Letzter Gruss - Thriller
Rücken.
Sie drehte sich zu ihm um, begegnete seinem strahlend blauen Blick.
Das Lächeln in seinen Augen erstarb, als er ihren Gesichtsausdruck sah.
»Was?«, sagte er. »Was ist passiert?«
Oh mein Gott, mein Gott, wie soll ich es ihm nur sagen?
Er setzte sich so hastig auf, dass er sich den Kopf am oberen Etagenbett stieß.
»Jetzt sag doch endlich, verdammt!«
Seine Worte ließen sie zurückweichen.
»Sie sind draußen«, sagte sie. »Ridderwall hat die Postkarten-Killer auf freien Fuß gesetzt.«
71
Dessie streckte die Arme nach ihm aus, sie wollte ihn auffangen, wenn er fiel, sie wollte ihre Hände um sein Gesicht legen und ihm versichern, dass alles wieder gut werden würde, dass es sich nur um einen wahnsinnigen, verfluchten Irrtum handeln konnte, dass Kimmy gerächt werden würde und er sein Leben würde weiterleben können und dass der Rest seines Lebens in diesem Bett begonnen hatte.
Aber Jacob warf die Decke zurück, kletterte über sie hinüber und stolperte aus dem Bett. Er riss seine Jeans an sich und stieg ohne Unterhose hinein.
»An seiner Entscheidung kannst du nichts ändern«, sagte Dessie und zwang sich, ruhig und vernünftig zu klingen.
Seine Haare standen zu Berge, immer noch feucht vom Schweiß. Sein Gesicht war aschfahl.
»Nein«, sagte er und zog sein schwarzes T-Shirt über den Kopf. »Aber ich kann mich an ihre Fersen heften, und das ist genau das, was ich tun werde, ich verfolge sie bis ans Ende der Welt, wenn ich nicht schon dort bin …«
Dessie setzte sich im Bett auf und zog die Decke über die Brüste hoch, sich plötzlich ihrer Nacktheit sehr bewusst.
»Sie wurden schon heute Morgen um sechs entlassen, um dem Medienaufgebot zu entgehen. Sie können schon mitten über dem Atlantik sein.«
Er sprang in die Schuhe, ohne sie zuzubinden, und griff hastig nach seiner Wildlederjacke. An der Tür zögerte er kurz.
»Sorry«, sagte er. »Ich wollte das nicht …«
Der Türrahmen zitterte, als er die Zellentür hinter sich zuschlug.
72
Die Redaktion war leer und ausgestorben, wie nach einem Bombenangriff.
Forsberg saß allein am Newsdesk und dämmerte vor sich hin, während er mit rotgeränderten Augen auf einen Fernseher starrte.
»Wo sind denn alle hin?«, fragte Dessie und setzte sich auf den Stuhl neben ihm.
Der Nachrichtenchef nickte zum Bildschirm.
»Grand Hotel«, sagte er. »Unsere Lieblingsmörder haben die Hochzeitssuite bezogen. Die ganze Weltpresse ist da, einschließlich aller unserer Kollegen.«
Dessie starrte ihn an.
»Du machst Witze, oder?«
»Sie haben für 14 Uhr eine Pressekonferenz angekündigt.«
»Wer, das Grand Hotel?«
Forsberg rieb sich übers Gesicht. Er sah aus, als hätte er sich drei Tage nicht rasiert.
»Die Rudolphs. Sie wollen der Welt erklären, wie unschuldig sie sind.«
Dessie ließ sich zurückfallen, das war nur ein böser Traum, gleich würde sie in Jacobs Armen aufwachen und die Postkarten-Killer würden immer noch ordentlich verwahrt in U-Haft sitzen.
»Das ist doch völlig hirnverbrannt«, sagte sie. »Diese Schweine sind so schuldig, dass es zum Himmel stinkt.«
Forsberg gähnte ausgiebig.
»Und wo bleibt unsere journalistische Objektivität?«
Dessie erhob sich.
»Solltest du nicht lieber mal ins Bett gehen?«
Das Telefon auf dem Newsdesk klingelte. Forsberg riss den Hörer hoch.
»Was gibt’s?«
Er winkte Dessie zu, dass sie noch nicht gehen sollte, und lauschte dann über eine Minute lang konzentriert.
Dessie schüttelte den Kopf, um ihm zu bedeuten, dass sie nicht da sei, und zwängte sich den Rucksack über.
»Einen Moment …«
Er legte die Hand über die Sprechmuschel.
»Das ist ein dänischer Journalist, er will dich sprechen.«
»Ich gebe keine Interviews«, sagte sie und schnallte den Fahrradhelm unter ihrem Kinn fest.
»Ich finde schon, dass du mit ihm reden solltest. Er sagt, er hat heute Morgen mit der Post eine Ansichtskarte bekommen, abgestempelt gestern Nachmittag in Kopenhagen. Er glaubt, dass sie von den Postkarten-Killern ist.«
73
Jacob kam ihr in der großen Halle des Hauptbahnhofs entgegen, und sie spürte ein plötzliches Flattern in der Brust, etwas, das sie nach Luft schnappen ließ und ein strahlendes Lächeln auf ihr Gesicht zaubern wollte.
Aber dann sah sie seine Augen und die grimmige Kinnpartie, und das Lächeln gefror auf ihren Lippen.
»Hast du die Kopien?«
Stumm reichte sie ihm das Fax mit den Kopien der Ansichtskarte, die der Däne erhalten hatte, Vorder- und
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