Letzter Gruss - Thriller
Füßen schwankte. Ihr Mund war ausgetrocknet, der Puls raste.
»Dessie Larsson hat Schande über unseren Berufsstand gebracht«, sagte Anita Persson im Radio. »Sie sollte auf der Stelle aus dem Journalistenverband ausgeschlossen werden.«
Als Nächstes wurde der Schriftsteller und Kommentator Hugo Bergman interviewt. Er setzte der Kritik die Krone auf und nannte Dessie »absolut unseriös« und »eine lausige Journalistin«.
Alle Anwesenden im Raum richteten ihre Blicke auf Dessie.
Hugo Bergman nahm es offenbar schwer übel, wenn er abgewiesen wurde, nachdem er ein teures Essen in einem Edelrestaurant spendiert hatte, stellte Dessie fest.
Sie stand auf und ging zur Tür.
»Ich bin nicht mal Mitglied im Journalistenverband«, sagte sie.
Jacob verließ mit ihr zusammen das Zimmer.
66
Dessie sah die Satellitenschüsseln auf den Bussen der Fernsehteams schon von der Götgatan aus.
Das Medienaufgebot hatte vor ihrem Haus in der Urvädersgränd Stellung bezogen und blockierte die ganze Straße. Dessie blieb stehen, das Fahrrad dicht neben sich, und starrte auf die Menschenansammlung.
Jacob tauchte neben ihr auf und stieß einen Pfiff aus.
Da warteten Menschen mit großen Mikrofonen neben Kollegen, die sie aus dem Journalistenclub kannte, Fotografen mit mächtigen Teleobjektiven und Radiojournalisten, die mit ihren Funkantennen auf dem Rücken aussahen wie riesige Mistkäfer.
»Beeindruckend«, bemerkte Jacob trocken. »Sie müssen die heißeste Lady von ganz Stockholm sein.«
»Da kann ich doch jetzt nicht reingehen«, sagte sie.
»Die ziehen wieder ab, wenn sie Hunger kriegen«, sagte Jacob. »Kommen Sie, gehen wir so lange etwas essen.«
Sie gingen Richtung Mariatorget. Der Himmel war von dunklen Wolken bedeckt, Regen lag in der Luft.
An einem Steakhaus in der Sankt Paulsgatan machten sie Halt. Jacob bestellte bar-b-q ribs und Dessie nahm eine Portion Maiskolben.
»Mehr essen Sie nicht?«, fragte Jacob, als die Gerichte serviert wurden.
»Ich glaube, ich schaffe nicht mal das hier«, sagte sie leise.
Er sah sie an, und in seinen Augen lag ein ganz neuer Ausdruck. Wenn sie es nicht besser wüsste, hätte sie es als Fürsorglichkeit interpretiert.
»Ich kann verstehen, wie unangenehm Ihnen das alles ist«, sagte er. »Aber ich versichere Ihnen, dass Sie das Richtige getan haben.«
Sie trank ihren Wein aus und schenkte sich nach.
Er legte seine Hand auf ihre.
»Dessie«, sagte er. »Hören Sie mir zu. Kimmy wurde von diesen Bestien abgeschlachtet, und Sie waren einer der Gründe, warum man sie geschnappt hat.«
Seine Hand war warm und trocken, sie brannte auf ihrer Haut. Dessie sah auf und begegnete seinem Blick.
»Sie müssen sie sehr geliebt haben«, rutschte es ihr heraus.
Er schloss die Augen und drückte ihre Hand. Einen Moment lang dachte sie, er würde gleich anfangen zu weinen.
»Ja«, flüsterte er schließlich und verflocht seine Finger mit ihren. »Ja, das habe ich. Sie war mein Ein und Alles …«
Dessie hielt seine Hand.
Er sah zum Fenster hinaus und verlor sich in Erinnerungen.
Sie betrachtete ihn und fragte sich, woran er wohl dachte.
»Was ist aus ihrer Mutter geworden?«
»Lucy? Das wüsste ich auch gern …«
Er zog seine Hand zurück. Die Luft im Restaurant fühlte sich auf einmal kühl an auf ihrer Haut.
Er sah sie an und lächelte leicht.
»Ich war es nicht, die Dagens Eko die Informationen gesteckt hat«, sagte sie.
»Ich weiß«, sagte er und trank einen Schluck aus seinem Weinglas. »Das war Evert Ridderwall.«
Sie blinzelte überrascht.
»Wie kommen Sie darauf?«
»Der Mann ist ein Duckmäuser«, sagte Jacob. »Er hat keinen Arsch in der Hose, ihm geht es nur darum, Kritik auszuweichen. Seine Indiskretion war ein Testballon, er wollte sehen, wie die Medien zu the Rudolphs stehen.«
Unter dem Tisch landete sein Knie zwischen ihren Beinen.
Keiner von ihnen rührte sich.
»Haben Sie gehört, wen die Rudolphs als Rechtsbeistand verlangt haben?«, fragte Dessie und leerte ihr zweites Glas Wein. »Andrea Friedrich.«
»Und?« Jacob füllte ihr Glas wieder auf.
Dessie trank einen großen Schluck.
»Sie ist keine Expertin für Strafrecht, sondern für Urheberrecht. Ist das nicht äußerst merkwürdig?«
67
Das Medienaufgebot vor Dessies Haus war nicht geschrumpft. Eher im Gegenteil. Langsam ähnelte es dem Mob, der sich bei spektakulären Prozessen in New York vor dem Gerichtsgebäude zusammenrottete. Jacob hatte sich schon unzählige Male durch ähnliche
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