestern hier aufgetaucht wären, hätten Sie
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